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Arbeitsmarkt: Ein Spanier in Oberbayern

Arbeitsmarkt

Ein Spanier in Oberbayern

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    „Wir finden keine Leute, weil die Autoindustrie die guten Kräfte wegfischt.“Roman Neuber, Elektroinstallateur-Meister
    „Wir finden keine Leute, weil die Autoindustrie die guten Kräfte wegfischt.“Roman Neuber, Elektroinstallateur-Meister Foto: Janina Funk

    Wenn Christian Bove Escuredo seinen Chef Roman Neuber nicht versteht, greift er zum Smartphone. Er gibt die deutschen Begriffe ein, deren Bedeutung er nicht kennt, und lässt sie ins Spanische übersetzen. „Das ist mein Wörterbuch“, sagt der 29-jährige Spanier – auf Deutsch. Elektromeister Neuber schätzt seinen neuen Mitarbeiter, der inzwischen nur noch selten auf das Übersetzungsprogramm angewiesen ist. „Er versteht unglaublich viel“, lobt der Chef und nickt beeindruckt – denn Bove Escuredo ist erst seit kurzem in Deutschland.

    Seinen Optimismus hat der Spanier nicht verloren

    Bove Escuredo, hochgewachsen, braun gebrannt, rotes T-Shirt mit Aufdruck seines Arbeitgebers, fühlt sich wohl im oberbayerischen Wolnzach. Der Spanier hatte zuvor in Barcelona gelebt und dort neun Jahre lang als Elektriker gearbeitet. Dann kam die Krise. Ein Jahr lang war er arbeitslos. Die Arbeitslosenquote in Spanien liegt bei rund 25 Prozent. Mehr als jeder zweite Jugendliche hat keinen Job.

    An der Situation in seinem Heimatland seien die Banken schuld, betont Bove Escuredo. Doch seinen Optimismus, so scheint es, hat der Spanier nicht verloren. „Für mich sehe ich das nicht so dramatisch. Es ist jetzt eine Chance, neu anzufangen und eine neue Sprache zu lernen“, sagt er – auf Spanisch. Zum Gespräch hat Bove Escuredo seine Dolmetscherin mitgebracht, die seine Deutschlehrerin ist. Marja Liisa Reiff, gebürtige Finnin, lebt seit über 40 Jahren in Deutschland. Bove Escuredo besucht ihren Deutschkurs zweimal pro Woche nach Feierabend. Jeweils eineinhalb Stunden. Lehrerin Reiff beschreibt den 29-Jährigen als einen sehr fleißigen Schüler.

    Gemeinsam mit seinem Landsmann José Manuel Marmol kam Christian Bove Escuredo Anfang Juli nach Deutschland. Nach Arbeitslosigkeit im Heimatland fanden die beiden bei Elektro Neuber in Wolnzach eine neue Perspektive. Das Unternehmen hatte gezielt nach Fachkräften aus Spanien gesucht. „Wir sind auf die Ausländer angewiesen“, sagt Chef Roman Neuber.

    Großer Fachkräftemangel zwischen Ingolstadt und München

    Zwei Stellen hatte der Elektromeister in Spanien ausgeschrieben, mithilfe der Heizungsbaufirma Schäch, einem Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitern, das seinen Sitz ebenfalls in Wolnzach hat. Geschäftsführer Uwe Holzvoigt hat früher selbst in Spanien gearbeitet und verfügt über gute Kontakte nach Barcelona.

    Neuber, ein Mittvierziger mit Karohemd und Jeans, will nicht schlecht über die Autoindustrie reden. „Wir profitieren ja auch, durch verschiedene Projekte oder Aufträge“, sagt Neuber und ergänzt: „Auf der anderen Seite nimmt die Autoindustrie uns die qualifizierten Kräfte weg.“ Wer aus der Region kommt, jung ist und einen guten Schulabschluss hat, gehe zu Audi nach Ingolstadt. „Mit 14 Monatsgehältern, 35-Stunden-Woche und Firmenwagen können wir Mittelständler nicht mithalten.“ Profiteure des Fachkräftemangels sind Bove Escuredo und seine Landsmänner. In Deutschland haben die Spanier die Chance auf einen Neuanfang. Mit ihren spanischen Mitarbeitern sind Neuber und Holzvoigt zufrieden. Die Einstellung der Männer stimme. Dass Wolnzach mit rund 11000 Einwohnern relativ klein ist, stört Bove Escuredo nicht. Zwar hat er lange in Barcelona gelebt, doch ursprünglich stammt er aus einem kleinen Ort in Kastilien. Nur das Meer, so sagt er, fehle ihm. „Und natürlich meine Familie und meine Freundin.“ Die Freundin will jetzt auch nach Deutschland kommen.

    In Barcelona hielt Bove Escuredo sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. „Die Krise ist schuld an der Arbeitslosigkeit in Spanien“, sagt er. „Spanien wird ein großes Problem bekommen, wenn die ganzen guten Fachkräfte das Land verlassen.“

    In Wolnzach könnten bald noch mehr Fachkräfte aus Spanien Arbeit finden. Elektromeister Neuber hat inzwischen zahlreiche Anfragen von anderen Unternehmern bekommen. „Hier gibt es ungefähr 30 Firmen, die auch einen Spanier einstellen wollen.“ Neuber lächelt. „Die wollen beobachten, wie das bei uns funktioniert und dann nachziehen.“

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