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1N Telecom verschickt Schadensersatzforderungen: Ärger und Verwirrung bei Verbrauchern

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Zahlreiche Beschwerden über 1N Telecom

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    Das Düsseldorfer Unternehmen bietet DSL- und Glasfaser-Tarife an.
    Das Düsseldorfer Unternehmen bietet DSL- und Glasfaser-Tarife an. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Bei der Verbraucherzentrale häufen sich die Beschwerden über den Telekommunikationsanbieter 1N Telecom aus Düsseldorf. Derzeit fordert das Unternehmen von Kundinnen und Kunden einen Schadensersatz im dreistelligen Euro-Bereich. Es geht dabei meist um rund 420 Euro. Die Kunden sollen ihrem alten Telefonanbieter keinen Auftrag für eine Rufnummernmitnahme erteilt haben. Brisant ist dabei, vielen Betroffenen war der Wechsel des Telefonanbieters bislang gar nicht bewusst.

    Im vergangenen Jahr verschickte das Unternehmen Werbebriefe an Haushalte in ganz Deutschland. Mehr als eine Million Briefe sind nach Angaben des Anwalts von 1N versendet worden. In den knappen und nüchternen Schreiben warb das Düsseldorfer Unternehmen für einen DSL-Tarif. 

    1N schrieb die Empfänger dafür persönlich an, auch die private Festnetznummer war in den Schreiben angegeben. Viele Kunden hielten die Post daher für ein Angebot zum Tarifwechsel ihres eigentlichen Telefonanbieters – der Deutschen Telekom. Mit einer Unterschrift und der Rücksendung wurde der alte Anschluss bei dem Magenta-Konzern gekündigt und ein neuer Tarifvertrag bei 1N geschlossen. 

    1N Telecom verbucht Erfolg gegen Deutsche Telekom vor Gericht

    Die Deutsche Telekom ging im vergangenen Sommer gegen die Werbebriefe des Konkurrenten mit ähnlichem Namen gerichtlich vor. Allerdings ohne Erfolg. 1N Telecom darf nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf weiterhin solche Briefe versenden. Die Kundendaten habe das Unternehmen dem Telefonbuch entnommen, sagte der Anwalt gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

    Die Verbraucherzentrale rät den Kunden, die Schadensersatzforderungen nicht vorschnell zu bezahlen. Zwar könne ein Anspruch auf Schadensersatz tatsächlich entstehen, wenn der Auftrag zur Rufnummernmitnahme beim alten Anbieter zurückgenommen werde. Entgehen kann man der Forderung, indem man den Vertrag mit 1N widerruft, wie Nikolaus Stumpf von der Verbraucherzentrale Bayern erklärt. Die Widerrufsfrist endet 14 Tage nach dem Vertragsabschluss, also zwei Wochen, nachdem der Vertrag bei dem Unternehmen eingegangen ist. Voraussetzung für die Frist ist eine korrekte Widerrufsbelehrung. Ist die Belehrung fehlerhaft, so beginnt die Frist gar nicht erst. Dann erlischt das Widerrufsrecht zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss.

    Widerrufen und Anfechten: Das rät die Verbraucherzentrale

    Ist der Widerruf jedoch nicht mehr möglich, sollten die Kunden den Vertrag anfechten. Dafür müssen die Betroffenen in einem Schreiben an 1N darlegen, dass sie beim Vertragsabschluss arglistig getäuscht wurden. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale bestehen gute Chancen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher den Vertrag anfechten können. "1N Telecom hat keinen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Vertrag wirksam angefochten wurde", so die Verbraucherzentrale.

    Herausfordernd für die Betroffenen ist allerdings die Kontaktaufnahme zu dem Düsseldorfer Unternehmen. Für den Kundenservice ist auf der Webseite eine Telefonnummer angegeben und ein Chat eingerichtet. Der Chatbot schrieb nach mehrmaligen Versuchen durch unsere Redaktion nicht zurück und auch unter der Telefonnummer war kein Kundenservice zu erreichen. Eine E-Mail-Adresse für Kundinnen und Kunden ist auf der Webseite nicht direkt zu finden. Widerruf und Anfechtung sollten Verbraucher per Post an das Unternehmen senden. 

    Düsseldorfer Unternehmen auf keinem Weg erreichbar

    Die Angebote auf der Webseite lassen sich ausschließlich telefonisch bestellen. Bei der Bundesnetzagentur ist das Düsseldorfer Unternehmen gemeldet. Demnach bietet 1N Telecom Datenübertragung, Internetzugang und Sprachkommunikation durch Telefonnummern an, also DSL-Tarife. Nach eigenen Angaben nutzen 100.000 Privatkunden die Tarife von 1N. Die Gründerin und ehemalige Geschäftsführerin des Düsseldorfer Unternehmens war zuletzt ebenfalls Geschäftsführerin eines Berliner Mobilfunkunternehmens. Alle Kontaktaufnahmen unserer Redaktion scheiterten. Eine Kontaktmöglichkeit für Medienanfragen bietet die Firma nicht, sodass unsere Redaktion keine Stellungnahme zu den Beschwerden der Kunden einholen konnte. Ein Fragenkatalog blieb unbeantwortet.

    Allgemein rät die Verbraucherzentrale, den Absender von Werbeschreiben oder Vertragsunterlagen genau zu prüfen und mit bestehenden Vertragsunterlagen abzugleichen. Die Verbraucherschützer mahnen: "Lassen Sie sich nicht von der Werbepost der 1N Telecom täuschen – auch wenn diese aussieht wie ein Schreiben Ihres bisherigen Anbieters oder wie ein offizieller Vertrag. Auf Werbepost müssen Sie nicht reagieren". 

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