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Angriff: Kuka, SGL & Co.: Die Chinesen kommen

Angriff

Kuka, SGL & Co.: Die Chinesen kommen

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    Der Roboterbauer Kuka wird von Chinesen umworben.
    Der Roboterbauer Kuka wird von Chinesen umworben. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Es geht die Angst um unter deutschen Aktionären. Vielen ist es nicht mehr geheuer, dass immer mehr heimische Hightech-Firmen ins Visier chinesischer Investoren geraten, deren Übernahme-Taschen prall gefüllt sind. Es geht Schlag auf Schlag: Nach der spektakulären und erfolgreichen Attacke auf den italienischen Reifen-Produzenten Pirelli geht der chinesische Chemie-Riese Chemchina seit langem auf ausgedehnte Einkaufstour in Deutschland, wobei es dem konsumfreudigen Staatsunternehmen zuletzt vor allem Bayern angetan hat.

    KraussMaffei haben sie sich schon geschnappt

    Im Freistaat hat sich der Riese mit gut 140000 Beschäftigten zunächst für 925 Millionen Euro KraussMaffei, den in München sitzenden Hersteller von Maschinen für die Produktion und Verarbeitung von Kunststoff und Gummi, einverleibt. Das Unternehmen ist unabhängig von der gleichnamigen Panzerschmiede. KraussMaffei sieht sich mit 4500 Mitarbeitern als weltweit technologisch führend an.

    Mit dem großen München-Deal scheint sich Chemchina nicht zufriedenzugeben. Am Freitag hieß es immer vernehmbarer, der chinesische Investor habe auch Appetit auf den angeschlagenen deutschen Kohlenstoff-Spezialisten SGL Group. Die Zentrale des Konzerns sitzt zwar in Wiesbaden, der wichtigste deutsche Standort mit rund 1400 Mitarbeitern liegt aber in Meitingen im Landkreis Augsburg.

    Müssen also auch diese Beschäftigten neben den etwa 3500 Frauen und Männern, die in Augsburg für Kuka arbeiten, vor dem Einstieg der Chinesen zittern? Noch ist es lange nicht so weit. Denn nach Informationen unserer Zeitung sprechen die SGL-Verantwortlichen derzeit mit mehreren Kandidaten, darunter Investoren aus der Industrie und dem Finanzbereich. Das Unternehmen macht keine Angaben dazu, ob sich auch Chemchina darunter befindet.

    Die Spekulationen hat SGL selbst angeheizt. Denn bis Mitte dieses Jahres will der Konzern die Graphitelektroden-Sparte ausgliedern, um sie dann als eigenständige Firma zu führen oder zu verkaufen. Der Grund für die Aktion liegt ausgerechnet in China. Dort gibt es in der Stahlindustrie deutliche Überkapazitäten. Das hat die Preise in den Keller fallen lassen, was SGL große Probleme bereitet.

    Wie geht es mit SGL weiter?

    Denn das Unternehmen liefert Graphitelektroden, die wie ein langer, schwarzer Stab aussehen und notwendig sind, um Stahlschrott zu schmelzen. Die Gleichung ist einfach: billiger Stahl, billigere Elektroden. Die Verbindungsteile, also die Nippel der Elektroden, werden in Meitingen hergestellt. In dem Bereich arbeiten rund 200 der insgesamt 1400 Mitarbeiter des Standorts. Hier sei aber an keinen weiteren Arbeitsplatzabbau gedacht, sagte ein Sprecher des Unternehmens am Freitag unserer Zeitung.

    Und in Branchenkreisen heißt es, wohl erst im zweiten Halbjahr werde klar sein, wie es mit dem kriselnden SGL-Bereich weitergeht. Wer auch immer einsteigt, braucht den Segen der Großaktionäre. Angeführt werden sie von der Beteiligungsgesellschaft SKion der BMW-Hauptanteilseignerin Susanne Klatten, die 27,46 Prozent an SGL hält, während die BMW AG selbst mit 18,44 Prozent an Bord ist. Selbst Volkswagen hat sich 9,88 Prozent gesichert. Das für Klatten und die Manager der beiden Autobauer interessanteste SGL-Geschäft ist die Verarbeitung leichter und dennoch steifer Kohlenfaserverbund-Werkstoffe, wie sie beim BMW Elektro-Auto i3 zum Einsatz kommen.

    Bei einem Komplettverkauf von SGL würde auch die deutsche Faserverbund-Technologie in die Hände der Chinesen fallen. Experten glauben deshalb, es bleibt bei einer Veräußerung des Graphitelektrodengeschäfts.

    Während die Gerüchte um SGL auch in der Region kursieren, haben die Kuka-Aktionäre am Freitag bei der Hauptversammlung in Augsburg den Vorständen ihre Meinung zum geplanten Einstieg der Chinesen gesagt. Der Midea-Konzern, ein Haushaltsgeräte-Produzent mit gut 100.000 Mitarbeitern, will über 30 Prozent des Unternehmens erwerben und den Anteilseignern 115 Euro je Aktie zahlen. Doch noch ist das Angebot vorläufig. Kuka-Chef Till Reuter sagte, es werde einige Wochen dauern, bis die endgültige Offerte vorliegt. Einstweilen prüfe der Vorstand den Midea-Vorschlag „ergebnisoffen“. Die Kleinaktionäre können also erst mal abwarten. Lesen Sie dazu auch: "Das sagt der chinesische Investor zu seinen Kuka-Plänen"

    Ein Aktionärssprecher sorgt sich um den Standort Deutschland

    Die Kuka-Aktie verlor am Freitag nur leicht auf 107,65 Euro, während das SGL-Papier kräftig auf 13,42 Euro zulegte. Die China-Fantasie macht Anlegern Freude, aber auch Angst. Im Namen der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sagte Prof. Roland Klose zum vermehrten Einstieg chinesischer Investoren: „Ich hoffe, dass sich das nicht zu einer Katastrophe für den Standort Deutschland auswächst.“ Die Mitarbeiter und die Kunden in Deutschland seien besorgt.

    Klose hat Angst vor einem technologischen Ausverkauf des Landes: „Ich glaube nicht, dass der chinesische Geheimdienst schlechter ist als der amerikanische.“ Der Experte erntete reichlich Applaus der Aktionäre, auch für seinen Wunsch, die Bundesregierung möge auf die Attacken der Asiaten, die so in den USA nicht hingenommen würden, reagieren. Klose ist jedenfalls sichtlich verunsichert. Wie andere auch fragt er sich in der Sache: „Wo bleibt eigentlich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel?“

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