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Augsburg: Versagt Karstadt-Retter Berggruen nun doch?

Augsburg

Versagt Karstadt-Retter Berggruen nun doch?

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    Er wurde als Retter gefeiert: Nicolas Berggruen.
    Er wurde als Retter gefeiert: Nicolas Berggruen. Foto: dpa (Archiv)

    Er wurde als Retter gefeiert. Als Nicolas Berggruen im September 2010 die insolvente Karstadt-Kette übernahm, war das für viele ein Festtag. Mehr als ein Jahr hatten die Beschäftigten nach der Insolvenz des Arcandor-Konzerns um ihre Jobs gebangt. Nun hoffte man auf Investitionen und eine Verjüngungskur für das angestaubte Flaggschiff des deutschen Einzelhandels. Der schillernde Milliardär und Kunstmäzen sollte dafür tief in die eigene Tasche greifen.

    Nicolas Berggruen hat an Glanz verloren

    Auch am Standort Augsburg wurde damals gefeiert. Es wurden Häppchen gereicht, mit einem Gläschen Sekt stießen die knapp 200 Mitarbeiter auf die Nachricht von der Übernahme an. Gut zwei Jahre später ist hier kaum noch jemand in Sektlaune. Die Figur des Nicolas Berggruen hat an Glanz verloren. „Er ist nicht so ein Wohltäter, wie es am Anfang dargestellt wurde“, sagt Thomas Gürlebeck von der Gewerkschaft Verdi in

    Vergangene Woche hatten sie angekündigt, für zwei Jahre aus der Tarifbindung auszusteigen. Schon da wurde spekuliert, der Warenhauskonzern, der neben dem Standort in Augsburg in der Region auch ein Haus in Memmingen betreibt, reagiere auf drastische Umsatzeinbrüche. Gestern nun veröffentlichte das Handelsblatt Zahlen. Demnach soll der Umsatz schon im Geschäftsjahr 2011/12 auf 3,1 Milliarden Euro gesunken sein. Zuletzt ging es offenbar dramatisch bergab: Bis Ende April habe der Konzern einen

    Fest steht: Das Unternehmen fährt seit längerem einen Sparkurs. Schon im vergangenen Jahr hatte die Konzernspitze mit der Ankündigung, deutschlandweit 2000 Vollzeitstellen zu streichen, für Unruhe in der Belegschaft gesorgt. Der Standort Augsburg sei dabei „moderat weggekommen“, berichtet Gürlebeck. Viel mehr ist auch von dem Unternehmen selbst nicht zu erfahren. Denn öffentlich äußern darf sich in den Häusern schon lange niemand mehr. Selbst Betriebsräte halten sich zurück. Bei Fragen wird auf die Konzernzentrale verwiesen. Wie es in Augsburg heißt, sei die Stimmung in der Belegschaft schlecht. Mitarbeiter berichten von einer großen Verunsicherung. Erinnerungen an das Jahr 2009 und die Arcandor-Insolvenz werden wach.

    Ein weiterer Stellenabbau scheint derzeit unwahrscheinlich

    Dass das Unternehmen erneut in eine so schwere Krise schlittern könnte, davon gehen aktuell aber weder Gewerkschafter noch Handelsexperten aus. Verdi-Sekretär Gürlebeck hält einen weiteren Stellenabbau für unwahrscheinlich. Das Geschäftsmodell von Karstadt sei beratungs- und damit personalintensiv. 20 000 Mitarbeiter hat das Unternehmen in Deutschland. „Man fährt da jetzt schon am Limit“, sagt er.

    Wegen des Ausstiegs aus der Tarifbindung kam es gestern zu ersten Warnstreiks. In einem Center bei Frankfurt legten Mitarbeiter die Arbeit nieder. In Bayern sind vorerst keine Aktionen geplant, heißt es.

    Schon seit Jahren stecken Warenhäuser in einer Krise. Zwischen Discountern, Boutiquen, Shopping-Zentren und Fachmärkten tun sich die Generalisten schwer, ihre Nische zu finden. Namen wie Hertie oder Horten verschwandent, die Branche hat sich auf Karstadt und Kaufhof konzentriert. In Augsburg liegen ihre Häuser beinahe vis-à-vis. Nicht nur hier sorgen sie für viel Frequenz in der Innenstadt, sagt Wolfgang Puff vom Handelsverband Schwaben. Er ist sich sicher: „Warenhäuser haben eine Zukunft.“

    Neue Konzepte noch zu wenig

    Zuletzt setzten die Strategen auf neue Konzepte: Edler und exklusiver sollten die einstigen Konsumtempel werden. Auch Karstadt habe hinter den Kulissen viel verbessert, sagt Handelsexperte Puff. Einige Abteilungen in dem 16 000 Quadratmeter großen Kaufhaus in der Augsburger Innenstadt wurden modernisiert. Vielen ist das jedoch zu wenig. „Von Innovationen ist kaum etwas zu spüren“, klagt Verdi-Vertreter Gürlebeck. Ein klares Konzept sei nicht zu erkennen. „So kann man ein Unternehmen doch nicht sanieren.“

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