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Audi: Weshalb der Fall Rupert Stadler so schwierig ist

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Weshalb der Fall Rupert Stadler so schwierig ist

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    Die VW-Kontrolleure konnten sich bisher nicht einigen, den Vertrag mit dem beurlaubten Audi-Chef Rupert Stadler aufzulösen.
    Die VW-Kontrolleure konnten sich bisher nicht einigen, den Vertrag mit dem beurlaubten Audi-Chef Rupert Stadler aufzulösen. Foto: Marijan Murat, dpa

    Am Freitag ist der Aufsichtsrat des Volkswagen-Konzerns zusammengekommen. Die Tagesordnung an dem Tag war lang. VW und Microsoft gaben eine spektakuläre Kooperation bekannt, auch die Diesel-Krise soll auf der Tagesordnung gestanden haben. Vor allem ein Punkt aber hatte Berichterstatter seit Tagen beschäftigt: Ob das Gremium den Vertrag mit dem beurlaubten Audi-Chef Rupert Stadler auflösen wird. Stadler sitzt im Zuge der Diesel-Affäre in Gablingen nahe Augsburg in Untersuchungshaft.

    Im VW-Aufsichtsrat sitzen bekannte Personen wie der niedersächsische SPD-Ministerpräsident Stephan Weil oder VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh. Am Nachmittag war klar, dass die Entscheidung über die Zukunft Stadlers abermals verschoben wird. Die beiden Vertreter des Landes Niedersachsen, Regierungschef Weil und sein CDU-Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, sollen mit einer Vertragsaufhebung samt Abfindung für Stadler nicht einverstanden gewesen sein.

    Warum aber ist eine Entscheidung zur Zukunft Rupert Stadlers so schwierig? Wer eine Antwort auf die Frage bekommen will, muss viele Hintergrundgespräche im Umfeld des Unternehmens führen.

    Rupert Stadler sitzt seit rund drei Monaten in U-Haft – wegen Verdunkelungsgefahr und möglicher Einflussnahme. Er hat abermals einen Antrag auf Haftprüfung gestellt. Angenommen, er käme frei, könnte er am nächsten Tag seine Arbeit bei Audi wieder aufnehmen, während die Ermittlungen wohl fortlaufen würden. Dies ist für viele Beobachter sicher schwer vorstellbar, zumal der Autobauer mit Bram Schot einen neuen, kommissarischen

    Der Diesel-Skandal bei Audi - eine Chronologie

    18. September 2015: Die amerikanische Umweltbehörde EPA deckt auf, dass der VW-Konzern bei Dieselfahrzeugen die Ermittlungen der Abgaswerte manipuliert hat. Sie geben auf dem Prüfstand geschönte Werte aus. Auch der Audi A3 ist betroffen.

    2. November 2015: Der Skandal weitet sich aus. Die EPA findet heraus, dass auch bei anderen Dieselmodellen die Abgasreinigungsanlage manipuliert wurde. Unter anderem beim Audi A6 Quattro, A7 Quattro, A8, A8L und Q5. Nun ist auch die Rede davon, dass Porsche Abgaswerte schönrechnet. Denn die Porsche-Diesel-Motoren werden von Audi entwickelt.

    4. November 2015: Nach den neuen Vorwürfen der EPA stoppen VW, Porsche und Audi den Verkauf der betroffenen Autos in den USA.

    21. November 2015: Die EPA teilt mit, dass Vertreter des VW-Konzerns eingeräumt haben, bei sämtliche Diesel-Fahrzeuge der Marken VW und Audi mit 3,0-Liter-Motoren aus den Modelljahren 2009 bis 2016 Schummelsoftware eingebaut zu haben.

    23. November 2015: Audi räumt ein, zumindest in den USA in 3,0-Liter-Diesel-Autos Betrugssoftware eingebaut zu haben.

    4. Januar 2016: Die USA verklagen VW, Audi und Porsche wegen des Einsatzes von Betrugssoftware.

    6. November 2016: Es wird bekannt, dass wohl noch mehr Audi-Modelle mit einer Betrugssoftware ausgestattet worden sind. Diesmal soll der Autohersteller auch bei den CO2-Werten geschummelt haben.

    15. März 2017: Während der Jahrespressekonferenz von Audi durchsuchen mehr als 100 Polizisten die Audi-Zentrale in Ingolstadt, weitere Standorte und die Wohnungen von Mitarbeitern. Grund ist ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwalt München II gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung.

    1. Juni 2017: Das Verkehrsministerium findet heraus, dass Audi auch in Deutschland illegale Abschalteinrichtungen in Autos eingebaut hat. 24000 Fahrzeuge sind betroffen.

    2. Juni 2017: Die Staatsanwaltschaft München II weitet ihr Ermittlungsverfahren gegen Audi aus. Nun geht es auch um Fahrzeugverkäufe in Deutschland und Europa

    7. Juli 2017: Bei den Ermittlungen in der Diesel-Affäre wird zum ersten Mal in Deutschland ein Beschuldigter festgenommen. Dem Ex-Audi-Manager aus Neckarsulm werden Betrug und unlautere Werbung vorgeworfen.

    4. August 2017: Die Münchner Staatsanwaltschaft leitet im Zusammenhang mit der Diesel-Affäre ein Bußgeldverfahren gegen mehrere Audi-Vorstände ein. Wegen möglicher Verletzung von Aufsichtspflichten laufe ein solches Verfahren gegen noch unbekannte Vorstände des Autobauers, teilt die Behörde mit.

    28. September 2017: Im Zusammenhang mit der Abgasaffäre gibt zwei weitere Durchsuchungen. Ein weiterer Audi-Mitarbeiter kommt in Untersuchungshaft.

    2. November 2017: Audi ruft weitere 5000 Diesel-Autos mit unzulässiger Abschalteinrichtung zurück.

    21. Januar 2018: Das Kraftfahrtbundesamt ordnet einen weiteren Zwangsrückruf an. Diesmal müssen 130 000 Audis zurück in die Werkstätten.

    6. Februar 2018: Die Staatsanwaltschaft München II durchsucht Geschäftsräume in der Audi-Zentrale in Ingolstadt und im Werk in Neckarsulm. Auch eine Privatwohnung wird durchsucht.

    8. Mai 2018: Audi stoppt die Auslieferung des A6 und A7. Bei einer Überprüfung hätte sich herausgestellt, dass eine falsche Software zur Abgasreinigung in den Wagen verbaut worden sei. Allerdings wäre dies aus Versehen geschehen und nicht zum Zweck der Manipulation, sagt der Ingolstädter Konzern.

    11. Juni 2018: Die Staatsanwaltschaft München II gibt bekannt, dass sie nun auch gegen Audi-Chef Rupert Stadler und den Beschaffungsvorstand Bernd Martens ermittelt.

    18. Juni 2018: Audi-Chef Rupert Stadler sitzt in Untersuchungshaft. Es bestehe Verdunklungsgefahr.

    Stadler hat einen Arbeitsvertrag mit VW bis 2019

    Rupert Stadler hat zwar eine Bestellung als Audi-Chef bis zum Jahr 2022. Sein Arbeitsvertrag aber ist mit dem VW-Konzern geschlossen. Und dieser läuft nur bis 2019. Zwar wollte das Unternehmen dies stets synchronisieren, doch die Ereignisse sind inzwischen über dieses Vorhaben hinweggerauscht.

    Üblich, sagen Fachleute, ist es bei einer Vertragsaufhebung, das restliche Gehalt bis zum Vertragsende auszuzahlen. Hinzu könnten Zuschläge kommen, da sich der betroffene Manager schwer tun dürfte, nach einem Skandal eine neue Anstellung zu finden. Dem ebenfalls über die Diesel-Affäre gestolperten frühere Porsche-Manager Wolfgang Hatz zum Beispiel billigte man zuerst eine Millionen-Abfindung zu. Überlegungen könnte man auch anstellen, ob eine Abfindung für Stadler nicht höher ausfallen müsste, sollte er später frei gesprochen werden. Solche Klauseln auszuarbeiten, ist eine Arbeit für Juristen – im Anschluss müsste der Aufsichtsrat dem Aufhebungsvertrag zustimmen. Dies ist am Freitag nicht geschehen. Billig ist eine Vertragsaufhebung jedenfalls sicher nicht. Auch wenn der Fall Stadler seit Wochen im Raum schwebt, will man sich damit die Zeit nehmen, das komplexe Problem zu lösen. Die Gespräche könnten am Dienstag fortgesetzt werden.

    Lässt BMW Markus Duesmann früher ziehen?  

    Ganz eilig hat man es anscheinend nicht: Mit Bram Schot hat Audi einen kommissarischen Vorstandschef gefunden. Und im Aktienrecht gebe es keine Klausel, die die Zeit eines kommissarischen Vorstandschefs begrenzen würden, heißt es aus Firmenkreisen.

    Zwar wird der frühere BMW-Einkaufschef Markus Duesmann als möglicher neuer Audi-Chef gehandelt. Die Übergangszeit wäre aber lang. BMW und VW hatten im Juli erklärt, dass Duesmann zum VW-Konzern geht. Dessen Vertrag mit

    Hans-Joachim Rothenpieler wird Audi-Technikchef

    Eine personelle Entscheidung fiel am Freitag aber doch: Audi-Technikchef Peter Mertens trat aus gesundheitlichen Gründen zurück. An seiner Stelle berief der Audi-Aufsichtsrat Hans-Joachim Rothenpieler zum 1. November zum Nachfolger. Er ist seit 1986 im VW-Konzern tätig und leitet seit 2016 das Qualitätsmanagement. (mit dpa)

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