Sebastian Kunzendorf ist empört. Der Betriebsratsvorsitzende des Augsburger Premium-Aerotec-Werkes reagiert am Mittwochabend mit heftiger Kritik auf die Pläne des Mutter-Konzern Airbus, das Werk mit noch gut 2800 Mitarbeitern in zwei Teile aufzuspalten. Über entsprechende Überlegungen des Unternehmens hatte unsere Redaktion vorab berichtet. Der Arbeitnehmervertreter sagte: „Das ist ein deutlicher Tritt gegen das Schienbein eines jeden Augsburger Flugzeugbauers.“ Eine mögliche Zerschlagung des Standortes und damit auch des Airbus-Zulieferers Premium Aerotec sei immer das Worst-Case-Szenario, also die schlimmstmögliche Entwicklung gewesen. Kunzendorf will zunächst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Werkes informieren: „Das gehört sich und wir werden dann gemeinsam für unseren Standort und die Arbeitsplätze kämpfen.“
Wie berichtet, musste das Werk zuletzt ohnehin bluten, wurden doch nach Berechnungen des Betriebsrates etwa 500 Arbeitsplätze, wenn auch auf freiwilliger Basis etwa gegen Abfindungen bis zu 350.000 Euro gestrichen. Nach den Plänen des europäischen Luftfahrtkonzerns wird künftig in Deutschland wie in Frankreich ein Unternehmen geschaffen, das sich jeweils auf den Bau von Strukturbauteilen, also etwa großen Rumpfsegmenten konzentriert. Noch stehe nicht fest, wie die neue Gesellschaft heißen soll, sagte André Walter, Vorsitzender der Geschäftsführung von Airbus Commercial in Deutschland. Auf alle Fälle werde „Airbus“ in der neuen Bezeichnung vorkommen.
Premium Aerotec: Zweite Firma soll sich um Einzelteile kümmern
Eine zweite Firma, die ausgelagert wird, soll sich nach den Vorstellungen von Airbus auf die Produktion von Einzelteilen, also meist kleineren Baugruppen, konzentrieren. Gerade dieser Bereich steht unter hohem Margendruck. Die Sparte soll auch anderen Kunden außerhalb der Airbus-Welt Angebote machen.
Wie das neu geschaffene Einzelteile-Unternehmen heißt, ist ebenso noch offen. Doch es wird schon kräftig spekuliert, dass der „Einzelteile-Champion“ nach der Auslagerung einmal verkauft werden könnte. Der österreichische Investor Michael Tojner lässt bereits länger keine Gelegenheit aus, sich hier – auch gegenüber der Politik – ins Spiel zu bringen. Noch stoße er aber auf heftigen Widerstand, heißt es in Airbus-Kreisen. Die Arbeitnehmerseite wird sich gegen einen solchen Verkauf mit allen Mitteln wehren und Druck auf die Politik aufbauen.
Der Staat ist an Airbus und damit auch Premium Aerotec beteiligt
Der deutsche Staat ist indirekt an Airbus und damit auch an der in Augsburg sitzenden Tochter Premium Aerotec beteiligt. Gerade im Jahr der Bundestagswahl könne, so hoffen Beschäftigte, wohl ein Abstoßen der Einzelteilefertigung verhindert werden. Ohnehin müssen die Airbus-Verantwortlichen zunächst ihre Pläne auch in den nun anstehenden Gesprächen mit den bei dem Luftfahrt-Unternehmen traditionell starken Betriebsräten durchsetzen. Noch beteuern die Airbus-Manager, die Aufspaltung in zwei Unternehmen solle keine Auswirkungen auf die Arbeitsplätze haben.
Für den Augsburger Standort kündigen sich komplizierte Verhandlungen an, schließlich besteht er aus vier Einzelwerken. Im ersten Teil werden große Bauteile für den Langstrecken-Jet A350 hergestellt, im zweiten arbeiten Beschäftigte vor allem für das militärische Transportflugzeug A400M, im dritten sind Spezialisten für den Bau des Eurofighter-Rumpfmittelteils verantwortlich. Die bei weiten meisten Frauen und Männer gehören allerdings dem Werk IV an, in dem Einzelteile, aber auch das Rumpfende für die A320- und A340-Familie entstehen. Der Standort ist, wie Airbus-Manager Walter sagt, „nicht ganz sortenrein“. Wenn sich die Führung des Konzerns durchsetzt, ist die Gefahr groß, dass sich viele Mitarbeiter in dem Einzelteile-Unternehmen wiederfinden und zittern müssen, dass sie im Gegensatz zu künftigen Airbus-Beschäftigten an ein anderes Unternehmen verkauft werden. Das wäre dann aus Sicht der Betriebsräte ein weiterer Tritt vors Schienbein der Flugzeugbauer.
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