Wer regelmäßig mit dem Zug fährt, dürfte sich aktuell gleich doppelt ärgern: Die Deutsche Bahn hat am Wochenende zusammen mit dem Fahrplanwechsel ihre Preise deutlich erhöht – im Schnitt um 1,9 Prozent im Fern- und 1,5 Prozent im Nahverkehr. Gleichzeitig ließ die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, kurz EVG, die Tarifverhandlungen mit dem Konzern platzen. Die Folge: Von fünf bis neun Uhr treten Bahnmitarbeiter am Montag in ganz Deutschland in den Warnstreik. Die Bahn rechnet damit, dass vor allem in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Züge ausfallen werden.
Die Gewerkschaft ist unzufrieden mit den Verbesserungen, die das Unternehmen bei den Tarifverhandlungen in Aussicht gestellt hatte. Bei der Bahn sprach man dagegen von einer „völlig überflüssigen Eskalation“. Der Konzern hatte eine Lohn-Erhöhung auf 5,1 Prozent in zwei Stufen und eine Einmal-Zahlung von 500 Euro in Aussicht gestellt. Die EVG hatte 7,5 Prozent mehr Geld gefordert und kündigte an, erst wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren, „wenn die Bahn deutlich macht, ernsthaft mit uns verhandeln zu wollen“.
EVG-Streik: GDL verhandelt ebenfalls mit der Bahn
Die letzte Streikwelle liegt drei Jahre zurück. Damals hatte insbesondere die Lokführergewerkschaft GDL wochenlang den Verkehr stillgelegt und die Zugreisenden fast zur Verzweiflung gebracht. Anders als bei der EVG ist man bei der GDL aber aktuell „grundsätzlich zufrieden“ mit dem Verlauf der Gespräche. Gewerkschaftschef Claus Weselsky kündigte an, dass es vor Weihnachten keine Lokführerstreiks geben werde: „Wenn, dann rappelt die Kiste im neuen Jahr.“
Für die Bahn kommt der EVG-Streik zur Unzeit. Der Konzern hat zahllose Baustellen: Viele ICE-Züge gelten als fehlerhaft. Das Unternehmen kommt mit der Reparatur nicht mehr hinterher – auch, weil tausende Mitarbeiter fehlen. Daneben plagt die Bahn schon seit längerem ein Verspätungsproblem: Zuletzt waren nur 72,7 Prozent aller Fernzüge pünktlich. Wobei Pünktlichkeit bei der Bahn auch noch heißt, bis zu sechs Minuten hinter dem Fahrplan zurückzubleiben. Dazu kommt: Die Bahn muss mehrere in die Jahre gekommene Zugtrassen sanieren. Ein Nebeneffekt sind viele Baustellen und neue Verspätungen.
Fugger-Express: Ab 2022 übernimmt Go-Ahead
Gleichzeitig drängen neue Rivalen in das Revier des Konzerns. So wurde nun bekannt, dass die Bahn einen wichtigen Nahverkehrsauftrag in der Region verliert: den „Fugger-Express“, der Treuchtlingen und Donauwörth auf der einen und Ulm auf der anderen Seite via Augsburg mit München verbindet. Voraussichtlich 2022 soll nach dem Willen der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, die dem Freistaat gehört, der britische Anbieter Go-Ahead auf den Strecken fahren. Der Anbieter hat auch die Ausschreibung für die Verbindung München–Lindau gewonnen, die gerade von der DB elektrifiziert wird.