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Augsburg: Jeder zehnte Kukaner arbeitet mittlerweile in China

Augsburg

Jeder zehnte Kukaner arbeitet mittlerweile in China

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    Till Reuter stellte in Augsburg die Ziele für 2017 und für die nächsten Jahre vor. Das Foto zeigt ihn bei einer Veranstaltung im Jahr 2015.
    Till Reuter stellte in Augsburg die Ziele für 2017 und für die nächsten Jahre vor. Das Foto zeigt ihn bei einer Veranstaltung im Jahr 2015. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Archivbild)

    Till Reuter ist ein sachlicher Mensch. Wenn er über das abgelaufene Geschäftsjahr seines Unternehmens spricht, gerät manch wilde Schlagzeile des vergangenen Sommers fast in Vergessenheit. Von einem Wirtschaftskrimi war damals die Rede, gar von einer chinesischen Invasion. Selbst Sigmar Gabriel, zu dem Zeitpunkt noch Wirtschaftsminister, schaltete sich in den Übernahmekampf um den Augsburger Roboterbauer Kuka ein. Reuter fasst diese Monate nun deutlich unaufgeregter zusammen: Für

    Kuka will in China wachsen

    Das 1898 in Augsburg gegründete Unternehmen, das seine orangen Roboter auf der ganzen Welt verkauft, gehört seit dem vergangenen Jahr zu 95 Prozent zum chinesischen Haushaltsgeräte-Konzern Midea. Anders als in den vergangenen Jahren kann Reuter für das Übernahmejahr aber nicht nur Rekordzahlen präsentieren. So lag der Umsatz 2016 mit 2,95 Milliarden Euro knapp unter dem Vorjahreswert von 2,97 Milliarden Euro. Auch der Gewinn ging leicht auf 86,2 Millionen Euro zurück.

    In den kommenden Jahren will Kuka vor allem in China wachsen. Reuter verspricht sich dabei viel vom neuen Mutterkonzern Midea. „Wir wollen Nummer eins auf dem chinesischen Markt für Automatisierung werden“, betont Reuter, dessen Vertrag gerade vorzeitig bis 2022 verlängert wurde. Aktuell sei Kuka dort unter den Top drei der Roboterbauer.

    Der Konzern will nicht ohne Grund gerade in China zum Spitzenreiter werden. Das asiatische Land gilt als Markt mit enormem Wachstumspotenzial. Weil die Löhne dort kräftig ansteigen, benutzen die Firmen vermehrt Roboter in der Produktion. Reuter geht davon aus, dass schon in zwei Jahren fast die Hälfte aller Industrieroboter weltweit in China verkauft wird. Kuka engagiert sich bereits seit einigen Jahren verstärkt in dem asiatischen Land. In den vergangenen sechs Jahren hat sich der Auftragseingang aus China versechsfacht. 2016 lag er bei etwa 525 Millionen Euro. Insgesamt verbuchte Kuka im vergangenen Jahr einen Rekord-Auftragseingang von 3,4 Milliarden Euro.

    Kuka: Das ist der Augsburger Roboterbauer

    Kuka ist ein Roboter- und Anlagenbauer mit Hauptsitz in Augsburg. In seiner Branche zählt Kuka zu den weltweit führenden Unternehmen. Bei Kuka arbeiten rund 14.256 Mitarbeiter.

    Die Wurzeln von Kuka reichen bis ins Jahr 1898 zurück. Johann Josef Keller und Jakob Knappich gründeten damals das Acetylenwerk Augsburg. Ihr Ziel: die Produktion von kostengünstigen Haus- und Stadtbeleuchtungen. Doch bereits sieben Jahre danach weitete das Unternehmen die Produktion auf die neue Erfindung des Autogen-Schweißens aus.

    Aus den Anfangbuchstaben der Unternehmensbezeichnung "Keller und Knappich Augsburg" entstand schließlich der Name Kuka.

    Kuka wurde 1966 Marktführer bei Kommunalfahrzeugen in Europa. Auch weltweit wurden diese Fahrzeuge für Entsorgungs- und Reinigungsaufgaben bekannt. Der Kuka-Müllwagen war ein Begriff.

    1973 schrieb Kuka Geschichte als Robotik-Pionier und entwickelt den Famulus - den weltweit ersten Industrieroboter mit sechs elektromechanisch angetriebenen Achsen. Das waren die Anfänge der heute auf Roboter- und Anlagenbau konzentrierten Firma.

    Die Aufträge des Unternehmens kommen heute vor allem aus der internationalen Autoindustrie. Immer öfter liefert das Unternehmen aber auch an andere Branchen. Bei Bosch Siemens Hausgeräte in Dillingen helfen die Kuka-Roboter beispielsweise schon lange bei der Produktion der Spülmaschinen. In der Robotersparte machte die Zahl der Aufträge aus der General Industry, also allen Branchen abseits der Autofertigung, 2015 bereits mehr als ein Drittel aller Aufträge aus. Mit der neuen Tochterfirma Swisslog, die unter anderem in der Krankenhauslogistik tätig ist, will sich Kuka nach eigener Aussage noch unabhängiger von der schwankenden Autoindustrie machen.

    Roboter werden immer intelligenter und arbeiten Hand in Hand mit Menschen. Die elektronischen Helfer sind mit einer zunehmend raffinierteren Software und Sensorik ausgestattet. Kuka ist längst auch ein IT-Konzern. Die Verknüpfung von Mechanik, also Robotergehäusen mit Elektronik, Informationstechnologie und selbst entwickelten Steuerungen lassen Kuka-Chef Till Reuter auf neue Kunden hoffen. "Industrie 4.0" heißt das Schlagwort. Die Augsburger gelten hier weltweit als Pioniere.

    Für Kuka geht es seit Jahren aufwärts. 2017 betrug der Umsatz rund 3,5 Milliarden Euro, davon entfallen 1,2 Milliarden auf den Geschäftsbereich Robotics.

    Einer der wichtigsten Wachstumsmärkte von Kuka ist China. Seit 2000 ist Kuka hier präsent. Im Dezember 2013 ging eine neue Fertigungsstätte in Shanghai in Betrieb. In einem Werbespot konnte man sehen, wie sich der in China sehr bekannte deutsche Tischtennisstar Timo Boll mit einem Kuka-Roboter duelliert.

    Die Roboter von Kuka hatten auch schon einen Auftritt im Kino: im James-Bond-Film "Die Another Day".

    Chef des Unternehmens ist Till Reuter. Als er 2009 die Führung des Augsburger Roboter- und Anlagenbauers übernahm, kannte Till Reuter kaum einer in der Region. Reuter, Jahrgang 1968, hatte zuvor als Wirtschaftsjurist, Rechtsanwalt und Investmentbanker für Adressen wie die Deutsche Bank, Lehman Brothers und Morgan Stanley gearbeitet.

    Nachdem sich die Familie Grenzebach aus dem kleinen nordschwäbischen Ort Hamlar nach einer langen Phase als bestimmender Aktionär zurückgezogen hat, übernahm diese Schlüsselposition das baden-württembergische Familienunternehmen Voith. Der Investor aus Heidenheim hält 25,1 Prozent an dem Roboterbauer, besitzt also eine Sperrminorität. Gegen Voith läuft nichts bei Kuka.

    Um künftig noch bessere Geschäfte in China machen zu können, baut Kuka seine Präsenz dort deutlich aus. 2016 wuchs die Zahl der Mitarbeiter in dem asiatischen Land um 17 Prozent auf knapp 1300 Beschäftigte. „Fast jeder zehnte Kukaner arbeitet mittlerweile in China“, rechnet Finanzvorstand Peter Mohnen vor. Insgesamt beschäftigt Kuka weltweit 13.188 Menschen. Mohnen betont: „Wir müssen dort am meisten wachsen, wo wir auch als Unternehmen die größten Wachstumschancen haben.“

    Das soll nach den Worten des Managers aber nicht zulasten des Augsburger Standorts gehen, an dem aktuell 3488 Menschen arbeiten – knapp 200 mehr als im Jahr zuvor. Das Unternehmen will auch künftig kräftig in den Hauptsitz investieren. „Wenn Kuka wächst, wird Augsburg mitwachsen.“

    Die Auftragsbücher sind voll

    Fürs Erste plant der Roboterbauer aber erst einmal mit einem langsamen Wachstum – und das, obwohl die Auftragsbücher voll sind. 2017 will Kuka-Chef Reuter den Umsatz auf 3,1 Milliarden Euro steigern. An seinem vor zwei Jahren angekündigten Fünf-Jahres-Plan, nach dem der Umsatz 2020 bei vier bis viereinhalb Milliarden Euro liegen soll, hält Reuter aber fest. Ein Grund für das voraussichtlich moderate Wachstum in diesem Jahr ist auch der Verkauf des US-Flugzeuggeschäfts. Kuka hatte den Bereich abstoßen müssen, um von den US-Behörden die Zustimmung zur Übernahme durch Midea zu bekommen.

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