Entgegen früherer Überlegungen will sich Firmenpatriarch Reinhold Würth doch nicht aus dem baden-württembergischen Werkzeug-Handelskonzern zurückziehen. "Ich bleibe natürlich Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrates, das habe ich mir vorbehalten", sagte der 84-Jährige unserer Redaktion. "Das ist das finale Machtzentrum des Konzerns", sagte Würth über den Aufsichtsrat der Unternehmensgruppe. "Das Amt behalte ich mal, auch wenn ich mich aus dem Tagesgeschäft schon weitgehend zurückgezogen habe", betonte Würth, der im Juni zwischenzeitlich über einen kompletten Rückzug aus der Firma nachgedacht hatte.
Lieber "Patriarch" als "Schraubenkönig"
"Was mich motiviert ist die Freude am Erfolg, also ein Ziel zu erreichen", sagte Würth. "Das gilt für mich als Geschäftsmann wie als Kunstsammler", betonte er. " So baue ich jetzt hier in Künzelsau ein weiteres Museum, wo die Meisterwerke der Moderne und der Gegenwart meiner Sammlung, also etwa die Picassos, Polkes, Kiefers, Richters und Liebermanns in einer Dauerausstellung zu sehen sind." Geld motiviere ihn heute kaum noch. "Man kann nur ein Schnitzel am Tag essen", sagte Würth. Zugleich erklärte der Milliardär, dass er den mit oft verbundenen Titel "Schraubenkönig" hasse: "Das ist ein grausiger Begriff", sagte Würth. "Schrauben sind ja tote Gegenstände. Schraubenkönig ist ein echt blöder Name." Mit dem Begriff des Patriarchen könne er eher leben: "Patriarchen gelten als erfahrene und weise ältere Männer, die den Respekt ihrer Umgebung erfahren. Wenn mich jemand Patriarch nennt, hätte ich nichts dagegen."
Besorgt äußert sich der Milliardär über den politischen Zustand der Gesellschaft und dem Erstarkend er AfD: "Wir müssen aufpassen in Deutschland, das erinnert mich ansatzweise an die Verhältnisse während der Weimarer Republik", sagte Würth. "Wir müssen den Verfassungsschutz massiv verstärken, um die AfD in Schach zu halten", betonte er. "Ich hoffe, dass das Pendel wieder in die andere Richtung ausschlägt, weg vom Populismus und hin zur Vernunft", erklärte der Unternehmer.
Reinhold Würth: "Eu ist der Rettungsring für Europa"
"Die EU ist der einzige Rettungsring für Europa, deshalb ist dieser blöde Nationalismus ein Schuss in den Ofen", sagte Würth. "Wenn wir die EU nicht stärken, werden unsere Nachfahren in 30 Jahren die Vasallen der Chinesen, Amerikaner und vielleicht auch der Russen sein", warnte Würth. "Ich habe die Grünen gewählt, weil es die einzige Partei ist, die uneingeschränkt die europäische Idee fördert", bekannte der Unternehmer. Er ärgere sich darüber dass CDU-Kanzlerin Angela Merkel die europäischen Initiativen von Frankreichs Staatschef Macron ins Leere habe laufen lassen.
"Wenn Friedrich Merz in der CDU Kanzlerkandidat würde, würde ich auch wieder CDU wählen", sagte er. Von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer halte er nichts als Kanzlerkandidatin: "Die wähle ich nicht, auch wenn ich sie als Frau sehr sympathisch und pfiffig finde. Sie ist aber keine Kanzlerin." Er bevorzuge Politiker wie den baden-württembergischen Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und den CDU-Mann Merz.
Nach langer Skepsis hat sich Würth auch mit dem neuen Betriebsrat in seinem Konzern angefreundet. "Mehr als die Hälfte der früheren Vertrauensräte wurde in den Betriebsrat gewählt. Hier gibt es also viel Kontinuität", sagte er. "Natürlich bedauere ich es ein bisschen, dass der Vertrauensrat abgeschafft wurde, aber so ist das Gesetz." Der örtliche Vertreter der IG Metall habe das Unternehmen für die Vorbereitungen zur Betriebsratswahl sogar gelobt. "Er könne von uns noch etwas lernen, hat er gesagt." (AZ)
Lesen Sie hier das komplette Interview: Reinhold Würth will kein Schrauben-König sein: "Das ist ein echt blöder Name"
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.