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Afrikas Wirtschaft: In Afrika entsteht ein riesiger Binnenmarkt

Afrikas Wirtschaft

In Afrika entsteht ein riesiger Binnenmarkt

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    In Afrika entsteht seit Anfang des Jahres ein riesiger Binnenmarkt. Er birgt große Chancen. Zugleich gibt es noch viele Probleme.
    In Afrika entsteht seit Anfang des Jahres ein riesiger Binnenmarkt. Er birgt große Chancen. Zugleich gibt es noch viele Probleme. Foto: imago, Charles Bowman

    Es ist ein Projekt, das eine große Zukunft haben könnte: Seit Jahresbeginn gibt es die panafrikanische Freihandelszone (African Continental Free Trade Area, AfCFTA), und deren Dimension hat es in sich: 54 Staaten,1,2 Milliarden Menschen. Entstehen soll ein gigantischer Binnenmarkt, der sich ohne Zollschranken und bürokratische Handelshemmnisse dynamischer entwickelt und die afrikanische Wirtschaft ankurbelt. Ob das gelingt, ob Europas Nachbarkontinent mit der AfCFTA tatsächlich auch eine große ökonomische Zukunft hat, ist allerdings noch ungewiss. Denn neben den gigantischen Chancen gibt es auch große Probleme. Und: Die Afrikaner und Afrikas Wirtschaft leiden schwer, sehr schwer, unter den Folgen der Pandemie.

    Das Abkommen zur Freihandelszone der Afrikanischen Union ist auch wegen Corona ein halbes Jahr später als geplant am Start, aber dennoch, vielleicht, gerade noch rechtzeitig. Zwar haben nicht alle der beigetretenen Länder den Vertrag bereits ratifiziert, aber das Potenzial dieses wirtschaftlichen Zusammenschlusses ist enorm: In einer Studie der Weltbank heißt es, dass die Freihandelszone bis 2035 rund 30 Millionen Menschen von Armut befreien, das Einkommen Afrikas um 450 Milliarden Dollar (385 Milliarden Euro) und die Exporte innerhalb des Kontinents um 81 Prozent steigern könnte.

    Entwicklungsminister Gerd Müller: "Der gemeinsame afrikanische Markt hat ein riesiges Potenzial"

    Gerd Müller (CSU), Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sagte unserer Redaktion auf Anfrage: "Der gemeinsame afrikanische Markt hat ein riesiges Potenzial für nachhaltiges Wachstum. Die afrikanische Wirtschaft wird so auch weniger anfällig für externe Schocks wie die Corona-Krise." Deutschland und Europa müssten die Gelegenheit jetzt nutzen und "ein Angebot für ein neues, umfassendes Handelsabkommen zwischen der EU und der afrikanischen Freihandelszone machen", betonte Müller weiter. "Denn mit fairen Handelsbeziehungen lösen wir die größten Entwicklungsschritte aus."

    Entwicklungsminister Gerd Müller betont das wirtschaftliche Potenzial Afrikas.
    Entwicklungsminister Gerd Müller betont das wirtschaftliche Potenzial Afrikas. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

    Afrikas Märkte sind laut Müller "die Wachstumsmärkte der Zukunft – vor der Haustür Europas". Der Minister betont: "Jetzt müssen wir die noch bestehende Handelshemmnisse zwischen Afrika und der EU beseitigen, Wertschöpfung vor Ort aufbauen und für faire Lieferketten sorgen."

    DIE

    : AfCTA verbessert in erster Instanz lediglich die handelspolitischen Rahmenbedingungen

    Damit sich die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Afrika verbessern, gibt es noch zu tun. Aber auch innerhalb der werdenden afrikanischen Freihandelszone ist noch längst nicht alles so, wie es sein sollte. Frederik Stender vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) benennt die Möglichkeiten der AfCFTA so: "Sie hat das Potenzial, Afrika langfristig auch besser in den Welthandel zu integrieren. Die Aussicht auf freien Warenverkehr in Afrika könnte zudem (ausländische) Investitionen stimulieren, die ihrerseits mit höherer Produktivität, besseren und sichereren Arbeitsplätzen oder kurzum höherer Wohlfahrt einhergehen können." Die unmittelbar größte Gefahr sieht der Experte aber in mangelndem oder abnehmendem politischen Willen, diese auch wirklich umzusetzen. Denn: "Viele afrikanische Länder produzieren generell sehr ähnliche Güter und stehen damit untereinander in engem Wettbewerb. Zudem verfolgen viele Länder ganz eigene Wirtschafts- und Industrialisierungsstrategien, denen eine Marktöffnung eher widerspricht. Beides führt dazu, dass afrikanische Länder bei vorangegangenen Integrationsbestrebungen auf dem Kontinent tendenziell lieber Handelsbarrieren erhoben haben als diese abzubauen."

    Hinzu kommen Infrastrukturdefizite. Gerade kleinere Firmen hätten es nicht leicht, Zugang zu den Finanzmärkten zu bekommen. Außerdem fehlen gut ausgebildete Fachkräfte. Sprich: Selbst wenn es nun viel leichter wird zum Beispiel Fruchtsäfte in benachbarte afrikanische Staaten zu liefern und dort zu verkaufen, ohne Kapital und Personal wird es schwierig, die Produktionskapazitäten auszubauen. Stenders Fazit: "Die Afrikanische Freihandelszone verbessert in erster Instanz lediglich die handelspolitischen Rahmenbedingungen auf dem Kontinent. Die große Herausforderung wird sein, die afrikanischen Länder durch flankierende Maßnahmen zu befähigen, diese dann auch wirklich mit Leben zu füllen."

    Auch Lynda Iroulo vom Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) in Hamburg sieht bei allen Chancen noch Vorbereitungsbedarf. Es fehlen eine robuste Fiskalpolitik, Zollinstrumente und: "Die Mitgliedstaaten müssen ihre nationalen Handelsgesetze noch reformieren und anpassen." Auch das kostet Geld.

    Minister Gerd Müller: "Covid 19 hat in Afrika eine dramatische Hungers- Armuts- und Wirtschaftskrise ausgelöst"

    Genauso wie der vorrangige Kampf gegen das Virus. Minister Müller warnt: "Covid-19 hat in Afrika längst eine dramatische Hungers-, Armuts- und Wirtschaftskrise ausgelöst. Versorgungsketten sind zusammengebrochen. An diesen Folgen sterben mehr Menschen als am Virus selbst. Experten rechnen mit zwei Millionen zusätzlichen Toten in Afrika, weil Lebensmittel und Medikamente zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria nicht mehr zu den Menschen gelangen." Grenzschließungen und die Unterbrechung der Lieferketten hätten zudem katastrophale wirtschaftliche Folgen. "Wir müssen davon ausgehen, dass 300 Millionen Afrikaner ihren Job verloren haben, vor allem Wanderarbeiter. 270 Millionen Menschen stehen so an der Schwelle zum Verhungern." Die Krise werfe so viele Entwicklungsländer um zehn Jahre zurück.

    Hoffnung macht, dass es Ende des Jahres gelang, das Post-Cotonou-Abkommen zwischen der EU mit 78 afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten auf den Weg zu bringen. Eines der Hauptziele ist: Armutsbekämpfung. Außerdem verpflichten EU und Afrika sich bei der Umsetzung der Freihandelszone zusammenzuarbeiten.

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