Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zeigt sich am Montagmorgen nicht kleinlich. Zwei Komfort-Reisebusse fahren vor dem Amazon-Logistikzentrum in Graben (Landkreis Augsburg) vor. Damit sind schon mal Künstler auf Deutschland-Tournee oder die Begleiter von Staatsgästen in Berlin auf Besichtigungstour. Doch in Graben dienen die VIP-Liner als Streiklokal. Denn der Busunternehmer aus Bobingen, bei dem sie gechartert wurden, gilt bei
Mitarbeiter klagen über zu kurze Pausen und schlechte Arbeitsbedingungen
Die Streikposten vor dem Werkstor von Amazon sprechen in der Tat viel von Arbeitsbedingungen und vom Umgangston der Manager. Vor allem klagen sie über die Pausenregelung. Nur 35 Minuten pro Schicht seien erlaubt, doch davon gingen im Durchschnitt etwa zehn Minuten weg für lange Wege zur Kantine und zurück. So gebe es selbst in der Pause nur Hetze. An den Streiktagen gestern und heute werden sie hingegen umsorgt.
Nur 150 der 2200 Beschäftigten streiken
Weil die VIP-Busse inzwischen in praller Sonne stehen, gibt es Getränke und Brotzeit unter großen Pavillonzelten, Musik kommt aus einem Lautsprecher. Die Zeit für Kampfesreden ist da um 9 Uhr schon vorbei. Nach 5 Uhr morgens hatten sich rund 150 der 2200 Beschäftigten in Graben in die Streiklisten eingetragen und die Forderungen der Gewerkschaftsvertreter mit Trillerpfeifen und Beifall untermauert.
Verdi verlangt eine Bezahlung, sie sich am Versandhandel orientiert
Verdi geht es um einen Tarifvertrag, der sich nicht an der Logistik-Branche, sondern am Versandhandel orientiert. Für die Beschäftigten geht es einfach um rund zwei bis drei Euro pro Stunde mehr. Verdi-Sprecher Thomas Gürlebeck deutet auf einen der DHL-Transporter, die ständig von und nach Graben pendeln: „Das sind Logistiker. Die transportieren Waren. Aber keiner würde auf die Idee kommen, bei
Amazon-Lieferungen sind kaum beeinträchtigt
Das sieht Amazon anders, verweist auf Stundenlöhne, die mit 10,40 bis 12,32 Euro für befristete Jobs relativ hoch seien. Der Konzern sieht seine Auslieferungen durch die Streiks in Leipzig, Bad Hersfeld und Graben kaum beeinträchtigt. Doch mit jedem Schichtbeginn meldeten sich gestern neue Streikende vor dem Werkstor. Das werde auch am heutigen Dienstag so sein, ist sich ihre Gewerkschaft sicher. In Graben kam es am Montagmorgen erst zum zweiten Mal zu einem Streikaufruf, künftig werde das notfalls regelmäßiger stattfinden, sagte Verdi-Sprecher Gürlebeck: „Die Kollegen sind entschlossen.“