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Augsburg: Airbus und Premium Aerotec: Was auf Mitarbeiter zukommt

Augsburg

Airbus und Premium Aerotec: Was auf Mitarbeiter zukommt

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    Der Augsburger Luftfahrtzulieferer Premium Aerotec leidet massiv unter der Krise der Branche.
    Der Augsburger Luftfahrtzulieferer Premium Aerotec leidet massiv unter der Krise der Branche. Foto: Ulrich Wagner

    Für die Beschäftigten des europäischen Luftfahrtkonzerns Airbus und dessen Zuliefertochter Premium Aerotec standen über Monate harte Personaleinschnitte im Raum: So gab Airbus-Chef Guillaume Faury als Folge der coronabedingten wirtschaftlichen Einbußen bekannt, dass bis spätestens Sommer 2021 die hohe Zahl von 15.000 von 135.000 Arbeitsplätzen des deutsch-französisch-spanischen Unternehmens gestrichen werden soll. Dabei war Deutschland nach damaligen Stand am härtesten von dem angedrohten Personalabbau betroffen. Vertreter der Gewerkschaft IG Metall rechneten vor, dass hierzulande rund 6000 Arbeitsplätze wegfallen könnten, während es in Frankreich 5000 seien.

    Airbus ist in Augsburg durch ein Werk der Tochtergesellschaft Premium Aerotec vertreten. Dort werden wichtige Baugruppen für Flugzeuge des Unternehmens gefertigt, wie etwa Rumpfschalen oder Fußbodenquerträger. Allein für diesen Standort hatte die Arbeitgeberseite bis zu 1007 von rund 3500 Arbeitsplätzen zur Disposition gestellt – ein Schock für die Beschäftigten.

    Gewerkschaft ist stark bei Airbus

    Doch Airbus und Premium Aerotec sind Unternehmen, in denen traditionell Personal-Streichkonzerte letztlich nicht so laut ausfallen, wie es zunächst die Arbeitgeberseite durch ihre Tonlage nahelegt. Auch dieses Mal zeigte sich, dass die Vertreter der Beschäftigten und mit ihnen die Gewerkschaft IG Metall einen Machtblock darstellen. So konnten die zunächst radikal klingenden Pläne der Arbeitgeberseite in langen Verhandlungen abermals abgemildert werden. Das geht aus zwei Schreiben von Airbus-Verantwortlichen hervor, die unserer Redaktion vorliegen.

    Im Jahr 2018 gingen die Mitarbeiter von Premium Aerotec auf die Straße (hier ein Archivbild).
    Im Jahr 2018 gingen die Mitarbeiter von Premium Aerotec auf die Straße (hier ein Archivbild). Foto: Silvio Wyszengrad

    In einem Brief wendet sich Lars Immisch, Konzernpersonalleiter von Airbus Deutschland, an die Beschäftigten, in einem anderen stellen die Spitzenrepräsentanten des Konzernbetriebsrats, Holger Junge und Thomas Pretzl, klar, was die mit den Arbeitgebern getroffenen Vereinbarungen für Mitarbeiter bedeuten. Demnach gibt es weder für Airbus noch für Premium Aerotec konkrete Zahlen, wie viele Jobs in welchen Werken akut gefährdet sind.

    Denn zunächst einmal gilt nach dem vereinbarten Sozialplan das Prinzip der Freiwilligkeit – und zwar bis Ende März 2021. Solange – und das ist die gute Nachricht für die Beschäftigten – werden „keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen“, wie Immisch schreibt. Für diese Phase regele ein Sozialplan vielmehr verschiedene Leistungspakete mit attraktiven Konditionen.

    Abfindungen für Airbus-Mitarbeiter

    Detailliertere Informationen gibt Immisch noch nicht preis. Er teilt nur mit: „Wir haben mit dem Konzernbetriebsrat einen guten Abschluss vereinbart, der uns bei der Bewältigung der Krise helfen wird.“ Doch Kurzarbeit und zusätzliche Fördergelder von Bund und Ländern reichten nicht aus, „um die Zukunft unseres Unternehmens zu sichern“. Konkreter wird der Airbus-Mann wiederum nicht. Die Konzernbetriebsratsrepräsentanten Junge und Pretzl lassen bereits tiefer blicken. Sie sprechen von einem „Durchbruch“ in den Verhandlungen und beschreiben konkret, wie die Monate eines auf Freiwilligkeit ausgerichteten Personalabbaus funktionieren sollen.

    Investor Michael Tojner - hier bei Varta in Ellwangen - soll angeblich Interesse an Premium Aerotec haben.
    Investor Michael Tojner - hier bei Varta in Ellwangen - soll angeblich Interesse an Premium Aerotec haben. Foto: Marijan Murat, dpa (Archiv)

    Demnach erhalten Mitarbeiter, die zu einem Ausscheiden aus dem Airbus-Konzern und der Tochter Premium Aerotec bereit sind, „Abfindungspakete“. Wie hoch die Zahlungen ausfallen, also welcher Beschäftigte nach wie vielen Jahren der Betriebszugehörigkeit welche Summe bekommt, ist dem Schreiben der Arbeitnehmervertreter noch nicht zu entnehmen. Nach den Regelungen soll es aber die Möglichkeit geben, wenn die Kurzarbeit ausgelaufen ist, die Arbeitszeit für alle Mitarbeiter zu verkürzen, um so den Beschäftigtenabbau zu begrenzen. Auch können von Stellenstreichungen Betroffene für neue Tätigkeiten im Konzern qualifiziert werden. Daneben wird angestrebt, Arbeitspakete, die an Firmen außerhalb des Airbus-Imperiums vergeben wurden, wieder zurückzuholen.

    Pläne von Airbus, Premium Aerotec zu verkaufen, liegen weiter auf Eis

    Diese Forderung wurde gerade von Verantwortlichen des Premium-Aerotec-Betriebsrates immer wieder vorgetragen. Junge und Pretzl fordern jedenfalls von den Arbeitgebern, „dass alle Instrumente zum Erhalt der Arbeitsplätze rasch umgesetzt werden und betriebsbedingte Kündigungen vom Tisch sind“. Dennoch können die beiden Arbeitnehmer-Männer „keine endgültige Entwarnung geben“. Denn die Auseinandersetzung um den Erhalt der Jobs, der Betriebe und Standorte werde auch das kommende Jahr bestimmen.

    Branchenkenner befürchten folglich, dass betriebsbedingte Kündigungen ab April 2021 doch wieder ein Thema werden könnten, wenn nicht genügend Beschäftigte freiwillig gegangen sind und sich die wirtschaftliche Situation weiter verschlechtert. Dabei liegen Pläne von Airbus, Premium Aerotec zu verkaufen, nach Informationen unserer Redaktion weiter noch länger auf Eis. Somit hat der österreichische Unternehmer Michael Tojner, dem Interesse an Premium Aerotec nachgesagt wurde, schlechte Karten.

    Hören Sie sich zum geplanten Stellenabbau bei Premium Aerotec auch unseren Podcast von Juli an:

    Lesen Sie dazu auch: Hat Milliardär Michael Tojner Interesse an Premium Aerotec?

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