Vergangenen Sonntag haben wir alle ziemlich gebannt auf einen innovativen Menschen geschaut, der seinen Kindheitstraum verwirklicht hat: Der Milliardär Richard Branson ist einfach mal so ins All geflogen. Hatten Sie auch als kleiner Junge den Traum ins All zu fliegen?
Peter Altmaier: Ich hatte das Privileg die Mondlandung live mit meinen Eltern erleben zu dürfen. Ich musste ins Bett und bin dann aufgeweckt worden, als es so weit war und habe tatsächlich die ersten Schritte eines Menschen auf dem Mond live verfolgt. Das hat bei mir dazu geführt, dass ich unglaublich interessiert war an allem, was mit dem Planetensystem zu tun hatte, Möglichkeit von Leben auf fremden Planten, interstellare Raumfahrt, Science-fiction-Romane… Aber selbst ins All zu fliegen, das hatte ich ehrlich gesagt nicht vor, das schien mir doch etwas ungemütlich.
Peter Altmaier bei Augsburger Allgemeine Live: "Wir wollen ja, dass es keinen neuen Lockdown gibt"
Wir müssen jetzt erst noch über Probleme hier auf der Erde reden, die Corona-Pandemie und ihre Folgen. Die Inzidenzzahlen steigen wieder sanft, aber die Rufe werden immer lauter, dass wir trotzdem öffnen sollen und die Inzidenzzahlen nicht mehr so wichtig sein sollen in Zukunft. Wie sehen Sie das?
Altmaier: Mich bekümmert, dass um Deutschland herum, in einigen Ländern wieder sehr hohe Zahlen entstehen und dann auch die Zahl der Menschen, die ernsthaft erkranken, zunimmt. Wir haben schon seit langem als Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam mit Industrie und Handel den Vorschlag gemacht, nicht nur auf die Ansteckungsrate als solche zu schauen. Es gibt auch Menschen, die geimpft sind, mit einer Impfung zum Beispiel, die sich infizieren, aber dann einen weniger schweren Verlauf haben. Deshalb ist es glaube ich richtig, dass man stärker darauf schaut, wie stark sind die Krankenhäuser ausgelastet, die Intensivstationen und nicht auf starre Inzidenzen. Aber es gibt noch zwei weitere Dinge. Das eine ist, wir müssen sehr genau hinschauen, wie wir in den Schulen helfen können, wie wir die Kinder und die Lehrerinnen und Lehrer schützen können. Deshalb unterstütze ich sehr, dass wir mobile Luftfilter, überall dort wo sie medizinisch und technisch Sinn machen, mitfinanzieren. Und das zweite ist: Wir wollen ja, dass es keinen neuen Lockdown gibt, das muss auf jeden Fall vermieden werden. Deshalb sehe ich mit Sorge, dass die Disziplin ein bisschen nachlässt, dass in geschlossenen Räumen keine Masken mehr getragen werden, dass der Abstand bei vielen Veranstaltungen schon wieder sehr gering wird.
Sie haben gerade selbst gesagt, einen erneuten Lockdown gilt es unbedingt zu verhindern. Wirtschafts- und Handelsverbände sagen ja teilweise explizit das werden wir nicht noch einmal akzeptieren. Ist das nur Lobbyistensprech oder haben die damit einen Punkt?
Altmaier: Ich glaube erst einmal, dass wir gar keinen Anlass haben, jetzt über einen Lockdown zu spekulieren. Wir haben Gott sei Dank immer noch Infektionszahlen, die sehr niedrig sind. Vor allen Dingen ist die Auslastung unserer Krankenhäuser und Intensivbetten derzeit auf einem für die Pandemie außergewöhnlich niedrigem Niveau. Aber: Ich glaube, dass wir alle gut beraten sind, die nötigen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Das ist besser, als darüber zu spekulieren was man macht, wenn ein Lockdown notwendig werden sollte oder nicht. Ich kann nur eines wiederholen und sagen: Wir sind in dieser Situation besser geschützt als im letzten Jahr im Herbst und besser geschützt als im letzten Jahr im Frühjahr, dank der Erfolge beim Impfen. Aber dazu gehört auch, dass wir uns anstrengen und dass wir mehr Menschen dazu bewegen, sich freiwillig impfen zu lassen. Denn im Augenblick ist es rund die Hälfte der Bevölkerung, die geimpft ist und wir brauchen mindestens 70 bis 80 Prozent, damit das Virus dauerhaft in Deutschland keine Chance hat, eine neue große Welle auszulösen.
Bei der Diskussion um die Herdenimmunität geht es jetzt häufig auch um Impfanreize. Wäre es nicht volkswirtschaftlich sinnvoll, all denen, die vielleicht zu schusselig sind sich einen Impftermin zu machen, vielleicht sogar hohe Geldbeträge zu bieten? Das wäre doch immer noch günstiger, wenn wir so die Herdenimmunität schneller erreichen?
Altmaier: Ich bin von der Idee bislang nicht so überzeugt, weil es auch der Idee des mündigen Bürgers widerspricht, wenn ich Menschen mit Geldgeschenken zu etwas bringe, von dem sie selbst überzeugt sind, dass es vielleicht gar nicht in ihrem Interesse ist. Nein, ich glaube, es gibt nach wie vor genügend Menschen, die bereit wären sich impfen zu lassen, wenn man sie über die Risiken informieren würde, wenn man ihnen sagen würde, dass sie bei einer Infektion ein hohes Risiko laufen, diese Ansteckung nicht zu überleben. Da gibt es noch ganz viel, was wir tun können, auch an mobilen Impfstationen, beim Einsatz des Impfstoffs, der nur einmal verabreicht werden muss, weil es einfach Bürgerinnen und Bürger gibt, die man gar nicht so leicht erreichen kann, zum Beispiel auch Obdachlose, die über keinen gesetzlichen Wohnsitz verfügen. Wenn wir alle diese Möglichkeiten ausschöpfen, können wir die Impfquote deutlich erhöhen.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier: "Wir wollen klimaneutral werden in Europa bis 2050 und in Deutschland bis 2045"
Sie haben angedeutet, dass die Überbrückungshilfen länger bezahlt werden könnten. Das haben sie früher schon einmal angekündigt, bislang ist aber nichts daraus geworden. Warum sollte es jetzt eher klappen?
Altmaier: Wir sprechen in der Bundesregierung ständig über diese Fragen und ich gehöre zu denen, die immer wieder darauf hingearbeitet haben, dass wir Verlässlichkeit und Planbarkeit sicherstellen. Wir wissen heute schon, dass auch dann, wenn die Öffnung weiter geht, es nach Oktober immer noch Unternehmen geben wird, die Schwierigkeiten haben werden, wieder profitabel zu arbeiten. Ganz einfach weil sie über weniger Kunden und weniger Umsätze verfügen. Überbrückungshilfe kann nur der bekommen, der mindestens 30 Prozent Umsatzeinbuße hat. Das sind Geschäfte und Unternehmen, denen es richtig schlecht geht. Darüber werde ich Ende August, mit dem Kollegen Finanzminister sprechen. Ich bin sehr optimistisch, dass es keine Schutzlücke geben wird und wir den wenigen Unternehmen, die auch nach dem 30. September noch Hilfe brauchen, diese Hilfe werden gewähren können.
Noch einmal zum Thema Innovation. In den vergangenen Tagen ist bekannt geworden, dass die Förderung für E-Autos noch bis 2025 weiterlaufen soll. Warum bekommt das die immer noch sehr gut verdienende Autoindustrie nicht ohne so eine Kaufprämie hin? Kann das der Markt nicht selber regeln?
Altmaier: Ja, der Markt hat es nicht selbst geregelt. Wir haben uns ja bereits vor sechs Jahren vorgenommen, mit einer schmalen Verkaufsprämie mit dazu beizutragen, dass das Ziel von einer Million Elektroautos 2020 erreicht wird. Das hat viele Jahre nicht funktioniert, weil für viele Bürgerinnen und Bürgern der hohe Preis eines Elektroautos abschreckend war und auch die Anreize der Unternehmen nicht ausreichend waren. Wir haben nun unsere Klimaziele verschärft, wir wollen klimaneutral werden in Europa bis 2050 und in Deutschland bis 2045. Das bedeutet, wir müssen uns beeilen mit der Umstellung von fossilen Brennstoffen, die Jahrmillionen in der Erde waren und nun das CO2 ungebremst in die Atmosphäre weitergeben, wenn sie verbrannt werden. Und wir müssen umweltfreundliche, klimaneutrale Formen der Mobilität entwickeln. Wir haben dann im Konjunkturprogramm die Umweltprämie für Elektroautos drastisch erhöht und die Nachfrage ist sprunghaft gestiegen. Das heißt, wir kommen damit dem Schutz des Klimas einen wichtigen Schritt näher. Und das ist nicht nur Aufgabe eines einzelnen Industriezweigs, das ist Aufgabe des Staates und der Gesellschaft insgesamt.
Auch bei einem anderen Thema, dem Tempolimit, das den Deutschen lange so wichtig war wie den Amerikanern der Waffenbesitz, ist ein erhebliches Umschwenken zu erkennen. Sie, aber auch der CDU-Kanzlerkandidat, stemmen sich dagegen und sagen, das würde für den Klimaschutz nicht viel ausmachen. Aber würde nicht jeder Beitrag zählen?
Altmaier: Diese Frage ist ja diskutiert worden im Hinblick auf das CDU Wahlprogramm und dort auch klar entschieden worden. Ich stelle nur fest, weil ich schon länger in der Politik bin, dass die Begründung, warum man ein Tempolimit braucht, mit den Jahren häufiger mal gewechselt hat. Es waren zu Anfang Sicherheitsbedenken, heute spricht man über CO2. Ich bin mal gespannt. Es haben sich ja einige Parteien dafür ausgesprochen und es haben andere Parteien sich nicht dafür ausgesprochen. Jetzt wird der Wähler sagen, was seine Präferenz ist und dann folgen Koalitionsverhandlungen. Das muss man nicht vorwegnehmen. Für mich war immer wichtig, dass wir Lösungen finden, die auf einen breiten Konsens treffen. Im Augenblick erleben wir eine Diskussion, in die viel Bewegung gekommen ist. Aber ich sehe derzeit noch keine Mehrheit in der Bevölkerung, im Parlament, um zum jetzigen Zeitpunkt bereits ein solches Tempolimit zu beschließen.
Peter Altmaier macht Urlaub zu Hause im Saarland
Wohin fahren Sie in den Urlaub, Herr Altmaier? Und mit welchem Verkehrsmittel?
Altmaier: Da hab ich jetzt Glück gehabt. Ich bin früher natürlich auch gerne in Urlaub gefahren, meistens mit dem eigenen Auto. Aber das ist schon seit ganz, ganz vielen Jahren nicht mehr der Fall. Als Staatssekretär und dann seit rund zehn Jahren als Bundesminister, bin ich die allergrößte Zeit des Jahres nicht in meiner Heimat. Und deshalb verbringe ich seit annähernd 15 Jahren meine Sommerurlaub zu Hause im Saarland, in meinem Häuschen mit meinem Garten und versuche, mich beim Lesen von Büchern zu entspannen. Dann fahre ich mit dem Fahrrad an der Saar entlang. Manchmal fahre ich auch mit dem Auto in ein Eiskaffee an der deutsch-französischen Grenze und esse ein Eis. Aber der Fußabdruck ist im Vergleich zu früheren Urlauben sehr bescheiden.
Hören Sie sich das Gespräch mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier als Podcast:
Angela Merkel macht diese Woche eine Reise zu US-Präsident Joe Biden. Da dürfte es auch um ein Thema gehen, dass Unternehmer extrem umtreibt, nämlich der Umstand, dass sie oder ihre Angestellten nach wie vor nicht in die USA einreisen dürfen, während die EU ihre Einreisebestimmungen deutlich gelockert hat. Da muss doch bald was geschehen, oder?
Altmaier: Ich war ja bereits vor drei Wochen in den USA und habe mit sehr vielen Regierungsmitgliedern Gespräche geführt und das Thema angesprochen. Heiko Maas, der Außenminister, hat sich mit seinem amerikanischen Kollegen getroffen. Olaf Scholz war in den USA. Die Europäer sprechen es an, die EU-Kommission, das sind die Zuständigen, um darüber mit den USA Vereinbarungen abzuschließen. Wir haben nun einmal die Situation, dass in der Corona-Pandemie die allermeisten Länder dieser Welt einseitige Entscheidungen getroffen haben. In den USA war es die Entscheidung, sich abzuschotten gegenüber solchen Einreisen. Ich glaube, dass das auf Dauer gesehen keine Lösung ist, die im Interesse der USA liegt. Ich bin auch optimistisch, dass wir eine Änderung erreichen können. Aber dazu gehört auch ganz zwingend mit dazu, dass wir die Infektionszahlen in Europa weiterhin in einem niedrigen Bereich halten und dass wir den Impffortschritt deutlich sichtbar auch in Zukunft erreichen können.
Relativ sicher dürfte sein, dass China auch auf der Agenda stehen wird. Werden wir Deutschen weiterhin damit durchkommen, wenn wir nicht so scharf mit der politischen Führung in China umgehen, wie es sich die Amerikaner wünschen? Es ist doch sehr offensichtlich, dass die Amerikaner China als strategischen Gegner, nicht mehr nur noch als möglichen Rivalen ansehen.
Altmaier: Ja, aber die USA haben auch ein sehr pragmatisches Verhältnis zum Umgang mit der Realität. Die USA exportieren sehr viele Güter nach China, dazu gehören beispielsweise auch sehr viele Autos, die von deutschen Automobilwerken in den USA für den chinesischen Markt gebaut werden. Und auch unsere amerikanischen Freunde denken nicht daran, diese Handelsbeziehungen abzubauen oder zu unterbrechen. Es gibt viele Bereiche, wo grundlegende Marktregeln von China noch nicht eingehalten werden, wenn es etwa um den Schutz von geistigem Eigentum geht; wenn es darum geht, dass ausländische Investitionen frei getätigt werden können ohne den sogenannten Joint-Venture-Zwang; wenn es darum geht, dass Daten, die von deutschen Unternehmen gewonnen werden bei ihrer Arbeit geschützt sind. Darüber reden wir mit China. Dazu haben wir mit der EU ein Investitionsabkommen mit China geschlossen. Und es gibt ganz konkrete Fragen, etwa Überkapazitäten in der internationalen Stahlproduktion, wo es ebenfalls Gemeinsamkeiten von Interessen gibt. Die internationale Politik ist selten ganz schwarz oder ganz weiß, sondern sie ist in aller Regel sehr vielschichtig. Und dem müssen wir mit unseren Antworten auch gerecht werden.
Peter Altmaier über Angela Merkel: "Es war eine sehr menschlich orientierte Politik"
Sie wissen ja, dass es in Augsburg mit Kuka ein Unternehmen gibt, das da besonders in den Brennpunkt gerückt ist. Einer ihrer Vorgänger, der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, hat sich damals ziemlich stark gegen einen Übernahme aus China ausgesprochen und auch immer wieder gesagt, dass es besser gewesen, wenn es damals schon eine Art Lex Kuka gegeben hätte. Teilen Sie die Ansicht?
Altmaier: Damals war Sigmar Gabriel Wirtschaftsminister und ich war Kanzleramtsminister und wir haben natürlich über dieses Problem gesprochen. Mir wäre ehrlich gesagt eine Lösung lieber gewesen, wo europäische oder deutsche Unternehmen Kuka übernommen hätten zu einem ähnlich attraktiven Preis, wie er von den chinesischen Übernehmenden dann am Ende gezahlt worden ist. Leider Gottes gab es diese Investoren in Deutschland und Europa damals nicht. Das hat dazu geführt, dass ich als Wirtschaftsminister eine Industriestrategie vorgestellt habe. Da wird eindeutig gesagt – und zwar nicht nur mit Bezug auf China, sondern ganz generell –, dass wir ein Interesse daran haben, dass Unternehmen der Hochtechnologie, die für die technologische Souveränität unseres Landes wichtig sind, auch in Deutschland als europäische Unternehmen bestehen bleiben können, ohne dass sie im Einzelfall von Übernahmen bedroht sind. Das gilt sicherlich nur in wenigen Ausnahmefällen. Aber Kuka war und ist ein herausragendes Unternehmen. Mein Eindruck ist, dass sich die Dinge inzwischen etwas beruhigt haben. Aber ich fühle mich natürlich als Wirtschaftsminister nach wie vor verantwortlich, auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Unternehmen.
Der Staat nicht nur bei uns, sondern alle Staaten weltweit, werden nach der Pandemie vermutlich Geld brauchen. Bei uns geht es da auch um die Frage, wann wir zur Schuldenbremse, auf die die CDU immer stolz war, zurückkehren. Der BDI hat jetzt gesagt, zu viel sparen sollten wir nach der Krise auch nicht, weil wir müssen ja Investitionen tätigen. Teilen Sie das?
Altmaier: Ja, ich teile das. Ich war und ich bin ein Anhänger der Schuldenbremse und ich bin auch überzeugt, dass wir uns die Ausgaben zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in dieser Form nur leisten konnten, weil wir vorher jahrelang ordentlich gewirtschaftet hatten und keine neuen Schulden gemacht hatten. Es gibt viele Länder in Europa, die solche Spielräume nicht hatten, weil sie in guten Zeiten Schulden aufgenommen haben, statt darauf zu verzichten. Diese Länder haben im Schnitt einen Wirtschaftseinbruch gehabt, der doppelt so schwer war wie der, den wir in Deutschland zu verzeichnen hatten, minus zehn Prozent statt minus 4,7 Prozent. Insofern war und ist die Politik richtig. Aber der BDI hat natürlich recht. Man muss auf dem Weg zurück zum Normalfall der Schuldenbremse, den wir ja alle auch gehen wollen, immer auch darauf achten, dass das zarte Pflänzchen wirtschaftlicher Aufschwung nicht erstickt wird. Deshalb dürfen wir keine scharfen Kehrtwendungen machen, sondern brauchen eine organische Entwicklung. Die Hilfsprogramme werden an Bedeutung verlieren. Die Steuereinnahmen des Staates werden durch das Wachstum steigen und die Politik muss die Disziplin haben, die notwendig ist, dass man nicht alles Geld, was an Steuereinnahmen hereinkommt, ausgibt für konsumptive Ausgaben, sodass am Ende das Defizit dauerhaft hoch bleibt.
In den vergangenen Tagen wurde viel darüber geredet, ob Annalena Baerbock härter behandelt wird, weil sie eine Frau ist. Sehen Sie das auch so?
Altmaier: Ich sehe es zunächst einmal so, dass Frauen es in vielen Bereichen nach wie vor schwer haben, berufliche Gleichberechtigung zu erstreiten. Das sieht man in Vorstandsposten von Unternehmen, wo es trotz hervorragend qualifizierter Frauen kaum Vertreterinnen gibt. Im konkreten Fall muss Annalena Baerbock sich natürlich gefallen lassen, dass das, was sie sagt, und das, was sie schreibt, auch kritisch überprüft wird. Dass Fragen gestellt werden und dass Ungereimtheiten aufgedeckt werden. Das gilt für jeden Politiker. Und im Übrigen gab es einige verletzende Reaktionen in der öffentlichen Debatte nicht von Vertretern meiner Partei in erster Linie, sondern von anderen im Netz, die mich persönlich sehr enttäuscht haben und abgestoßen haben. Ich habe mir immer vorgenommen, mit dem politischen Gegner mit Respekt umzugehen. Das ist übrigens das, was gerade die jungen Leute von uns heutzutage auch erwarten. Und diesen Respekt bringe ich allen entgegen. Natürlich Armin Laschet, aber auch Olaf Scholz und Annalena Baerbock.
Teilen Sie denn die Einschätzung von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der gesagt hat, das ist ganz normaler Wahlkampf, was da gerade passiert?
Altmaier: Dass wir einen Wahlkampf haben, ist richtig, was die Parteien angeht. Aber es gibt darüber hinaus auf Twitter, auf Facebook, auf Instagram jeden Tag hunderttausende von Eintragungen, Kommentaren und anderem. Und da wird sowohl gegenüber Frau Baerbock wie gegenüber Armin Laschet derzeit oftmals auch unter Niveau gearbeitet. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Das müssen wir ansprechen. Und das werde ich auch in Zukunft für meine Person tun.
Sie gehören zu den engsten Vertrauten von Angela Merkel, haben mit am engsten mit ihr zusammengearbeitet. Was wird von ihr bleiben, wenn Sie das in zwei Sätzen zusammenfassen wollen?
Altmaier: Das es alles in allem gute Jahre waren für unser Land und die Menschen. Zweitens, dass man Politik auch ohne triumphierendes Auftreten und Imponiergehabe machen kann und Ergebnisse erzielt. Und drittens, dass wir eine Verantwortung haben auch für die Zukunft, im Bereich der Umweltpolitik, im Bereich der Entwicklungspolitik, im Bereich der internationalen Beziehungen. Es war eine sehr menschlich orientierte Politik und ich war sehr froh, dabei einen bescheidenen Beitrag leisten zu können.
Protokoll: Matthias Zimmermann
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