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Umweltschutz: Autoindustrie entsetzt über Kompromiss für schärfere CO2-Grenzwerte

Umweltschutz

Autoindustrie entsetzt über Kompromiss für schärfere CO2-Grenzwerte

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    Die Europäische Union will bis 2030 deutlich klimafreundlichere Autos auf die Straße bringen. Das setzt die Autoindustrie unter Druck.
    Die Europäische Union will bis 2030 deutlich klimafreundlichere Autos auf die Straße bringen. Das setzt die Autoindustrie unter Druck. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Die Europäische Union will bis 2030 deutlich klimafreundlichere Autos auf die Straße bringen. Neuwagen sollen dann im Schnitt 37,5 Prozent weniger Kohlendioxid in die Luft blasen als 2021. Auf die neuen CO2-Grenzwerte einigten sich die EU-Staaten, das Europaparlament und die EU-Kommission am Montagabend. Die Autoindustrie kritisierte die neuen Vorgaben umgehend als überzogen und unrealistisch. Den Grünen gehen sie nicht weit genug.

    Die Vorgaben sind schärfer, als die Autoindustrie und die Bundesregierung dies ursprünglich wollten. Zu schaffen sind sie nur, wenn neben Benzin- und Diesel-Autos auch immer mehr Fahrzeuge ohne Emissionen verkauft werden, also etwa reine Elektroautos. Die Hersteller müssen sich also schnell umstellen und warnen vor Jobverlusten. Der europäische Verbraucherverband BEUC unterstreicht aber, dass niedrige CO2-Werte auch weniger Verbrauch bedeuten und Fahrer bei neuen sparsamen Modellen Sprit und Geld sparen können.

    EU-Staaten hatten für deutliche Senkung des CO2-Werts bei Neuwagen plädiert

    Die EU-Staaten hatten Anfang Oktober für eine Senkung des CO2-Werts bei neuen Autos und leichten Nutzfahrzeugen um durchschnittlich 35 Prozent bis 2030 plädiert. Deutschland wollte ursprünglich nur 30 Prozent Minderung, trug den Beschluss aber mit. Das Europaparlament ging mit einer Forderung nach minus 40 Prozent in die Verhandlungen.

    Diese zogen sich dann über fünf Runden hin, bis die österreichische Ratsvorsitzende Elisabeth Köstinger am Montagabend die Einigung verkündete. Für leichte Nutzfahrzeuge - also zum Beispiel Lieferwagen - sieht der Kompromiss eine CO2-Reduzierung um 31 Prozent vor. Für diese und für Autos soll bis 2025 jeweils eine Minderung um 15 Prozent als Zwischenetappe erreicht sein.

    "Es waren harte und sehr zähe Verhandlungen", erklärte Köstinger. "Nach dem erfolgreichen Abschluss der Weltklimakonferenz in Katowitz ist dies nun ein nächster wichtiger Schritt, damit wir unsere Klimaziele erreichen." EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete nannte die Vereinbarung ehrgeizig und ausgewogen.

    EU beschließt schärfere CO2-Grenzwerte - Umweltexpertin spricht von Armutszeugnis

    Der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke zeigte sich zufrieden, dass weitergehende Forderungen der Grünen nicht zum Tragen kamen: "Wir brauchen Grenzwerte, die nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität zu erreichen sind." Die Grünen-Umweltexpertin Rebecca Harms sprach von einem Armutszeugnis, meinte aber auch: "Dieser Kompromiss ist das Beste, was mit den Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten zu erreichen war."

    Der Verband der Automobilindustrie reagierte aus anderen Gründen sehr kritisch. "Diese Regulierung fordert zu viel und fördert zu wenig", erklärte der VDA. "Niemand weiß heute, wie die beschlossenen Grenzwerte in der vorgegebenen Zeit erreicht werden können." Nirgends sonst in der Welt gebe es ähnlich scharfe CO2-Ziele. Somit werde die europäische Automobilindustrie im internationalen Wettbewerb stark belastet. Nun seien Arbeitsplätze in Gefahr.

    Der europäische Herstellerverband Acea stieß ins gleiche Horn. "Eine CO2-Minderung um 37,5 Prozent zu liefern, mag sich plausibel anhören, aber gemessen am heutigen Stand ist es völlig unrealistisch."

    Neue CO2-Vorgaben sollen helfen, EU-Klimaschutzziele zu erreichen

    Bisher ist in der EU festgelegt, dass Neuwagen im Flottendurchschnitt 2021 nicht mehr als 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen sollen. Von dieser Basis aus soll die Senkung folgen. Doch ist die auch aktuelle Vorgabe für viele Hersteller noch nicht in Reichweite: Der europäische Durchschnitt lag zuletzt bei 118,5 Gramm.

    Die neuen Vorgaben sollen helfen, die EU-Klimaschutzziele zu erreichen. Insgesamt stammt rund ein Viertel aller Klimagase der EU aus dem Verkehr, Autos und Lastwagen haben daran den größten Anteil.

    EU-Verhandlungsführerin weist Kritik an CO2-Werten für Autos zurück

    Die österreichische Umweltministerin Elisabeth Köstinger hat die Kritik der Autohersteller an den künftigen Klimavorgaben für Neuwagen zurückgewiesen. Die für 2030 vorgesehenen Kohlendioxid-Werte seien "ambitioniert, aber machbar", sagte die Politikerin am Dienstag in Brüssel. Österreich hat derzeit den EU-Vorsitz und hatte die Verhandlungen geleitet.

    Sie entgegnete, die Automobiltechnik sei schon sehr weit - und es seien noch elf Jahre Zeit, um die neuen CO2-Flottenwerte zu erreichen. Durch das Zwischenziel von 15 Prozent Reduktion bis 2025 gebe es "genügend Zeit, Anpassungen durchzuführen". An die Adresse der Autobauer sagte sie, wenn die Versprechen der Vergangenheit eingehalten worden wären, hätte man jetzt weniger Diskussionen.

    Der SPD-Europaabgeordnete Ismail Ertug äußerte sich ähnlich. "Emissionen von Autos müssen drastisch reduziert werden, um das Klima und die Gesundheit der Menschen zu schützen", erklärte der Verkehrspolitiker. Gleichzeitig müssten scharfe Brüche im Sinne der Arbeitsplätze in der Autoindustrie vermieden werden. Das sei bei dem Kompromiss gelungen. Die Ziele seien machbar. Der CDU-Umweltpolitiker Peter Liese bewertete dies ähnlich.

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    Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Die Mobilitätspolitik der Zukunft setzt nicht auf das Auto.

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