Im August vergangenen Jahres hatte sich Kuka-Chef Peter Mohnen in einer Video-Botschaft an die Beschäftigten gewandt. Er schloss nicht aus, beim Personal noch einmal den Rotstift anzusetzen. Nach Monaten der Ungewissheit stand schließlich im November fest: Der Roboter- und Anlagenbauer will am Hauptsitz in Augsburg, wo nach schon zuvor erfolgten Stellenstreichungen rund 3500 Frauen und Männer beschäftigt waren, bis zu 270 weitere Arbeitsplätze abbauen.
Kuka-Chef Mohnen: „Keinen Rundumschlag“
Damals wurde diskutiert, dass Kuka nun – zumindest jobmäßig – auf das Jahr 2015 zusteuert, als in Augsburg etwa 3200 Beschäftigte für den Konzern tätig waren. Mohnen warb angesichts der weiter angespannten wirtschaftlichen Lage für Verständnis: „Wir können nicht in der gleichen Struktur weitermachen, wenn uns eine halbe Milliarde Euro an Aufträgen im Vergleich zum Vorjahr wegfällt.“
Der Manager wirkte in dem Video sichtlich bewegt und versicherte, bei Kuka werde es, was die Arbeitsplätze betrifft „keinen Rundumschlag“ geben. Das bestätigt sich. Zwar hält der Maschinenbauer an einem deutlichen Stellenabbau fest, doch dem Effizienzprogramm fallen nicht 270 Jobs zum Opfer. Mohnen sagte bei der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens am Donnerstag in Augsburg: „Die Zahl wird im mittleren zweistelligen Bereich tiefer liegen.“ Noch geht der Manager nicht ins Detail.
Die Verhandlungen zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite über die Personalanpassungen laufen weiter. Mohnen sprach von „konstruktiven Gesprächen mit dem Betriebsrat“. Und er beteuerte; „Wir versuchen möglichst viel Knowhow an Bord zu halten.“ Er sei jedenfalls zuversichtlich, dass eine gute und faire Lösung gefunden werde. Kuka-Finanzvorstand Andreas Pabst machte deutlich: „Wir haben die Entscheidung, Personal abzubauen, nicht leichtfertig getroffen. Wir haben uns jede Stelle einzeln angeschaut.“
Kuka bekam die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie massiv zu spüren. „Hinter uns liegt ein hartes Jahr, ein Ausnahmejahr“, sagte Mohnen. Die Krise sei noch nicht ausgestanden. Trotz eines Aufschwungs im Herbst schloss Kuka das Jahr 2020 unter dem Strich mit erwartet hohen Verlusten ab. Kurz vor Weihnachten warnte der mehrheitlich zum chinesischen Haushaltsgeräte-Konzern Midea gehörende Automatisierungsspezialist die Anleger bereits. Die schlechte Botschaft lautete: Der Maschinenbauer rechnet für 2020 mit einem negativen Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von minus 108 bis minus 118 Millionen Euro.
Die Prognose hat sich bewahrheitet. Mit der Vorlage der Bilanz steht fest: Die Kuka AG schloss das erste Corona-Jahr mit einem Verlust (Ebit) von 113,2 Millionen Euro ab, während 2019, als die Metall- und Elektroindustrie bereits in der Krise steckte, noch ein Gewinn von 47,8 Millionen Euro zu verzeichnen war. So sagte Unternehmens-Chef Peter Mohnen: „Straffere Strukturen sind notwendig, um für einen Markt gerüstet zu sein, der bereits vor der Pandemie schwierig war und der sich nur langsam erholen wird.“ Um das Unternehmen zu stabilisieren, hat das Management „umfassende Spar- und Effizienzmaßnahmen“ eingeleitet.
Der Maschinenbauer leidet nach wie vor unter der Corona-Pandemie: Folglich sank der Auftragseingang 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 12,5 Prozent auf rund 2,79 Milliarden Euro, während der Umsatz sogar um 19,4 Prozent auf etwa 2,57 Milliarden Euro einbrach. Dabei verbuchten andere Automatisierungsfirmen in Deutschland im Schnitt ebenso starke Erlösrückgänge wie Kuka. Das belegen entsprechende Zahlen des Branchenverbandes VDMA.
Zurückhaltung der Auftraggeber spürte Kuka vor allem im Autobereich
Die Verantwortlichen des Augsburger Roboter- und Anlagenbauers rechnen damit, dass die Branche erst in zwei Jahren wieder das Umsatzniveau der Vor-Corona-Zeit erreicht. Im Automobilbereich könnte die Aufholjagd sogar zwei bis fünf Jahre dauern. Die Zurückhaltung der Auftraggeber spürte Kuka vor allem im Automobilbereich. Pabst räumte ein: „Hier haben Kunden massiv gespart. Der Wettbewerbsdruck war hoch.“ Weil nur wenige Projekte auf dem Markt gewesen seien, habe das auf die Margen gedrückt.
Das bekam der „Systems“ heißende Anlagenbau des Unternehmens hart zu spüren, hängt er doch stark vom Wohl der Autoindustrie ab. Hier fiel der Umsatzrückgang mit 27,4 Prozent auf 671,6 Millionen Euro besonders schmerzlich aus.
Kuka-Chef ist für 2021 zuversichtlich
Doch es gibt auch positive Tendenzen. Mohnen verwies darauf, dass Kuka „netto schuldenfrei und mit einer stabilen Finanzlage“ aus diesem Geschäftsjahr geht. Der Free Cashflow, also die freien Finanzmittel, lagen bei 37 Millionen Euro und damit deutlich höher als in den Vorjahren. Die Kenngröße ist gerade in Krisenzeiten wichtig. Das Unternehmen spart in einer schwierigen Lage nicht an Ausgaben für Innovationen: Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung stiegen 2020 auf 178 Millionen Euro, während es 2019 noch 160,5 Millionen Euro waren. Einige Kuka-Bereiche wie die Logistik (Swisslog und Swisslog Healthcare), die etwa Automatisierungslösungen für Krankenhäuser und Apotheken liefern, konnten sogar leicht positive Ergebnisse abliefern.
Der Kuka-Chef ist auch deshalb für 2021 zuversichtlich, weil der Konzern schon im vergangenen Jahr mehr Aufträge auf dem weltweit am stärksten wachsenden Robotermarkt in China einfahren konnte. Für dieses Jahr gilt die Devise: „Wir werden in China deutlich wachsen.“ Dabei will Kuka gerade in dem asiatischen Land mit extra auf den dortigen Markt zugeschnittenen neuen Robotern zusätzliche Marktanteile erobern und setzt hier auf die Kooperation mit Midea.
Mohnen hat sich zum Ziel gesetzt, „Robotik für alle verfügbar machen“
Um auch in immer mehr Branchen außerhalb der Autoindustrie Fuß zu fassen, entwickelt der Konzern ein neues Betriebssystem und will auf der digitalen Hannover Messe von 12. bis 16. April erste Einblicke in die technische Innovation geben. So viel steht bereits fest: Roboter lassen sich damit einfacher handhaben. Mohnen verspricht: „Dauerte es früher rund sechs Stunden, bis ein Standard-Roboter in Betrieb genommen werden konnte, geht das mit der neuen Steuerung in etwa so schnell wie ein Fußballspiel dauert.“
Mohnen hat sich zum Ziel gesetzt, „Robotik für alle verfügbar machen“. Die Eintrittsschwelle in Automatisierung soll demnach erheblich sinken. „Das ist unsere Mission für 2030“, kündigte er an. Seiner Ansicht nach wird Automatisierung mittelfristig ein Gewinner der Krise sein. Denn in den nächsten zehn Jahren würden weltweit immer mehr Menschen mit Robotern arbeiten. Der Kuka-Chef glaubt: „Robotik wird Mainstream.“
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