In der Krise wird das Wort zum Zauberwort. Manche sehnen sich danach, manche rühmen sich, die Fähigkeit zu besitzen. Resilienz, also im ursprünglichen Sinn psychische Widerstandskraft, eben die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen, verleiht Menschen Kraft in Ausnahmesituationen. Manager haben den Begriff für sich zurechtgebogen. In ihrer Welt geht es um die Fähigkeit von Schlüssel-Mitarbeitern, sich an neue Herausforderungen rasch anzupassen.
Airbus-Chef Guillaume Faury sagt deshalb am Donnerstag bei der Vorlage der in der Luftfahrtwelt mit Spannung erwarteten Bilanz des deutsch-französisch-spanischen Konzerns: „Die Ergebnisse des Jahres 2020 zeigen die Resilienz von Airbus in der heftigsten Krise der Luftfahrt-Industrie. Ich bin stolz auf unsere Mitarbeiter.“ Es wurde erwartet, dass die Airbus-Kennziffern für das vergangene Corona-Jahr deutlich negativ ausfallen. Hier ist besonders der Auftragseingang interessant, also der Wert der Bestellungen, die trotz der verheerenden Lage der Airlines aufgelaufen sind.
Flugzeugbauer Airbus hat noch ein pralles Auftragsbuch
Demnach konnte Airbus immerhin noch 268 Orders für zivile Flugzeuge verbuchen, im Jahr zuvor waren es aber 768. Aber immerhin: Der Flugzeughersteller hat mehr Bestellungen als Stornierungen verbucht. Dabei ist das Auftragsbuch weiter mit 7184 Fliegern gegenüber 7482 im Vorjahr prall gefüllt. Vor dem Corona-Ausbruch haben sich die Airlines mit Bestellungen überboten. Die Branche und damit die Reiselust der Menschen schien – Klimadebatte hin oder her – keine Grenzen zu kennen. Das eherne Gesetz lautete: Der Luftverkehr legt jährlich mit vier bis fünf Prozent zu. Doch der Glaube an das ewige Wachstum hat sich mit dem Virus erst einmal zerschlagen. Airbus kann damit das immer noch reichlich gefüllte Orderbuch nicht in den Bau von immer mehr Flugzeugen umsetzen. Airlines wollen bestellte Maschinen vielfach vorerst nicht abnehmen.
Die Bremsspur auf der Landepiste führt zu deutlichen Streifen in der Bilanz: Der Auftragseingang begab sich von 81,2 Milliarden auf 33,3 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf Tiefflug. Der Umsatz schmolz daher von 70,5 auf 49,9 Milliarden Euro ab. Am Ende stehen rote Zahlen, was bei einer solchen Vollbremsung nicht verwundert: Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) sackte von rund 1,3 Milliarden auf minus 510 Millionen Euro ab. Am Ende steht ein Jahresfehlbetrag von 1,1 Milliarden Euro. Angesichts des massiven Marktrückgangs hätte es weit schlimmer kommen können, wie der brutale Einbruch von Boeing zeigt. Unter dem Strich stand beim US-Konkurrenten ein Minus von umgerechnet 9,8 Milliarden Euro – ein Debakel.
Airbus-Tochter: In Augsburg fallen Jobs weg bei Premium Aerotec weg
Airbus baut nun massiv Arbeitsplätze ab. Die Zahl der Beschäftigten ging zuletzt um drei Prozent auf 131.349 Frauen und Männer zurück. Faury will alles daransetzen, trotz der bescheidenen Marktlage möglichst viele Mitarbeiter an Bord zu halten, im Bewusstsein, dass die Geschäfte wohl irgendwann zwischen 2023 und 2025 wieder deutlich besser laufen und er dann dringend ausreichend Fachkräfte braucht. Dennoch sieht sich der Franzose gezwungen, tausende Jobs zu streichen, wobei er hofft, dies sei auf freiwilliger Basis möglich. Mitarbeitern werden wie bei der besonders betroffenen Augsburger Airbus-Tochter Premium Aerotec Altersteilzeit-Regelungen oder Abfindungen angeboten. Wenn die Betroffenen zustimmen, können sie vorzeitig ausscheiden. Nach Informationen unserer Redaktion ist die Nachfrage nach den Angeboten der Arbeitgeberseite bislang hoch.
Zudem lockt der Konzern Beschäftigte mit Turbo-Prämien, damit sie das Unternehmen möglichst rasch verlassen. Bis spätestens Sommer 2021, so hatte es Airbus einmal mitgeteilt, sollen so etwa 15.000 Jobs gestrichen werden. Dabei trifft es Deutschland mit einem Abbau von 6000 Stellen nach Lesart der Gewerkschaft IG Metall am härtesten. Die Beschäftigten von Premium Aerotec sind besonders betroffen. Nach dem Sozialplan gilt zunächst das Prinzip der Freiwilligkeit – und zwar bis Ende März 2021. Solange werden „keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen“, hat Airbus den Mitarbeitern zugesagt.
Gehen bis dahin ausreichend Beschäftigte von Bord, kommt der Konzern ohne Entlassungen aus. Die Lage des Unternehmens stellt sich auch dank eines dicken Gewinns im vierten Quartal 2020 nicht mehr derart dramatisch dar, wie zu Beginn der Corona-Krise, als der Konzern-Chef in einem Brandbrief geschrieben hatte: „Wenn wir jetzt nicht agieren, ist das Überleben von Airbus fraglich.“
Airbus Helicopters: Job-Lage in Donauwörth ist noch stabil
Dass der Flugzeugbauer in der Krise Resilienz entwickelt, liegt auch an der breiten Aufstellung des Luftfahrt-Konzerns. Faury rühmt „die starke Unterstützung des Hubschrauber- und Verteidigungsgeschäfts“. Airbus Helicopters war 2020 eine Stütze für den Konzern: Das Unternehmen verbuchte Aufträge für immerhin 268 Hubschrauber, auch wenn es 2019 noch 310 waren. Dem Unternehmen mit dem größten deutschen Standort in Donauwörth kommt zugute, dass Aufträge für Militärhubschrauber oder Rettungs- wie Polizeihelikopter auch in Corona-Zeiten Bestand haben. So sei die Zahl der Beschäftigten in Donauwörth mit rund 6500 stabil, sagt ein Unternehmenssprecher.
Die Manager von Airbus Helicopters befürchten indes, die Auswirkungen der Krise könnten verspätet bei dem Hubschrauberbauer ankommen. Deshalb hatte der Deutschland-Chef des Unternehmens, Wolfgang Schoder, gefordert, dass staatliche Auftraggeber anvisierte Aufträge etwa für Polizei- oder militärische Hubschrauber vorziehen, um zu verhindern, dass die Helikoptersparte als resilienter Airbus-Pfeiler geschwächt wird und doch Jobs auf dem Spiel stehen.
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