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Airbus: Kostet ein Rüstungsprojekt Stellen in Manching?

Airbus

Kostet ein Rüstungsprojekt Stellen in Manching?

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    Bei einer Videokonferenz haben Frankreichs Staatschef Macron und Kanzlerin Angela Merkel auch über das Rüstungsprojekt FCAS gesprochen.
    Bei einer Videokonferenz haben Frankreichs Staatschef Macron und Kanzlerin Angela Merkel auch über das Rüstungsprojekt FCAS gesprochen. Foto: John Macdougall, dpa

    Hinter dem sperrigen Kürzel FCAS verbirgt sich das größte Rüstungsprojekt der nächsten Jahrzehnte in Europa mit einem Volumen von 300 Milliarden Euro. Eigentlich sind Deutschland, Frankreich und Spanien hier gleichberechtigte Partner, sodass der Verteidigungsindustrie der Länder je 100 Milliarden Euro zufließen sollten, was allein in Deutschland tausende Arbeitsplätze in der Branche sichert, ob bei Standorten, die wie Manching bei Ingolstadt direkt oder in Augsburg indirekt zum Airbus-Konzern gehören.

    FCAS, also „Future Combat Air System“, was für „Zukünftiges Luftkampfsystem“ steht, ist eines der zentralen Projekte einer nun wieder engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit von Deutschland und Frankreich.

    Es soll nicht nur ein neues Kampfflugzeug entwickelt werden

    Entsprechend intensiv setzen sich Kanzlerin Angela Merkel und noch leidenschaftlicher ihr französischer Widerpart Emmanuel Macron für das Prestigevorhaben ein. Hinter FCAS steckt eine technologisch ambitionierte Strategie, schließlich soll nicht nur ein neues Kampfflugzeug entwickelt, sondern der Flieger auch mit Drohnen, also unbemannten Flugobjekten vernetzt werden.

    So sieht ein Modell des zukünftigen europäischen Kampfjets aus, das im Rahmen der 53. Internationalen Pariser Luftfahrtausstellung auf dem Flughafen Le Bourget enthüllt wurde. Der Jet ist ein Teil des Luftkampfsystems der Zukunft (FCAS). FCAS soll ab 2040 einsatzfähig sein. 
    So sieht ein Modell des zukünftigen europäischen Kampfjets aus, das im Rahmen der 53. Internationalen Pariser Luftfahrtausstellung auf dem Flughafen Le Bourget enthüllt wurde. Der Jet ist ein Teil des Luftkampfsystems der Zukunft (FCAS). FCAS soll ab 2040 einsatzfähig sein.  Foto: Benoit Tessier, dpa

    Dabei werden Daten erhoben, gespeichert und in Echtzeit allen Beteiligten eines militärischen Einsatzes zur Verfügung gestellt. Entsprechend haben alle Einsatzkräfte, ob im neuen Kampfflugzeug, im Eurofighter, im Transportflieger A400M, in einem Tankflugzeug oder bei der Einsatzstation am Boden die gleichen Informationen zur Verfügung.

    FCAS würde den Streitkräften Frankreichs und Deutschlands einen massiven digitalen Schub versetzen. In Paris wird das Projekt sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft extrem hoch gehängt. Doch der Ingolstädter CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl, der Mitglied im Haushalts- wie Verteidigungsausschuss ist, sagte gegenüber unserer Redaktion: „Deutschland vertritt bei FCAS seine Interessen weit weniger offensiv als Frankreich, was man Frankreich nicht zum Vorwurf machen kann.“

     Jetzt befinde sich das Projekt in der entscheidenden Phase, wo es um die Verteilung der Arbeitspakete geht. In Kreisen der deutschen Rüstungsindustrie heißt es: „Bisher ging es um Millionen, jetzt geht es um Milliarden.“

    Der französische Airbus-Teil nimmt ausnahmsweise nicht nur die Interessen des eigenen Landes wahr

    Auf französischer Seite verstehen es die Manager des Dassault-Konzerns, der etwa das Kampfflugzeug Rafale baut, über ihre ultradirekten Drähte in die Pariser Regierung für sich Druck auszuüben, um möglichst technologisch interessante Arbeitspakete zu ergattern.

    Auf deutscher und spanischer Seite verhandelt der Airbus-Konzern und nimmt damit die Interessen von zwei Dritteln der FCAS-Gruppe wahr. Das wiederum erscheint den Franzosen als Dominanz, wie in Zeitungen des Landes nachzulesen ist. Die Dassault-Truppe fürchtet in die Defensive gegenüber Airbus, also Deutschland wie Spanien, zu geraten und betreibt nach Informationen aus mit der Sache vertrauten Kreisen ein umso aggressiveres Lobbying.

    Der französische Dassault-Konzern baut unter anderem die Rafale fighter.
    Der französische Dassault-Konzern baut unter anderem die Rafale fighter. Foto: Amboise, dpa (Archiv)

    Der französische Airbus-Teil nimmt in dem Fall ausnahmsweise einmal nicht die Interessen des eigenen Landes wahr, weil das der Part von Dassault ist. Branchenkenner und Politiker Brandl ist froh, wie intensiv von französischer Seite Druck für das Zukunftsprojekt militärischer Luftfahrt ausgeübt wird. Der CSU-Mann versteht aber auch, dass heimische Arbeitnehmervertreter in großer Sorge sind, Luftfahrt-Standorte in der Region wie Manching könnten den Kürzeren gegenüber den Franzosen ziehen. Thomas Pretzl, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Airbus Defence and Space, ist alarmiert.

    Im Gespräch mit unserer Redaktion kritisiert er die aktuelle Arbeitsteilung beim FCAS-Projekt. Dadurch würden militärische Flugzeug-Standorte wie Manching und Augsburg benachteiligt. Denn derzeit sei nur ein Demonstrator für das neue Kampfflugzeug in Frankreich auf Basis der Rafale geplant. Ein Demonstrator ist zwar nur die Vorstufe zu einem Prototypen.

    „Falls Deutschland keinen eigenen Demonstrator bekommt, geht dieses Know-how verloren“

    Dennoch werden bei einem solchen ersten Flugzeugentwurf wichtige technische Weichenstellungen getroffen. Wenn also die Franzosen nur heimische Systeme in ihren Demonstrator reinpacken und Manching bei der Entwicklungsstufe leer ausginge, könnte das fatale Konsequenzen haben.

    Die Betriebsräte befürchten, dass dann auch weniger interessante Arbeitspakete nach Deutschland kommen. Ingolstadts IG-Metall-Chef Bernhard Stiedl meint: „Falls Deutschland keinen eigenen Demonstrator bekommt, geht dieses Know-how verloren.“ Betriebsrat Pretzl glaubt gar: „Damit würde die Luftfahrtindustrie in Deutschland kurzfristig ins Abseits gestellt, langfristig wäre das wohl das Aus der Branche für unser Land.“ Damit gingen tausende Arbeitsplätze verloren. Deshalb fordert er einen eigenen Kampfflugzeug-Demonstrator auf Eurofighter-Basis für Deutschland, der in Manching stehen soll.

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