Der deutsche Volkswagen-Konzern liefert sich mit Toyota regelmäßig ein Rennen um die Stellung des größten Autobauers der Welt. VW wäre dabei nicht so stark, gäbe es den chinesischen Markt nicht. Rund 10,3 Millionen Fahrzeuge lieferte der Konzern im Jahr 2016 aus, rund 38 Prozent davon in China. "China ist unser größter Einzelmarkt", beschreibt es VW-Vorstandsmitglied Jochem Heizmann, der für das China-Geschäft zuständig ist.
Doch die Herausforderungen werden größer, wie Heizmann in der Veranstaltungsreihe "China im Wandel" im Foyer der Mediengruppe Pressedruck deutlich machte. Ein Grund: China steuert massiv in Richtung E-Mobilität um.
China führt eine Quote für E-Autos ein. Sie beträgt zehn Prozent und gilt für neu verkaufte Autos ab 2019. Ursprünglich war bereits 2018 als Starttermin im Gespräch. Dies ist nach internationalen Gesprächen abgewendet worden, berichtete Heizmann. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel soll zugunsten eines späteren Termins interveniert haben. Heizmann zeigte sich in Augsburg auch deshalb zuversichtlich, was die Entwicklung des chinesischen Auto-Marktes betrifft: "Wir werden die Quote leicht erfüllen können", sagte er.
Nächstes Jahr führt VW in China den E-Golf ein
Denn VW will bald in China eine Vielzahl an E-Autos auf den Markt bringen: Bereits heute biete VW Plug-in-Hybride an. Nächstes Jahr sollen in China von VW reine E-Autos wie der E-Golf auf den Markt kommen. Später sollen E-Modelle auf Basis ganz neuer Plattformen und mit einer Reichweite von 400 bis 600 Kilometern folgen. "Dies sind spezialisierte Elektrofahrzeuge, in die kein Verbrennungsmotor mehr reinpasst." Bereits 2020 wolle VW 400.000 Autos mit neuer Antriebstechnik in China verkaufen, im Jahr 2025 dann 1,5 Millionen.
Gleichzeitig legt China für Verbrennungsmotoren striktere Verbrauchswerte fest, berichtete Heizmann. Anders als die E-Auto-Quote macht dem VW-Vorstand dies mehr Sorgen. Denn auch in China gibt es den Trend zum SUV – zum sportlichen Geländewagen, berichtete er. "Das toughere Ziel ist der 5-Liter-Durchschnittsverbrauch", meinte Heizmann. Dazu kommen kleine, neue Autobauer, die die Großen angreifen.
Kleinere Autobauer wie Nio möchten den Platzhirschen Marktanteile abknöpfen
Dazu gehört die Firma Nio. Ihr Sportwagen – der EP9 – habe kürzlich auf dem Nürburgring den Rekord als schnellstes Elektroauto der Welt aufgestellt, berichtete Hui Zhang von Nio. Das Auto-Start-up gibt es seit 2014. Wie kann man derart schnell ein Auto entwickeln? "Wir haben flache Hierarchien", sagte Zhang. Das erlaube "mehr Effizienz und Entscheidungsfreude" als in Großkonzernen.
Nio hat mehrere Standorte: in Shanghai, in Kalifornien – und auch in München, wo das Design entsteht. "Wir wollten ein globales Start-up aufstellen, die Autoindustrie ist schließlich eine globale Industrie", meint Zhang. Er sieht die Branche vor großen Umbrüchen stehen. Das Auto soll zum "zweiten Wohnzimmer" werden, sagte er. Die Digitalisierung, die Vernetzung der Fahrzeuge und das autonome Fahren könnten es möglich machen.
Dass sich die Autohersteller noch schneller wandeln müssten als in der Vergangenheit, meinte auch Marcus Hoffmann, Partner der Unternehmensberatung Bain & Company. Er ist aber überzeugt, dass es die großen Spieler der Autoindustrie schaffen werden.
Hinweis: "China im Wandel" ist ein regelmäßiger Meinungsaustausch im Foyer des Medienzentrums der Mediengruppe Pressedruck, in der die Augsburger Allgemeine und ihre Heimatzeitungen erscheinen. Organisiert wird er von Stefan Söhn von der Multi-Trust Capital Partners GmbH, von der IHK Schwaben, der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, dem Chinaforum Bayern e.V. und der Kanzlei Taylor Wessing.