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Agrar: Massentierhaltung: Schweine sollen es besser haben

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Massentierhaltung: Schweine sollen es besser haben

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    Johannes Scharl aus dem Landkreis Eichstätt hält seine Schweine schon jetzt nach modernen Standards. Künftig sollen die Tiere noch mehr Platz, Licht und Beschäftigung haben.
    Johannes Scharl aus dem Landkreis Eichstätt hält seine Schweine schon jetzt nach modernen Standards. Künftig sollen die Tiere noch mehr Platz, Licht und Beschäftigung haben. Foto: DBV, Andreas Müller

    Johannes Scharl versteht es nicht. Warum er als Landwirt immer wieder als Umweltverschmutzer und als Tierquäler abgestempelt wird. Warum er sich rechtfertigen muss, wie er seine Schweine hält. Der 36-Jährige, der mit seiner Familie in Eichstätt einen Hof mit 300 Zuchtsauen bewirtschaftet, sagt: „Ich habe eine 80-Stunden-Woche – und abends muss ich mir noch anhören, was ich alles falsch mache. Das geht zu weit.“ Er hat genug von all der „unsachlichen Kritik“; davon, dass „es von manchen Gruppen als Tatsache dargestellt wird, dass die Tiere leiden“. Scharl sagt: „Meine Tiere leiden nicht. Es geht ihnen gut.“

    Bauernverband, Fleischwirtschaft und Einzelhandel arbeiten zusammen

    Der Eichstätter will ein Zeichen setzen gegen all die Vorwürfe, gegen die „Schlammschlacht gegenüber unserer Landwirtschaft“, wie Bayerns Bauernpräsident Walter Heidl es nennt. Scharl will zeigen, dass seine Schweine artgerecht gehalten werden. Deshalb macht er bei der bundesweiten Initiative Tierwohl mit, in der sich Bauernverband, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel zum 1. Januar zusammengeschlossen haben. Die Idee dahinter: Aldi, Rewe & Co. zahlen Geld in einen Topf und schaffen auf diese Weise Anreize für die Erzeuger, höhere Standards in der Tierhaltung einzuhalten. Landwirte, die bestimmte Kriterien erfüllen, bekommen diesen Mehraufwand vergütet.

    Bauernpräsident Heidl ist überzeugt, dass die Initiative, die zwei Jahre ausgearbeitet wurde, Erfolg hat. Schon allein deshalb, weil sie ganz anders funktioniert als die vielen Siegel, die auf den Produkten prangen. Weil das Fleisch, das es in Supermärkten zu kaufen gibt, insgesamt tiergerechter erzeugt werden soll. „Dem einzelnen Stück Fleisch sieht man den Unterschied ohnehin nicht an“, sagt Heidl. Und wenn der Verbraucher künftig vier Cent mehr pro Kilo Fleisch bezahlt – so hoch ist der „Tierwohlbeitrag“, den die neun teilnehmenden Lebensmitteleinzelhändler in den Fonds einzahlen – sei das auch verkraftbar.

    Mehr Auslauf und zusätzliches Futter

    Wann das tierwohlgerechte Fleisch in den Supermärkten ankommt, ist noch unklar. Ab 1. April können sich Schweinehalter für die Initiative anmelden. Wie viele Bauern an der freiwilligen Initiative teilnehmen, will Heidl nicht schätzen. „Wir können nur werben“, sagt er.

    Bauer Scharl jedenfalls glaubt, dass sich die Sache rechnet. Seinen Schweinen, die er bereits seit 18 Jahren in Gruppen hält, wird er etwas mehr Auslauf bieten und zusätzliches Raufutter bereitstellen. Vielleicht muss er ein paar Fenster vergrößern, damit er die Anforderung des Zertifizierungsunternehmens erfüllt, vielleicht Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen. Pro Ferkel könnte das zwei Euro mehr bringen, hofft der Landwirt. Gerade jetzt ist das wichtig, da die Preise im Keller sind, wo es pro Ferkel nur noch 45 Euro gibt – etwa 40 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

    Sinkende Lebensmittelpreise bedrohen besonders kleine Betriebe

    Nicht nur die Ferkelpreise sind gefallen, auch für Schweine- und Rindfleisch, für Getreide, Kartoffeln, Obst und Milch bekommen die Landwirte inzwischen deutlich weniger Geld. Das Problem: Die Ernte ist vielfach gut ausgefallen und auf den Märkten gibt es zu viel Ware – jetzt, wo Russland keine europäischen Nahrungsmittel mehr einführt. Um 20 Prozent sind die Erzeugerpreise für die Bauern inzwischen gefallen, berichtet der Bayerische Bauernverband.

    Die schlechten Preise, die überbordende Bürokratie, der „Reglementierungswahn“ – all das bedroht aus Heidls Sicht vor allem die kleinen Betriebe. Vor allem eines stört den Bauernpräsidenten: dass die vier großen Lebensmittelketten, die 85 Prozent des Marktes auf sich vereinen, die Preise drücken. „Diesem Preiskampf darf die Politik nicht länger zusehen“, kritisiert er.

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