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Bankberatung: Verbraucherschutz mit Hindernissen

Bankberatung

Verbraucherschutz mit Hindernissen

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    Die Lehmann-Pleite hat viele Anleger misstrauisch gemacht.
    Die Lehmann-Pleite hat viele Anleger misstrauisch gemacht.

    Berlin Die Lehman-Pleite hat viele Anleger misstrauisch gemacht: Verkauft eine Bank einen Fonds, ein Zertifikat oder eine Lebensversicherung nur, weil sie selbst daran verdient – oder ist das Produkt, das sie ihren Kunden empfiehlt, tatsächlich besser als das der Konkurrenz? Per Gesetz wollen Union und FDP diese Grauzone nun besser ausleuchten und einen neuen Beruf salonfähig machen: den des unabhängigen Finanzberaters. Bisher kommen sie dabei allerdings nicht wirklich voran. Auch Gerd Billen vom Bundesverband der Verbraucherzentralen ist enttäuscht: „Die Regierung hat zwar eine Regelung versprochen, aber bisher nicht geliefert.“

    Neuregelung der Anlageberatung

    Auf die Tagesordnung des Bundestages hat das Thema heute die SPD gesetzt und nicht die Koalition, die bisher lediglich Eckpunkte für eine Neuregelung der Anlageberatung entworfen hat. „Der Verbraucher soll wissen, wer vor ihm sitzt“, sagt Ministerin Ilse Aigner. „Ist es ein Berater, der meine Interessen vertritt? Oder handelt es sich um einen Verkäufer, der auf eine möglichst hohe Provision schielen könnte?“ Ein unabhängiger Finanzbeistand, wie sie ihn sich vorstellt, arbeitet nicht gegen Provision, sondern wie ein Rechtsanwalt oder Steuerberater gegen Honorar, in der Regel wird er mit einem festen Stundensatz bezahlt. Vermittelt er ein Produkt, muss er nach den Vorstellungen der Verbraucherministerin eine Provision, die er von einer Bank oder einer Fondsgesellschaft erhält, an seinen Klienten weiterreichen – oder der Emittent zieht vorher die Provision ab und verkauft den Fonds oder die Versicherung entsprechend billiger.

    Keine Verflechtungen zwischen Berater und Anbieter

    Zwischen Berater und Anbieter, heißt es in Aigners Eckpunkten, „dürfen grundsätzlich keine wirtschaftlichen Verflechtungen bestehen“. Banken oder Versicherungen, die auch eine unabhängige Beratung anbieten wollen, müssten diese nach ihrem Willen strikt vom übrigen Vertrieb trennen oder eine Tochtergesellschaft gründen. Bisher führt die Honorarberatung in Deutschland nur ein Schattendasein: Im September vergangenen Jahres arbeiteten nach den Zahlen der Industrie- und Handelskammern alleine in der Versicherungswirtschaft 250000 Vermittler, Makler und Vertreter auf Provisionsbasis. Dem gegenüber standen nur 209 Versicherungsberater, die unabhängig und gegen Honorar beraten.

    Dass das versprochene Gesetz noch immer auf sich warten lässt, liegt auch an den Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung. Formell ist der Verbraucherschutz in finanziellen Angelegenheiten nicht Ilse Aigners Sache, sondern die von Finanzminister Wolfgang Schäuble, der es mit der Honorarberatung allerdings nicht allzu eilig und noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Die Verbraucherministerin und die FDP dagegen wollen möglichst rasch Fakten schaffen. „Wir würden uns wünschen, dass Herr Schäuble in dieser Sache mehr Elan zeigt“, sagt der Verbraucherexperte der Liberalen, der Pforzheimer Abgeordnete Erik Schweickert. „Wir werden da nicht lockerlassen.“

    Für die radikalste Lösung plädiert Verbraucherschützer Billen: Über kurz oder lang solle sich die Branche komplett vom Vertrieb auf Provisionsbasis verabschieden. Die meisten Vermittler seien heute „keine Berater, sondern Verkäufer“. Ihr Interesse gilt danach weniger dem Kunden als der eigenen Provision.

    SPD spricht von teilweiser Fehlinformation der Kunden

    Immer wieder, kritisiert auch die SPD, seien Fehlinformationen und Fehlinvestitionen auf unzureichende oder betrügerische Anlageberatung zurückzuführen. Das Argument, dass die Beratung bei der Bank oder Versicherung im Gegensatz zum Honorarmodell kostenlos sei, lässt Ilse Aigner nicht gelten: „Die Provision zahlt in jedem Fall der Kunde, häufig merkt er es nur nicht.“

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