Als Tommy Haas Ende Januar in Melbourne auf den Platz tritt, sitzen Gabi Windisch und Nadine Lux vor dem Fernseher. Es ist früh, sehr früh sogar, aber dieses Spiel wollen die beiden auf keinen Fall verpassen. Sie fiebern mit dem Tennis-Profi, der nach 454 Tagen zum ersten Mal wieder an einem Grand-Slam-Turnier teilnimmt. Und sie leiden mit dem 38-Jährigen, als er wegen Schmerzen bereits in der ersten Runde aufgeben muss, als er sich enttäuscht das pinke Trikot über den Kopf streift.
Es ist dieses Oberteil, das Windisch, 44, und Lux, 48, mit Tommy Haas zusammengebracht hat. Denn die beiden Frauen sind Gründerinnen des Augsburger Unternehmens Sportkind – und seit diesem Jahr Ausrüster des 15-fachen ATP-Turniersiegers. Der Tennis-Profi wird die Kleidung aus Augsburg bei allen Turnieren tragen, jedes Mal in einer anderen Farbe.
Hätte man den beiden Frauen vor einigen Jahren erzählt, dass sie einmal Tommy Haas unter Vertrag nehmen würden – sie hätten es wohl nicht geglaubt. Denn damals war ihr Unternehmen kaum mehr als eine Idee. Heute sitzen sie an einem Holztisch in ihrem Büro am Rand der Augsburger Innenstadt, Altbau, Parkettfußboden, hohe Decken. Vor Kleiderständern mit bunten Hosen, Shirts oder Röcken berichten sie von ihren Anfängen. Es ist eine Geschichte, die Windisch und Lux schon oft erzählt haben, denn es ist, das kann man so sagen, eine ziemlich gute Geschichte.
Geschichte von Sportkind beginnt auf dem Tennisplatz
Sie beginnt im Jahr 2009, in einer Zeit, in der Gabi Windisch ihre Kinder, damals sechs und acht Jahre alt, regelmäßig auf die Tennisplätze der Region fährt. Der Sport spielt in der Familie eine große Rolle: Ihr Mann ist Tennis-Europameister in seiner Altersklasse. Auch die Kinder sind aktiv. Aber es gibt ein Problem: Windisch stellt fest, dass Tenniskleidung für Kinder oft nicht richtig passt. Viele der großen Hersteller bieten nur Doppelgrößen an, die Stücke sind also meist immer etwas zu groß oder zu klein. Für Windisch, die studierte Betriebswirtin, ist das Ganze mehr als ein Ärgernis, sie sieht ein Geschäft. Sie ruft Nadine Lux an, damals eine entfernte Bekannte. Lux hat Modedesign studiert. Sie ist zuerst skeptisch, lässt sich dann aber überzeugen.
Ein Jahr lang entwickeln die beiden Frauen ihre Idee, gehen zu Banken, versuchen Unterstützung zu bekommen. Aber sie müssen lernen, was schon viele Start-ups vor ihnen gelernt haben: Für junge Unternehmen ist es unheimlich schwer, ein Darlehen zu bekommen. „Wir wurden oft belächelt“, erinnert sich Windisch. Also stecken die beiden ihr eigenes Geld in die Firma, jede 10.000 Euro. Sie lassen die ersten Stücke produzieren, tingeln dann mit Kleiderständern von Messe zu Messe, von Turnier zu Turnier. Die Kinder stehen Modell für die Kataloge. „Ohne die Unterstützung unserer Familie wäre es am Anfang nicht gegangen“, erzählt Windisch.
Augsburger Label Sportkind liefert inzwischen auch ins Ausland
Heute ist aus dem Zwei-Mann-Betrieb eine Firma mit sieben Mitarbeitern geworden, längst stellt sie auch Shirts oder Hosen für Erwachsene her. Zuletzt hat Sportkind einen Umsatz im siebenstelligen Bereich gemacht. Die Kleidung wird hauptsächlich über das Internet vertrieben. Im Keller unter dem Büro lagern knapp 35.000 Produkte, die in hellblauen Paketen verschickt werden. Drei Viertel davon gehen an Kunden in Deutschland, ein Viertel mittlerweile aber auch ins Ausland.
Windisch und Lux setzen aber nicht nur auf Privatkunden, sondern auch auf Vereine. Sie rüsten Teams in der ganzen Region aus. Ihren Vorteil sehen die Unternehmerinnen in der Zeitlosigkeit der Stücke. „Die Kunden wollen den kurzfristigen Trend nicht mehr“, sagt Nadine Lux. Stattdessen würden sie Teile bevorzugen, die sie in einigen Jahren noch nachkaufen könnten.
Die Gründerinnen nehmen auch regelmäßig Anregungen der Kunden auf. Denn schließlich ist es das, was damals, vor acht Jahren, den Ausschlag für die Firmengründung gab: Kleidung zu machen, die sich so gut wie möglich an die Bedürfnisse der Kunden anpasst.