Während es eingefleischte Apple-Fans kaum erwarten können, das neue iPhone 6 in den Händen zu halten, ärgern sich andere über ihre alten Geräte. Sie kommen ihnen seit Wochen langsamer vor. Das könnte Absicht sein, vermutet die Harvard-Studentin Laura Trucco. In einer Studie hat sie festgestellt, dass das Begriffspaar "iphone slow" (Deutsch: iPhone langsam") bei Google und anderen Suchmaschinen auffallend oft verwendet wurde, sobald ein neues iPhone auf den Markt kam.
Daraus schließt die Doktorandin, dass Apple seine Handys absichtlich langsamer macht, um neue Modelle besser zu verkaufen. Truccos Doktorvater Sendhil Mullainthan bekräftigt diesen Rückschluss in einem Artikel der New York Times: "Würden nicht viele Unternehmen ihre alten Produkte gerne schwächer machen, immer dann, wenn sie ein neues herausbringen?"
"Das hat Apple gar nicht nötig"
Wirtschaftsinformatiker Key Pousttchi von der Universität Augsburg sagt, dass es für Apple möglich wäre, die älteren iPhone-Modelle absichtlich zu schwächen. Sie könnten zum Beispiel Updates für die Systemsoftware so groß machen, dass sie wesentlich mehr Ressourcen benötigen und das Handy somit langsamer wird. "Das hat Apple aber gar nicht nötig", betont der Branchen-Experte. Er glaubt nicht an die Theorie der Harvard-Studentin. "Apple kämpft zwar in vielerlei Hinsicht mit harten Bandagen, aber das halte ich nicht für real", sagt er.
Dass ältere iPhones langsamer werden, könne zwei einfache Gründe haben. Zum einen sei es schwierig ein iPhone vollkommen neu zu starten, was die Betriebsgeschwindigkeit verbessern würde. Denn bei den Apple-Handys könne man nicht einmal den Akku herausnehmen. Zum anderen würden meist zahlreiche Apps gleichzeitig im Hintergrund laufen, die das Smartphone auf Dauer langsamer machen.
Wirtschaftsinformatiker: "Der Mensch will immer das Neueste haben"
Neben den objektiven Gründen, ist Pousttchi zufolge die subjektive Wahrnehmung der Nutzer nicht zu unterschätzen. "Der Mensch will immer das Neueste haben", sagt der Wirtschaftsinformatiker. Deshalb komme einem ein altes Gerät langsamer vor, sobald es ein schnelleres gebe. Hinzu komme, dass alle App-Entwickler für den Erscheinungstag eines iPhones gleichzeitig neue Versionen ihrer Apps herausbringen. Diese bräuchten meist mehr Speicherplatz und längere Rechenzeiten. Was für das neue Gerät kein Problem sei, überfordere die älteren Modelle schnell.
In ihrer Studie untersucht die Doktorandin Trucco auch, ob bei Samsung-Produkten ein ähnliches Phänomen auftritt. Sie stellt fest, dass vor der Markt-Einführung eines neuen Samsung Galaxys die Suchen im Internet nach "samsung galaxy slow" nicht mehr geworden sind. Dieser Vergleich hinkt, findet Pousttchi von der Uni Augsburg. Denn Smartphones wie das Samsung Galaxy, die das Betriebssystem Android verwenden, brächten ihre neuen Modelle nicht alle gleichzeitig heraus. "Daher ist das Empfinden bei den Nutzern, ein veraltetes Gerät zu haben, nicht so groß wie beim iPhone."