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Augsburger Ex-Baulöwe: Ignaz Walter packt aus, und das online

Augsburger Ex-Baulöwe

Ignaz Walter packt aus, und das online

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    Prof. Ignaz Walter, ehemaliger Augsburger Bauunternehmer.
    Prof. Ignaz Walter, ehemaliger Augsburger Bauunternehmer. Foto: Fred Schöllhorn

    Von Stefan Stahl Augsburg Zornige Männer sind nicht immer jung. Auch im fortgeschrittenen Alter gibt es wilde und widersetzliche Charaktere. Gerade unter den Mitgliedern des immer kleiner werdenden Klubs der Patriarchen, Unternehmern, die von null an ein Imperium aufgebaut haben, sind derart radikale Zeitgenossen anzutreffen.

    Der Münchner Medien-Zampano Leo Kirch ist so einer, der - obwohl 81 und gesundheitlich angeschlagen - nicht müde wird, es noch einmal allen zu zeigen und vor allem dem früheren Deutschen-Bank-Chef Rolf Breuer. Diesem Manager lastet er den Zusammenbruch seines Imperiums an.

    Ähnlich unter Dampf steht Ignaz Walter, dessen gleichnamiger Bau-Konzern mit einst mehr als 40.000 Mitarbeitern 2005 pleiteging. Nachdem er zuletzt gut zwei Jahre seinen Groll eher privat kundtat, packt er im Gespräch mit unserer Zeitung richtig aus. Der 71-Jährige sitzt auf der Terrasse eines Augsburger Restaurants. Auch der gute Spargel stimmt ihn nicht sanftmütiger.

    "Ich habe eine solche Wut", sagt Walter, wobei er die Buchstaben der Worte extrem in die Länge zieht und seinen schlanken Körper ein wenig zusammenkrümmt. Auch das leicht gebräunte Gesicht lässt in den Momenten der Empörung keinen Zweifel daran, wie sehr ihn die Umstände seines zusammengebrochenen Lebenswerks erregen.

    Eine ganze Weile wirkt Walter siegesgewiss. Er sei nicht, wie manche wünschen, deprimiert oder ein gebrochener Mann. Doch fällt auf, wie seine gerade noch zuversichtliche Stimmung von einem Augenblick auf den anderen kippen kann. Verletzlichkeit, Wehmut und Trauer über das Scheitern seines Traums kommen zum Vorschein.

    Nachlesen kann man auch diesen Teil des Walter'schen Wesens auf einer Internetseite, die seit vergangener Woche freigeschaltet sei. Unter "www.prof-walter.de" steht ein denkwürdiger Satz: "Jeder Schrei nach Gerechtigkeit verhallt wie ein Knall im Schalldämmraum." Auch wenn der Betroffene sagt, die Seite sei von ehemaligen Aufsichtsräten, Vorständen und Betriebsräten seines früheren Firmenreichs erstellt worden, spricht doch aus dieser Formulierung der Meister selbst.

    Er fühlt sich wie in einem abgesicherten Zimmer. Seine Rufe dringen nicht nach draußen. Die Trauer, wenn er das immer noch vorhandene große "W" in einem Mosaik seines ehemaligen Firmensitzes sieht, musste er mit sich ausmachen.

    Das hat ein Ende. Jeder kann nachlesen, was der berühmte Augsburger fühlt und denkt. Dabei tritt er wie so oft in seinem Leben nicht als Diplomat, sondern Provokateur auf, eine Eigenschaft, die ihm immer wieder zum Nachteil geriet. Auf der Homepage findet sich folglich allerlei Starkdeutsch. "Bei einem Menschen heißt es Mord, bei einer gesunden Firma sprechen viele bezüglich dem, was bei Walter Bau geschah, von Wirtschaftsverbrechen."

    Das sieht der Insolvenzverwalter natürlich anders. Gleichwohl ist der mit seinem Imperium gescheiterte Walter bis heute der Überzeugung, "rein unternehmerisch wenige Fehler gemacht zu haben". Auf politischem Terrain sei das anders: "Mein größter Fehler ist, dass ich nicht stromlinienförmig bin, kein Managertyp." Walter nimmt für sich in Anspruch, "den Managerismus und Raubtierkapitalismus stets bekämpft zu haben". Er ist sich sicher: "Das brachte mir Feinde ein."

    Wie Kirch hat Walter ein gestörtes Verhältnis zu Banken. Diese Branche beschuldigt er, ihm Anfang 2000 die Bürgschaftslinie derart stark verringert zu haben, dass seine Firma völlig aktionsunfähig gewesen sei.

    Walter kann vom Aufrührerischen nicht lassen. Seinen neuen Plänen wohnt Utopismus inne. Er arbeitet an einer Art Augsburger Manifest. In Anlehnung an Karl Marx titelt der einst zu den führenden europäischen Bau-Magnaten gehörende Mann: "Selbstständige Unternehmer aller Länder vereinigt euch." Walter könnte sich hier eine Art Bruderschaft vorstellen, die auch ein Finanzinstitut gründet.

    Dabei weicht alles Wehmütige von ihm. Die Stirn liegt nicht mehr in Falten. Sein Gesicht leuchtet vor Entschlossenheit, wie man das von Revoluzzern kennt.

    Sein Alltag ist weitaus profaner. Er muss sich nach Informationen unserer Zeitung mit einer Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Augsburg beschäftigen. Darin wird ihm zur Last gelegt, sich der Untreue schuldig gemacht zu haben, weil er für private Anwesen Leistungen einer Walter-Bau-Tochter in Anspruch genommen habe, ohne dass der Gegenwert entsprechend vergütet werden sollte. Der Schaden belaufe sich nach Informationen unserer Zeitung auf über 462.000 Euro.

    Walter kann sich wiederum nicht zügeln. Seine Augen funkeln rebellisch, wenn er sagt: "Das ist eine Riesen-Sauerei. Das hat mit Rechtsstaat nichts zu tun." Der so Angegriffene führt zu seiner Entlastung an, einst selbst Forderungen von rund 16,5 Millionen Euro gegen seine Firma gehabt zu haben und diese mit der von der Staatsanwaltschaft genannte Summe aufgerechnet zu haben.

    Walter stichelt weiter und probiert es mal mit Ironie: "Wenn nicht alles so traurig wäre, würde ich den Witz machen, dass ich mildernde Umstände wegen meiner harten Kindheit bekomme." Er hat sich aus kleineren Verhältnissen nach oben gearbeitet und ist tief gefallen.

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