Die Stimmung unter den Managern ist gut, als am Donnerstagabend die Deutsch-Amerikanische Handelskammer in New York das Ergebnis des „German American Business Outlook“ präsentiert. Präsident Bidens Regierungsmaschinerie kommt unter Dampf und das Ergebnis der Umfrage ergibt: 92 Prozent der befragten deutschen Unternehmen in den USA blicken optimistisch in die Zukunft und rechnen 2021 mit einem Wachstum ihres US-Geschäfts. Das ist nur geringfügig weniger zuversichtlich als vor einem Jahr (96 Prozent). Offenbar haben auch das letzte Jahr der Trump-Präsidentschaft, Handelskriege und die in den USA besonders heftig wütende Pandemie das Vertrauen der 166 befragten US-Töchter deutscher Konzerne nicht groß erschüttern können.
Die USA sind Bayerns Exportmarkt Nr. 1
Die Vereinigten Staaten sind der drittwichtigste Handelspartner Deutschlands und Bayerns Exportmarkt Nr. 1. Doch trotz berechtigtem Optimismus und der neuen Verlässlichkeit, die ins Weiße Haus eingezogen ist, gibt es schon noch offene Fragen. Die für die Wirtschaft nun maßgeblichen Personen sind zwar keine Fremden. Finanzministerin Janet Yellen, Handelsbeauftragte Katherine Tai oder etwa Bidens ökonomischer Chefberater Brian Deese sind aus der Obama-Administration noch bekannt. Aber wie werden sie die US-Wirtschaftspolitik ausrichten und was bedeutet das für Europa und Deutschland?
Biden hat mit dem Slogan „Buy American“ Wahlkampf gemacht. Er ist sicher Multilateralist, aber er muss trotzdem und zuerst schauen, dass der Laden zu Hause, ein tief gespaltenes, von Corona versehrtes Land, läuft. Dafür will er zunächst ein 1,9 Billionen Dollar schweres Konjunkturpaket durch den Kongress bringen. Die Pandemiefolgen sollen gelindert werden, die Arbeitslosenzahlen runter. Eine gewaltige Aufgabe im Innern. Damit wieder Geld reinkommt, sollen Unternehmen und Besserverdiener künftig eine größere Steuerlast tragen, wie aus einem Papier der DZ Bank zur Biden-Agenda hervorgeht.
DZ-Bank-Analyst Alexander Buhrow: USA und EU werden sich politisch wieder annähern
Alexander Buhrow ist Konjunktur-Analyst und Autor der Studie. Biden, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion, werde die heimische Wirtschaft stärken, dafür würden US-Unternehmen bei Staatsaufträgen bevorzugt werden. Das aber sei nur ein „kleiner Baustein“ seiner Agenda. Hinzu kämen wohl milliardenschwere Infrastrukturinvestitionen und Forschungsausgaben. Insgesamt seien das gute Aussichten für die US-Wirtschaft. Was aber haben die Handelspartner, was hat Deutschlands Wirtschaft zu erwarten? Ausländische Firmen, analysiert Buhrow, würden es in Zukunft schwerer haben, Regierungsaufträge in den USA zu ergattern. Die europäische und vor allem die deutsche Exportwirtschaft setze aber wohl vor allem auf eine Verbesserung der Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU. „Die Unternehmen in Europa“, erklärt Buhrow, „wollen von einer starken US-Konjunktur profitieren.“ Er rechnet damit, dass sich die Vereinigten Staaten und die EU politisch wieder annähern. In Fragen der Handelspolitik liege es aber bei der neuen US-Regierung, den ersten Schritt zu machen. Bei den Zöllen bleibe es erst einmal wohl beim Status quo. „Das bedeutet aber auch: Neue Strafzölle, etwa auf Autos, sind vom Tisch.“
IfW-Präsident Felbermayr hofft auf eine Aufhebung der US-Zölle
Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), hofft, dass die Zölle wieder aufgehoben werden. Unserer Redaktion sagte er: „Das sollte eine der Prioritäten der EU-Handelspolitik im Kontakt mit der neuen US-Regierung sein.“ Auch den Amerikanern schaden die Ausgleichszölle wegen der Airbus-Boeing-Subventionen. Es gebe für beide Seiten Anreize, diese Zölle wieder abzubauen.
Anfang Januar erst hatte dieser Streit um Subventionen für die Luftfahrtindustrie – die EU für Airbus, die USA für Boeing – neues Feuer bekommen. Die Trump-Regierung hatte Strafzölle auf Flugzeugteile, aber auch auf Weine aus Frankreich und Deutschland angekündigt und dann erhoben. Es gibt weitere Konfliktfelder. Nur zwei Beispiele: Die EU will den US-Tech-Giganten neue Regeln verpassen. Und der Streit um die deutsch-russische Ostsee-Pipeline ist längst nicht ausgestanden.
Zentral wird das Verhältnis der USA zu China bleiben
Fragt man Felbermayr, was Deutschlands Wirtschaft von „Buy American“ und der Biden-Administration zu erwarten hat, sagt der Wirtschaftswissenschaftler: „In einer solchen Situation sind jene Firmen im Vorteil, die in Werken vor Ort produzieren, wie etwa BMW oder Mercedes. Der ohnehin schon sichtbare Trend zur Vor-Ort-Produktion aus den vergangenen Jahren wird damit gestärkt. Für die Firmen und ihre Aktionäre ist das kein Problem, für die deutsche oder europäische Volkswirtschaft aber schon: Arbeitsplätze und Wertschöpfung ziehen weg.“
Zentral wird wirtschaftlich allerdings für die USA, wie auch für die EU und Deutschland, das Verhältnis zu China bleiben, das die Pandemie sehr gut bewältigt hat. Dass EU und China sich, kurz bevor die Biden-Administration ins Amt kam, auf ein – viel kritisiertes – Investitionsabkommen verständigten, könnte noch für Probleme sorgen. Die neue US-Regierung ist verärgert und im EU-Parlament stehen sich zwei Richtungen gegenüber: Die einen befürworten eine solche Vereinbarung, um China entweder dazu zu zwingen, seine Versprechen wider Erwarten zu halten oder aber sich selbst als unseriösen Verhandlungspartner zu entlarven. Auf der anderen Seite stehen die, die in dem Vertrag fast so etwas wie eine Abkehr von den USA sehen und deshalb grundsätzlich eine Annäherung an Peking ablehnen – egal in welcher vertraglichen Form.
IfW-Präsident Felbermayr: "Die EU muss eine eigenständige Außenwirtschaftspolitik betreiben."
Hätte man nicht besser auf Biden gewartet? Auch Felbermayr sagt zum Abkommen: „Menschenrechts- und Umweltfragen sind ein Problem.“ Aber die EU habe Mittel, diese zu adressieren. Es sei richtig gewesen, das Abkommen abzuschließen, denn: „Die EU muss eine eigenständige Außenwirtschaftspolitik betreiben. Die Interessen von Amerikanern und Europäern und die wirtschaftliche Ausgangslage sind nicht deckungsgleich.“ Ob und wann es zu einer gemeinsam abgestimmten Position mit den Amerikanern gekommen wäre, sei „völlig unklar“. Dennoch aber spreche nichts dagegen, „dass die EU und die USA künftig gemeinsame Positionen in bestimmten Themenfeldern erarbeiten, die die Zusammenarbeit mit China betreffen“.
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