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Auto: Abgas-Skandal: Auch Audi-Chef gerät unter Druck

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Abgas-Skandal: Auch Audi-Chef gerät unter Druck

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    Neues Geständnis im Abgas-Skandal: Audi bekennt, dass Angaben zur Abgas-Software den US-Behörden vorenthalten wurden.
    Neues Geständnis im Abgas-Skandal: Audi bekennt, dass Angaben zur Abgas-Software den US-Behörden vorenthalten wurden. Foto: Julian Stratenschulte (dpa)

    Der Diesel-Skandal um gefälschte Abgaswerte bringt den Ingolstädter Autohersteller Audi zunehmend in Bedrängnis. Die VW-Tochter hatte am Montagabend die Installation eines Programms in V6 TDI Drei-Liter-Motoren eingeräumt, das in den USA als illegale Software gilt. Betroffen sind auch Porsche-Modelle.

    Chronologie der Abgasaffäre bei VW und Audi

    VW steckt tief in der Krise. Der Abgas-Skandal hat Konzernchef Martin Winterkorn den Job gekostet - nun müssen sein Nachfolger Matthias Müller und der neue Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch die Affäre aufklären.

    3. September 2015: Volkswagen räumt gegenüber der US-Umweltbehörde EPA Manipulationen bei Abgastests ein.

    18. September 2015: Die EPA teilt mit, VW habe eine Software eingesetzt, um Test-Messungen des Schadstoffausstoßes künstlich zu drücken.

    22. September 2015: Der Konzern gibt eine Gewinnwarnung heraus und kündigt Milliarden-Rückstellungen an. VW-Chef Martin Winterkorn bittet um Entschuldigung.

    23. September 2015: Rücktritt Winterkorns. «Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren», erklärt er seinen Schritt.

    25. September 2015: Der VW-Aufsichtsrat tagt. Nach langer Sitzung beruft das Gremium Porsche-Chef Matthias Müller zum neuen Konzernchef und trifft einige weitere Personal- und Strukturentscheidungen.

    28. September 2015: Nach mehreren Strafanzeigen startet die Braunschweiger Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsvorwürfen.

    29. September 2015: Volkswagen legt einen Aktionsplan zur Nachbesserung von Dieselwagen mit manipulierter Software vor und will fünf Millionen Fahrzeuge der Kernmarke VW in die Werkstätten holen.

    1. Oktober 2015: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig rudert zurück: Entgegen früheren Angaben führt sie kein formelles Verfahren gegen Winterkorn. Neuer VW-Finanzchef wird nach dem Wechsel von Hans Dieter Pötsch in den Aufsichtsrat der Leiter der Finanzsparte, Frank Witter.

    2. Oktober 2015: Auf speziellen Internetseiten können Kunden von VW und Audi prüfen, ob ihr Wagen die Manipulations-Software verwendet.

    4. Oktober 2015: Laut «Bild am Sonntag» sollen VW-Ingenieure der internen Revision gesagt haben, sie hätten 2008 die Software installiert.

    6. Oktober 2015: Betriebsratschef Bernd Osterloh und Müller sprechen bei einer Betriebsversammlung in Wolfsburg zur Belegschaft. Osterloh betont, bisher gebe es noch keine Konsequenzen für Jobs - laut Müller stellt die Abgas-Affäre aber bereits geplante Investitionen infrage.

    7. Oktober 2015: Erneutes Krisentreffen der VW-Aufseher, Pötsch wird an die Spitze des Kontrollgremiums gewählt. Nach Aussage Müllers in einem «FAZ»-Interview kann der Auto-Rückruf im Januar 2016 beginnen.

    8. Oktober 2015: Razzia bei Volkswagen: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ordnet Durchsuchungen in Wolfsburg und an anderen Orten an. VW-US-Chef Michael Horn muss dem US-Kongress Rede und Antwort stehen.

    9. Oktober 2015: US-Bundesstaat Texas verklagt Volkswagen. VW habe seine Kunden über Jahre hinweg vorsätzlich getäuscht, sagt ein texanischer Staatsanwalt.

    15. Oktober 2015: Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) lehnt die von Volkswagen angebotene freiwillige Reparatur ab. Rund 2,4 Millionen betroffene Fahrzeuge von VW werden zurückgerufen.

    2. November 2015: Auch Porsche und Audi geraten unter Verdacht. Die US-Umweltbehörde prüft die von Audi gebauten und von Porsche verwendeten Dreiliter-Dieselaggregate.

    4. November 2015: VW, Porsche und Audi stoppen in den USA den Verkauf von Fahrzeugen, die mit der umstrittenen Dreiliter-Dieselmaschine ausgerüstet sind.

    12. November 2015: Martin Winterkorn gibt Vorsitz bei Audi auf. Nach dem Rückzug von VW und Porsche legt Winterkorn auch sein Amt bei Audi nieder.

    5. Januar 2016: Die US-Regierung reicht im Abgas-Skandal Klage gegen Volkswagen ein. Das Justizministerium wirft dem Konzern vor, Betrugssoftware eingesetzt und gegen das Luftreinhaltegesetz "Clean Air Act" verstoßen zu haben.

    27. Januar 2016: VW beginnt mit dem Rückruf der betroffenen Fahrzeuge. Zunächst ist der Pick-up Amarok dran. Danach folgen die Passat-Modelle.

    15. März 2016: Knapp 300 Großaktionäre verklagen VW auf Schadensersatz in Höhe von rund drei Milliarden Euro.

    22. April 2016: VW muss den höchsten Verlust in der Geschichte des Unternehmens bekannt geben.

    28. Juni 2016: Entschädigungen in Rekordhöhe: 15 Milliarden Dollar kostet der Abgasskandal VW in den USA allein an Strafen an die Umweltbehörden und Entschädigungen an Autofahrer.

    7. September 2016: Auch der Autozieferer Bosch gerät immer mehr in Kritik. Ohne das Stuttgarter Unternehmen habe Volkswagen die Software nicht anpassen können, berichten Medien.

    23. September 2016: Neue Vorwürfe aus den USA belasten VW-Tochter Audi schwer. Bisher bestritt Audi stets manipuliert zu haben.

    22. November 2016: VW will weltweit 30.000 Jobs abbauen. Allein in Deutschland sollen bis zu 23.000 Jobs wegfallen.

    15. Dezember 2016: Sigmar Gabriel (SPD), Peter Altmaier (CDU) und Barbara Hendricks (SPD) sagen im U-Ausschuss aus, sie hätten erst nach Aufdeckung des Skandals 2015 von verbotenen Praktiken erfahren.

    20. Dezember 2016: Nächste Vergleichszahlung: VW und Audi sollen in Kanada bis zu 1,5 Milliarden Euro an Autokäufer zahlen.

    9. Januar 2017: Amerikanisches FBI nimmt einen VW-Manager wegen des Dieselskandals fest.

    11. Januar 2017: VW und das US-Justizministerium einigen sich zu einem Vergleich. VW muss wegen rund 4,3 Milliarden Dollar zahlen.

    19. Januar 2017: Martin Winterkorn wird im Untersuchungsausschuss des Bundestags zum Diesel-Skandal befragt. Der damalige Vorstandsvorsitzende des VW-Konzerns betont erneut, "nicht frühzeitig und eindeutig über die Messprobleme aufgeklärt" worden zu sein.

    27. Januar 2017: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt jetzt auch gegen den früheren VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn wegen des Verdachts auf Betrug.

    3. Februar 2017: Ferdinand Piëch, der frühere VW-Aufsichtsratschef, belastet Martin Winterkorn. Demnach soll Winterkorn doch schon früher als von ihm eingeräumt vom Abgasbetrug erfahren haben.

    18. Februar 2017: Interne Dokumente belasten Audi-Chef Rupert Stadler. Er soll schon 2007 von der Schummelei zu den Abgaswerten gewusst haben.

    8. März 2017: Kanzlerin Angela Merkel sagt als letzte Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss zur Abgasaffäre aus. Sie will von der Affäre erst durch die Medien erfahren haben.

    15. März 2017: Razzia bei Audi: Kurz vor Beginn der Jahrespressekonferenz durchsuchen Fahnder die Konzernzentrale in Ingolstadt.

    Damit gerät auch Vorstandsvorsitzender Rupert Stadler unter erhöhten Druck. „Sollte er bereits länger von den jetzt eingeräumten Vorwürfen gewusst haben, wäre er nicht zu halten. Hat er erst jetzt von den Sünden erfahren, so stellt sich die Frage nach der politischen Verantwortung“, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung und beruft sich auf den Aufsichtsrat. Stadler könne allerdings darauf zählen, dass die Eigentümer-Familien Porsche und Piëch ihn stützen, schon um weitere Erschütterungen im Konzern zu vermeiden, heißt es.

    Abgas-Skandal: Stadler möchte derzeit nicht zurücktreten

    Stadler selbst hat nach Informationen unserer Zeitung derzeit nicht vor, zurückzutreten, sondern versucht, die Probleme mit den mächtigen US-Umweltbehörden möglichst schnell zu lösen. Mitte Dezember plant er mit einer Delegation in die USA zu weiteren Verhandlungen zu fliegen, bei denen Audi bereits detaillierte Vorschläge anbieten will. „Herr Stadler treibt die Untersuchungen zu den Vorwürfen gegen Audi persönlich und mit Unterstützung interner und externer Experten mit Nachdruck voran“, lautet die offizielle Audi-Erklärung.

    Arbeitgeber Audi

    Beschäftigte: Ingolstadt ist nach der VW-Bastion Wolfsburg der zweitgrößte Automobil-Standort in Europa. 40.000 Männer und Frauen arbeiten dort aktuell für Audi. Vor 20 Jahren waren es noch 23.000.

    Produktion: Im vergangenen Jahr hat Audi weltweit 1,741 Millionen Autos verkauft. 2013 waren es noch 1,575 Millionen. Die Nachfrage steigt weiter. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres fuhren die deutschen Standorte in Ingolstadt und Neckarsulm 19 Sonderschichten.

    Umsatz: Der Umsatz lag zuletzt erstmals in der Geschichte des Unternehmens über 50 Milliarden Euro. Die Tarifbeschäftigten erhielten eine Ergebnisbeteiligung von im Schnitt 6540 Euro.

    Bei den Mitarbeitern in Ingolstadt und an den anderen Konzernstandorten ist die Verunsicherung dennoch spürbar. Und eine Frage wird besonders diskutiert: Wie wirkt sich die Affäre auf die Belegschaft aus? Nach derzeitigem Stand sind keine Überlegungen zu Entlassungen bekannt, hört man bei Audi. Der wirtschaftliche Schaden halte sich vermutlich in Grenzen, sagte ein Sprecher. Rund 100000 Fahrzeuge, die einen Drei-Liter-Turbodiesel haben, könnten betroffen sein.

    Bei Audi soll es sich nicht um eine „Schummel-Software“ handeln

    Worum geht es in diesem Fall genau? Audi hatte der US-Behörde seit 2009 in Zulassungsverfahren drei Programme nicht offengelegt. Eines davon wird nach US-Gesetz als „Defeat Device“ betrachtet. Das bedeutet, es handelt sich um Programme zur Manipulation von Abgas-Messwerten.

    Im Unterschied zu VW soll es sich aber nach Angaben von Audi nicht um eine „Schummel-Software“ handeln. Bei dem Ingolstädter Autohersteller ist man zunächst sogar davon ausgegangen, dass die Software zur Steuerung des Katalysators, die nun als betrügerisch eingestuft wird, nicht genehmigungspflichtig gewesen sei.

    Wie geht es nun weiter? Audi hat mit den Umweltbehörden nächste Schritte vereinbart und „volle Kooperation“ versprochen. Der Verkaufsstopp für die betroffenen Modelle sei bis auf Weiteres verlängert worden. Das Unternehmen werde das 800-seitige Motorsteuer-Programm nun überarbeiten und in den USA erneut zur Genehmigung vorlegen. "Wirtschaft

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