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Augsburg: Kontron will mit Fujitsu-Geschäft den Weg aus der Krise schaffen

Augsburg

Kontron will mit Fujitsu-Geschäft den Weg aus der Krise schaffen

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    Im Juli hat das Unternehmen die Main-Board-Sparte von Fujitsu übernommen. Weil Kontron vorher selbst ins Schlingern geraten war, gab es auch Kritik an dieser Übernahme.
    Im Juli hat das Unternehmen die Main-Board-Sparte von Fujitsu übernommen. Weil Kontron vorher selbst ins Schlingern geraten war, gab es auch Kritik an dieser Übernahme. Foto: Bernd Hohlen

    Kontron gilt als einer der globalen Marktführer im Segment der eingebetteten Computertechnologie und ist noch dazu einer der größten Hersteller in diesem Bereich in Europa. Das Augsburger Unternehmen entwickelt und fertigt Steuerungsgeräte, die in vielen bekannten Maschinen stecken – darunter Dialyse- oder Ultraschallgeräte ebenso wie Spritzgießmaschinen für Legosteine oder Parkscheinautomaten.

    Auch in 3–D-Druckern des Friedberger Herstellers Voxeljet oder in Druckmaschinen von Heidelberg ist Kontron-Technologie verbaut. In Flugzeugen sorgt sie dafür, dass die Passagiere WLAN nutzen und während des Flugs Videos schauen können. Beim US-Giganten Intel sind die Augsburger als einziges Premium-Mitglied in der „IOT Solutions Alliance“ aus Europa gelistet. Die Produktion in der Fuggerstadt gilt als eine der modernsten ihrer Art. „In dieser Tiefe ist es weltweit einzigartig, wie wir unsere Montage führen“, ist Standortleiter Walter Gruber überzeugt.

    Die komplette Produktion ist papierlos und läuft computergestützt. Jeder Arbeitsschritt ist völlig transparent, ständig und auch rückwirkend nachvollziehbar. „So gelingt es uns, Auslastungsschwankungen schnell auszugleichen, Fehler sofort zu erkennen und zu beheben. Das steigert die Zuverlässigkeit, die Qualität und minimiert die Rücklaufquote immens“, so Gruber weiter. Das ist in einem hart umkämpften Markt ein wichtiger Vorteil – auch wenn man im Segment der Embedded-Technologie weniger Billig-Konkurrenz aus Asien fürchten müsse, wie es beispielsweise der Augsburger Fujitsu-Standort, mit mehr Fokus auf das Consumer-Geschäft, zu spüren bekam.

    Kontron war in finanzielle Schieflage geraten

    Auf das neue, papierlose Arbeiten umgestellt wurde bei Kontron 2014. Damals war die Firma langsam in finanzielle Schieflage geraten und hatte im gleichen Jahr Standorte aus Bayern in Augsburg zusammengelegt. Eine Umstrukturierung der Arbeitsabläufe wurde nötig. Direkt in eine zukunftsorientierte und hoch moderne Produktionsweise zu investieren, sei rückblickend der richtige Schritt gewesen. „Das hat uns geholfen, die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen“, so Walter Gruber.

    Weil Kontron-Technik über viele Jahre und auch unter extremsten Bedingungen wie starker Hitze oder Kälte stets zuverlässig funktionieren muss, nehmen beim Kunden Kriterien wie Qualität und die Nähe zum Hersteller einen großen Stellenwert ein. „Unseren Kunden geht es nicht um jeden Cent. Sondern um Sorgfaltspflicht, Qualität und Zukunftsfähigkeit“, so Gruber weiter. Zu ihnen gehören namhafte Größen aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau, der Medizintechnik oder der Luftfahrt.

    Und immer mehr kommen nach Abschluss des Restrukturierungsprozesses und der Übernahme durch die österreichische Firma S&T AG Ende 2016 zurück zu Kontron. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt Geschäftsführer Helmut Fischer. Deshalb sollen auch die Gehälter angepasst werden. „Kontron stellt dafür im Januar 2020 ein Mehr-Budget von 2,2 Prozent zur Verfügung.“

    Um den Aufwärtstrend fortzusetzen, hat Kontron im Juli zudem die Mainboard-Sparte (das Herz eines Rechners) des aus Augsburg scheidenden Fujitsu-Werks übernommen. „Der Deal ermöglicht es uns, unsere Angebotspalette deutlich auszubauen und dem Kunden noch mehr Produkte aus einer Hand anzubieten. Das ist gefragt, wird daher den Umsatz steigern und sichert am Ende Arbeitsplätze“, ist Fischer überzeugt. Ebenso wie der Marketingleiter Norbert Hauser: „Unsere Lösungen sind hoch speziell und meist individuell für jeden einzelnen Kunden.“

    Weil Fujitsu Mainboards in unterschiedlichen Größen anbietet, könne man nun noch flexibler auf Kundenwünsche reagieren. Zusammen mit dem Software-Wissen der Muttergesellschaft S&T wird so die Marktposition weiter gestärkt. „Wir müssen ständig am Puls der Zeit bleiben und am besten schon eine Lösung parat haben, bevor der Kunde weiß, dass er sie brauchen wird“, so Hauser. Der Kauf der Fujitsu-Sparte war daher aus Sicht der Unternehmensführung ein wesentlicher Schritt für einen erfolgreichen Fortbestand.

    Die IG Metall äußerte sich kritisch zu Fujitsu-Spartenübernahme

    Die IG Metall hatte die Übernahme dagegen mit Blick auf die Finanzlage von Kontron kritisch bewertet. Ebenso wie die mit dem Deal verbundenen Angebote an ehemalige und gut bezahlte Fujitsu-Beschäftigte, sich bei Kontron als neuem Arbeitgeber zu bewerben. Geschäftsführer Helmut Fischer kontert die Argumente: „Die Mainboard-Sparte ist eine eigene Gesellschaft, die von der Kontron S&T AG übernommen wird. Daneben steht eigenständig die Kontron Europe, deren Restrukturierungsprogramm abgeschlossen ist und die optimistisch in die Zukunft blicken kann.“ Finanziell seien die beiden Einheiten – gemäß der Firmenphilosophie der Mutter S&T AG – getrennt zu betrachten. Es fände aber sehr wohl ein Austausch des Know-hows statt, von dem am Ende der gesamte Kontron-Konzern wirtschaftlich profitieren werde.

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