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Air-Berlin-Pleite: Air Berlin fliegt nicht mehr - Unternehmen komplett aufgeteilt

Air-Berlin-Pleite

Air Berlin fliegt nicht mehr - Unternehmen komplett aufgeteilt

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    Die Lufthansa hat sich den Löwenanteil von Air Berlin gesichert.
    Die Lufthansa hat sich den Löwenanteil von Air Berlin gesichert. Foto: Maurizio Gambarini, dpa

    Air Berlin ist Geschichte. Die insolvente Airline hat den Flugbetrieb eingestellt und für alle Unternehmensteile Käufer gefunden. Easyjet will 25 Flugzeuge vom Typ A320 übernehmen. Bis zu 1000 Piloten und Flugbegleitern sollen Stellen bei der britischen Fluggesellschaft angeboten werden. Das gibt nach Einschätzung der Gewerkschaft Verdi vielen Beschäftigten berufliche Sicherheit. Den Reisenden verspricht Lufthansa-Chef Carsten Spohr auch nach der Zerschlagung des Konkurrenten und der Übernahme von gut der Hälfte der Air-Berlin-Flotte stabile Ticketpreise. 

    "Ich kann verstehen, dass sich die Menschen in Deutschland nun fragen, ob die Preise steigen", sagte Spohr der "Bild am Sonntag". "Fakt ist, dass Fliegen nie günstiger war als heute. Und dieser langjährige Trend wird sich sicher nicht umkehren." Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann betonte, dass auch der Deal mit Easyjet Vorteile für die Passagiere habe: "Das ist auch gut für den Luftverkehrsstandort

    Air Berlin: Letzte Maschine in Berlin gelandet

    Die letzte Maschine der Air Berlin, eine Airbus A320, landete am Freitagabend um 23.45 Uhr aus München kommend auf dem Flughafen Berlin-Tegel. Mit dem Verschwinden von Air Berlin vom Flugplan fallen nun rund 250 innerdeutsche und Europa-Flüge aus dem Angebot. Noch im vergangenen Jahr hatte Air Berlin rund 800 Flüge täglich im Programm. Diese Lücke kann nicht sofort gefüllt werden.

    Lufthansa-Chef Spohr sprach mit Blick auf die Eingliederung der Air-Berlin-Teile von einer "Mammutaufgabe einer so noch nie da gewesenen Integration". 81 von 140 Flugzeugen will Lufthansa übernehmen, dazu 3000 Mitarbeiter, die bei der Lufthansa-Tochter Eurowings fliegen sollen. "Es müssen Flugzeuge übertragen werden, Verhandlungen mit den Leasinggesellschaften stehen an, für das Umlackieren der Flugzeuge müssen Kapazitäten gebucht werden, und wir brauchen viele Tausend Schulungs- und Trainingseinheiten für die neuen Mitarbeiter", sagte Spohr der "Bild am Sonntag". 

    Air Berlin und Easyjet unterzeichneten eine Vereinbarung über die Übernahme von Teilen des Flugbetriebs in Tegel für 40 Millionen Euro. Bisher war Easyjet am Standort Berlin ausschließlich am Flughafen Schönefeld aktiv. Für die 25 Maschinen will Easyjet wiederum Leasingverträge abschließen. Die Transaktion soll im Dezember vollzogen werden, wie die britsche Airline mitteilte. 

    Easyjet will von Tegel aus Flüge innerhalb Deutschlands und zu weiteren Zielen in Europa anbieten. Über den Winter solle zunächst ein abgespeckter Flugplan gelten, der Sommerflugplan solle dann komplett werden, kündigte die Airline an. Details zu den Verbindungen sollen noch bekannt gegeben werden. 

    Die Chronologie von Air Berlin

    1978: Gründung als Chartergesellschaft durch den Ex-Pan-Am-Piloten Kim Lundgren. Erstflug am 28. April 1979 von Berlin-Tegel nach Mallorca. Die Flotte umfasst zwei Maschinen.

    1991: Im April kauft der LTU-Manager Joachim Hunold die Mehrheit der Anteile. Es gibt kurz darauf 15 Flüge pro Tag.

    1998: Mit dem Mallorca Shuttle Einstieg ins Linienfluggeschäft

    2004: Einstieg bei der Fluggesellschaft Niki des früheren Rennfahrers Niki Lauda

    2006: Börsengang und Kauf der Fluggesellschaft dba

    2007: Kauf des Ferienfliegers LTU, damit auch Interkontinentalflüge

    2008: Air Berlin rutscht in die roten Zahlen, ein erstes Sparprogramm folgt. Die Übernahme des Ferienfliegers Condor scheitert.

    2011: Hunold wirft das Handtuch, Hartmut Mehdorn übernimmt. Ein weiteres Sparprogramm kommt. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.

    2012: Die arabische Staatsairline Etihad erhöht ihren Anteil von knapp 3 auf 29,2 Prozent und stützt die Fluglinie mit Millionen. Ein neues Sparprogramm beginnt.

    2013: Wolfgang Prock-Schauer wird Vorstandschef und verschärft das Sparprogramm. Jeder zehnte Arbeitsplatz fällt weg, die Flotte schrumpft auf 142 Maschinen.

    2015: Im Februar löst Stefan Pichler den glücklosen Prock-Schauer ab. Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie.

    2016: Nach einem juristischen Tauziehen kann Air Berlin den größten Teil der wichtigen Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiter anbieten. Die Zahlen bessern sich nicht. Gespräche mit Lufthansa über einen Verkauf von Geschäftsteilen beginnen. Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1200 Arbeitsplätzen will Air Berlin seine Krise überwinden. 

    2017: Air Berlin bekommt einen neuen Chef. Der Lufthansa-Manager und früheren Germanwings-Chef Thomas Winkelmann wird Vorstandschef. Air Berlin führt ihren Flugbetrieb in zwei getrennten Geschäftsfeldern weiter: Langstreckenflüge und Städteverbindungen in Europa werden zusammengefasst, Urlaubsflüge unter der Marke Niki geführt. Lufthansa erklärt sich bereit, Air Berlin zu übernehmen, wenn der Großaktionär Etihad zuvor die Schulden übernähme.

    15. August 2017: Air Berlin meldet Insolvenz an. Zuvor hatte Etihad seine finanzielle Unterstützung eingestellt.

    27. Oktober 2017: Der letzte Flieger von Air Berlin landet in Berlin.

    Die neuen Mitarbeiter würden "in den kommenden Monaten eingestellt", auf der Grundlage von mit der Gewerkschaft Verdi ausgehandelten Tarifverträgen, teilte Easyjet mit. Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle erklärte, für die Beschäftigten solle es keine materiellen Einbußen geben. "Das gibt sehr vielen Beschäftigten von Air Berlin eine reelle Chance und berufliche Sicherheit für die Zukunft." Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo bezeichnete das Jobangebot im Berliner Radiosender 105'5 Spreeradio als "kleinen Lichtblick in dieser katastrophalen Situation". 

    "Alle Unternehmensteile der Air Berlin sind jetzt verkauft", teilte der Generalbevollmächtigte im Insolvenzverfahren bei Air Berlin, Frank Kebekus, am Samstag mit. "Damit haben wir einen letzten wichtigen Meilenstein in den Bieterverhandlungen erreicht." 

    Was wird aus den Mitarbeitern von Air Berlin?

    Für weit mehr als 6000 Mitarbeiter haben sich Angaben von Air Berlin zufolge neue berufliche Perspektiven ergeben. Von den bis zu 3000 Mitarbeitern, die bei der Lufthansa-Tochter Eurowings unterkommen sollen, sollen rund 1700 mit den Air-Berlin-Töchtern Niki und LGW direkt übernommen werden. Auf die anderen 1300 Stellen können sich Interessenten bewerben. 

    Für 1200 Beschäftigte des Bodenpersonals in Berlin und 550 Mitarbeiter der Air-Berlin-Technik besteht die Möglichkeit, in eine Transfergesellschaft zu gehen. 300 Mitarbeiter der Air-Berlin-Technik sollen von der Berliner Logistikfirma Zeitfracht und der Wartungsfirma Nayak übernommen werden. Hunderte Mitarbeiter haben Unternehmensangaben zufolge Air Berlin bereits verlassen. 

    Air Berlin war nach Lufthansa seit dem Jahr 2003 die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft. Mit 1,5 Milliarden Euro verschuldet musste Air Berlin Mitte August Insolvenz anmelden. Der Flugbetrieb konnte dank eines Überbrückungskredites des Bundes über 150 Millionen Euro bis Freitag aufrechterhalten werden. AZ/dpa

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