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Autoindustrie: Branche unter Druck: Drei Wege zur Rettung der Autozulieferer

Autoindustrie

Branche unter Druck: Drei Wege zur Rettung der Autozulieferer

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    Die Zulieferbetriebe spielen in der Automobilindustrie – hier Druckgussteile aus Thüringen – eine große Rolle: Sie sollen mithilfe des Staates durch die Corona-Krise geführt werden. 
    Die Zulieferbetriebe spielen in der Automobilindustrie – hier Druckgussteile aus Thüringen – eine große Rolle: Sie sollen mithilfe des Staates durch die Corona-Krise geführt werden.  Foto: dpa

    Die Bundesregierung ist entschlossen, die deutsche Autoindustrie mit staatlicher Hilfe durch die Corona-Krise und den technologischen Wandel zu führen. In den nächsten Monaten wird es nur noch darum gehen, welchem Ansatz das Bündnis aus CDU, CSU und SPD den Vorzug gibt.

    Vieles deutet derzeit darauf hin, dass eine prall gefüllte Rettungskasse notleidende Unternehmen stützen wird. Das Geld soll aus der Finanzwirtschaft kommen, der Staat für mögliche Verluste garantieren. Die hochrangig besetzte Runde mit Kanzlerin Angela Merkel – die kurz Autogipfel genannt wird – erteilte am späten Dienstagabend den Prüfauftrag für ein solches Konzept. Es wird unterstützt von den Gewerkschaften und dem Verband der Automobilindustrie (VDA). "Unser Vorschlag, Transformationsfonds einzurichten, mit denen das Eigenkapital kleiner und mittlerer Zulieferer gestärkt werden kann, wird jetzt bearbeitet", freute sich IG-Metall-Chef Jörg Hofmann.

    Im Prinzip ist auch die SPD für staatliche Hilfe

    Im Prinzip sind auch die Sozialdemokraten dafür. Sie können sich sogar vorstellen, dass der Staat nicht nur als Bürge auftritt, sondern die Gelder zur Verfügung stellt. Die Bundesregierung würde sich also direkt an den Unternehmen beteiligen, wie sie es bei der Lufthansa getan hat. Zwei Vorteile sehen die Genossen: Der Staat hat Zeit und ist nicht nach zwei, drei Jahren auf Rendite angewiesen. Gelingt die Sanierung notleidender Zulieferer, können die Anteile mit Gewinn verkauft werden. Im anderen Modell würden die Finanzinvestoren Gewinne einstreichen, aber Verluste der Allgemeinheit überhelfen. In der Praxis zeigt sich, dass die Regierung als Anteilseigner sehr lange auf Erfolge bei der Neuaufstellung eines Unternehmens warten muss. Vor über zehn Jahren stieg der Bund bei der Commerzbank ein, die bis heute nicht wieder richtig auf die Beine gekommen ist.

    In den von Gewerkschaften, Politik und Autolobby gebildeten Arbeitsgruppen wird nun Fonds-Variante 1 geprüft. Offen ist zum Beispiel, ob die Investoren aus Deutschland, Europa oder der ganzen Welt kommen sollen. Offen ist auch, welche Summe am Ende benötigt wird. Der VDA muss jetzt bei seinen Mitgliedern fragen, wie schlimm die Lage wirklich ist und ob sich die Eigentümer neue Gesellschafter in das Haus holen wollen, die möglicherweise alles radikal infrage stellen.

    Der Wirtschaftsflügel der CDU befürchtet "Staatssozialismus"

    Während die SPD nicht von Sinn und Zweck des Rettungsfonds überzeugt werden muss, ist die CDU noch gespalten. Die Kanzlerin ist dafür, sonst hätte sie in der Runde nicht ihr Plazet erteilt. Der Wirtschaftsflügel ist dagegen und befürchtet "Staatssozialismus". Die Gegner befinden sich jedoch in der schwächeren Position. Wenn im Herbst neue Hiobsbotschaften eintreffen, dass bei den Zulieferern tausende weitere Stellen gestrichen werden sollen, schwindet die Überzeugungskraft ihrer Argumente. Wer will sich dann schon für die reine Lehre verkämpfen?

    Genau dieses Kalkül hat auch CSU-Chef Markus Söder. Vielleicht hatte er etwas läuten gehört, dass der aus seiner fränkischen Heimat stammende Zulieferer Schaeffler tausende Arbeitsplätze abbauen will. Söder beharrt auf einer Neuauflage der Abwrackprämie, die nicht einmal mehr die Autoindustrie selbst fordert. Ein staatlicher Bonus auf Neuwagen soll die Autofahrer dazu bringen, sich von ihren alten Wagen zu trennen. Söder spricht dabei stets von einem zusätzlichen Impuls. Das heißt, wenn er nicht kommt, kann sich die CSU noch immer für den Rettungsfonds aussprechen.

    Autobranche gibt rund 800.000 Beschäftigten Arbeit

    In der deutschen Wirtschaftsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg wäre solch ein Konstrukt – sei es staatlich oder nur staatlich abgesichert – ein Novum. "In der Sozialen Marktwirtschaft ist ein solches Vehikel grenzwertig", sagt der Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser. Andererseits habe die Regierung immer wieder ganze Industrien am Leben gehalten, wie zum Beispiel die Kohleindustrie. "Im normalen Auf und Ab der Konjunktur würde sich so ein Fonds verbieten. Aber in der jetzigen Lage mit all ihren Unwägbarkeiten, da muss man eingreifen", meint der Professor von der Uni Bielefeld.

    Die Autobranche ist hierzulande die wichtigste Industrie. Sie steht für immense zehn Prozent der Wertschöpfung und gibt rund 800.000 Beschäftigten Arbeit. Der Sektor ist ein wichtiger Kunde für andere Wirtschaftszweige, wie die Metallindustrie, die Elektroindustrie und den Maschinenbau. Für das laufende Jahr rechnet der VDA damit, dass in Deutschland ein Viertel weniger Neuwagen verkauft werden. Sechs von zehn Zulieferern planen, Personal abzubauen.

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