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Audi-Chef: Rupert Stadler: Sein letztes Interview vor der Haft

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Rupert Stadler: Sein letztes Interview vor der Haft

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    Sitzt vorerst in Untersuchungshaft: Bei Audi-Chef Rupert Stadler besteht nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Verdunkelungsgefahr.
    Sitzt vorerst in Untersuchungshaft: Bei Audi-Chef Rupert Stadler besteht nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Verdunkelungsgefahr. Foto: Armin Weigel, dpa (Archiv)

    Ein trüber Donnerstag in Ingolstadt. Es hat geklappt. Audi-Chef Rupert Stadler und seine Presse-Experten empfangen unsere Redaktion zum Interview. An diesem 24. Mai wirkt der Manager zumindest nach außen hin gefasst, sogar aufgeräumt, ja locker wie eh und je. Der 55-Jährige ist ein kommunikativer Mensch, der schon immer offen mit Medienvertretern umging. Stadler will an diesem Tag reden. Da hat sich einiges in ihm aufgestaut.

    Stadler zeigte sich schlagfertig

    Das Gespräch sollte sein letztes Interview sein, ehe er am Montag verhaftet wurde. Im Gespräch zeigte sich der Oberbayer gewohnt schlagfertig. Die Eingangsfrage, warum er Kanzlerin Angela Merkel nicht auf ihrer China-Reise begleitet habe, konterte er launig mit der Feststellung: „Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess nimmt teil und ich kann ihnen deshalb in Ingolstadt dieses Interview geben.“

    Der Diesel-Skandal bei Audi - eine Chronologie

    18. September 2015: Die amerikanische Umweltbehörde EPA deckt auf, dass der VW-Konzern bei Dieselfahrzeugen die Ermittlungen der Abgaswerte manipuliert hat. Sie geben auf dem Prüfstand geschönte Werte aus. Auch der Audi A3 ist betroffen.

    2. November 2015: Der Skandal weitet sich aus. Die EPA findet heraus, dass auch bei anderen Dieselmodellen die Abgasreinigungsanlage manipuliert wurde. Unter anderem beim Audi A6 Quattro, A7 Quattro, A8, A8L und Q5. Nun ist auch die Rede davon, dass Porsche Abgaswerte schönrechnet. Denn die Porsche-Diesel-Motoren werden von Audi entwickelt.

    4. November 2015: Nach den neuen Vorwürfen der EPA stoppen VW, Porsche und Audi den Verkauf der betroffenen Autos in den USA.

    21. November 2015: Die EPA teilt mit, dass Vertreter des VW-Konzerns eingeräumt haben, bei sämtliche Diesel-Fahrzeuge der Marken VW und Audi mit 3,0-Liter-Motoren aus den Modelljahren 2009 bis 2016 Schummelsoftware eingebaut zu haben.

    23. November 2015: Audi räumt ein, zumindest in den USA in 3,0-Liter-Diesel-Autos Betrugssoftware eingebaut zu haben.

    4. Januar 2016: Die USA verklagen VW, Audi und Porsche wegen des Einsatzes von Betrugssoftware.

    6. November 2016: Es wird bekannt, dass wohl noch mehr Audi-Modelle mit einer Betrugssoftware ausgestattet worden sind. Diesmal soll der Autohersteller auch bei den CO2-Werten geschummelt haben.

    15. März 2017: Während der Jahrespressekonferenz von Audi durchsuchen mehr als 100 Polizisten die Audi-Zentrale in Ingolstadt, weitere Standorte und die Wohnungen von Mitarbeitern. Grund ist ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwalt München II gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung.

    1. Juni 2017: Das Verkehrsministerium findet heraus, dass Audi auch in Deutschland illegale Abschalteinrichtungen in Autos eingebaut hat. 24000 Fahrzeuge sind betroffen.

    2. Juni 2017: Die Staatsanwaltschaft München II weitet ihr Ermittlungsverfahren gegen Audi aus. Nun geht es auch um Fahrzeugverkäufe in Deutschland und Europa

    7. Juli 2017: Bei den Ermittlungen in der Diesel-Affäre wird zum ersten Mal in Deutschland ein Beschuldigter festgenommen. Dem Ex-Audi-Manager aus Neckarsulm werden Betrug und unlautere Werbung vorgeworfen.

    4. August 2017: Die Münchner Staatsanwaltschaft leitet im Zusammenhang mit der Diesel-Affäre ein Bußgeldverfahren gegen mehrere Audi-Vorstände ein. Wegen möglicher Verletzung von Aufsichtspflichten laufe ein solches Verfahren gegen noch unbekannte Vorstände des Autobauers, teilt die Behörde mit.

    28. September 2017: Im Zusammenhang mit der Abgasaffäre gibt zwei weitere Durchsuchungen. Ein weiterer Audi-Mitarbeiter kommt in Untersuchungshaft.

    2. November 2017: Audi ruft weitere 5000 Diesel-Autos mit unzulässiger Abschalteinrichtung zurück.

    21. Januar 2018: Das Kraftfahrtbundesamt ordnet einen weiteren Zwangsrückruf an. Diesmal müssen 130 000 Audis zurück in die Werkstätten.

    6. Februar 2018: Die Staatsanwaltschaft München II durchsucht Geschäftsräume in der Audi-Zentrale in Ingolstadt und im Werk in Neckarsulm. Auch eine Privatwohnung wird durchsucht.

    8. Mai 2018: Audi stoppt die Auslieferung des A6 und A7. Bei einer Überprüfung hätte sich herausgestellt, dass eine falsche Software zur Abgasreinigung in den Wagen verbaut worden sei. Allerdings wäre dies aus Versehen geschehen und nicht zum Zweck der Manipulation, sagt der Ingolstädter Konzern.

    11. Juni 2018: Die Staatsanwaltschaft München II gibt bekannt, dass sie nun auch gegen Audi-Chef Rupert Stadler und den Beschaffungsvorstand Bernd Martens ermittelt.

    18. Juni 2018: Audi-Chef Rupert Stadler sitzt in Untersuchungshaft. Es bestehe Verdunklungsgefahr.

    Es blieb natürlich nicht bei für Stadler angenehmeren Fragen, wie sich die Geschäfte in Asien entwickeln. Schnell ging es um die Diesel-Krise, die Stadler auch so nennt und sich nicht auf die lange im Volkswagen-Imperium vorherrschende Formulierung „Diesel-Thematik“ zurückzieht. Der Audi-Chef räumte dann etwas ein, was über Deutschland hinaus zur Nachricht werden sollte. Denn Stadler schloss weitere Rückrufe nicht aus: „Durch eine maximal lückenlose Aufklärung, wie wir sie betreiben, stoßen wir immer noch auf Auffälligkeiten, die wir unverzüglich den Behörden melden.“

    Stadler: "Die letzten zweieinhalb Jahre haben uns viel abverlangt"

    In dem Interview menschelte es auch. Stadler gewährte Einblicke in sein Gefühlsleben, was wiederum einen Nachrichtenwert hatte. So gestand der Auto-Mann: „Die letzten zweieinhalb Jahre haben uns viel abverlangt. Allen Audianern, aber auch meiner Familie und mir.“ Trotz schwerer Phasen sei er nicht der Typ, der die Flinte ins Korn werfe.

    Auch für launige Einlassungen über seine Zukunft zeigte sich Stadler offen. Darauf angesprochen, ob er die einst mit seiner Frau gemachte Fahrrad-Wallfahrt ins spanische Santiago de Compostela wiederholen wolle, wenn die Diesel-Krise vorbei sei, meinte er: „Dann gehe ich zu Fuß. Das habe ich mir vorgenommen. Meine Frau kommt mit.“ Auch dieser im Interview ausgesprochene Traum wurde zur Nachricht. Ob und wann sich der Wunsch erfüllt, ist offen. Stadler sagte jedenfalls: „Bei einer solchen Wallfahrt findet man innere Ruhe und wieder zu sich selbst.“

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