Das gute Wetter ließ am Sonntag die Wertinger nicht nur zu den Eisdielen am Marktplatz, sondern auch in die Wahllokale strömen. Dort stand die Entscheidung über Ulrich Reitenbergers geplanten Ärztehaus-Turm auf dem Ebersberg in direkter Nachbarschaft zum Krankenhaus an. Und die fiel eindeutig aus: 59,2 Prozent und damit 1958 der rund 3300 Wähler sprachen sich gegen den Turm aus und erteilten damit den Plänen von Ulrich Reitenberger eine klare Absage.
Die Wahlbeteiligung war mit 45,9 Prozent für einen Bürgerentscheid relativ hoch ausgefallen. Das erforderliche Quorum von 20 Prozent, was etwa 1440 Stimmen entsprochen hätte, wurde mit 27,2 Prozent und weit überschritten. Am stärksten lehnten indes nicht die Wertinger in direkter Nachbarschaft zum Krankenhaus das Projekt ab. Besonders deutlich sprachen sich die Einwohner gegen das Projekt aus, die in der Gottmannshofener Schule ihre Wahlzettel abgaben – 62,5 Prozent stimmten hier gegen den Turm. Der Anteil der Briefwähler war enorm hoch: Knapp 2000 und damit mehr als die Hälfte der Stimmen wurde so abgegeben.
Klaus Lang freut sich über die hohe Wahlbeteiligung
Der Bürgerentscheid war von der Initiative „Für unser Krankenhaus – Gegen den Tower“ auf den Weg gebracht worden. Deren Mit-Gründer Klaus Lang zeigte sich in einem Statement an unsere Zeitung erfreut über den Ausgang: „Wir sind beeindruckt von der hohen Wahlbeteiligung und den zahlreichen Stimmen für das Bürgerbegehren“, so Lang. Der Dank der Bürgerinitiative gelte den Wertingern. Das Ergebnis zeige, dass das Tower-Projekt die Wertinger Bürger sehr stark bewegt habe und von vielen kritisch gesehen worden sei. „Mit dem Bürgerbegehren haben wir einen Anstoß zur Diskussion gegeben. Dieser Prozess muss jetzt von den Verantwortlichen weitergeführt werden,“, so Lang, um in einem offenen Verfahren die bestmögliche Lösung für die Stadt Wertingen zu erarbeiten.
Bürgermeister Willy Lehmeier, der stets hinter dem Projekt gestanden hatte, zeigte sich vom Ausgang des Bürgerbegehrens enttäuscht: „Ich finde es schade, dass man die Chance nicht ergriffen hat. Es war vieles noch offen und hätte gestaltet werden können, doch die Sorgen waren leider größer.“ Doch der Rathauschef ist auch froh, dass das Votum so eindeutig ausgefallen ist. Damit seien alle Diskussionen vom Tisch und es bestehe keine Gefahr, dass sich rund um den Ausgang des Bürgerentscheids irgendwelche Gerüchte bildeten. Er freue sich außerdem, dass so viele Wertinger Interesse an einem städtischen Thema gezeigt und abgestimmt hätten, so Lehmeier.
Ulrich Reitenberger will nun das Ärztehaus an der Dillinger Straße bauen
Ähnlich äußerte sich im Gespräch mit unserer Zeitung Ulrich Reitenberger. Er sei enttäuscht, dass man die Synergien am Krankenhaus nicht gesehen habe und nutzen wollte. „Als Wertinger finde ich das schade“, so Reitenberger. Doch auch er sei froh, dass von den Bürgern der Zusamstadt ein klares Votum ausgeht.
Das Thema spaltete den Wertinger Stadtrat wie nie zuvor in der jüngeren Vergangenheit. Auf der Seite der Befürworter standen dort seit der Ankündigung des Projekts die Freien Wähler und die Grünen, ebenso Tobias Kolb (KUL) und Peter Seefried (BIW). Auf der Seite der Gegner standen hauptsächlich die Räte der CSU sowie der Stadtteilliste CSW und Otto Horntrich von der SPD.
Auch innerhalb der Wertinger Bevölkerung polarisierte das Thema. Eine ältere Wertingerin, die lieber anonym bleiben will, sagte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass das Thema innerhalb ihrer Familie zu emotionalen Diskussionen geführt habe. „Man ist so verunsichert“, fasste sie die facettenreiche Debatte rund um das Ärztehaus zusammen. Ein anderer Wertinger fragte sich im Interview, wieso der Kreistag nicht schon eine Entscheidung zum Grundstücksverkauf getroffen habe. Hätten die Kreisräte schon abgelehnt, wäre Wertingen der Bürgerentscheid erspart geblieben, so seine Meinung.
Die Pläne für die Neustrukturierung des Wertinger Krankenhauses sind jetzt völlig offen
Wie es nun mit den Plänen für das Krankenhausgelände weitergeht, ist jetzt völlig offen. Denn dort sind auch eine Pflegeschule, ein Pflegeheim sowie ein mehrgeschossiges Parkdeck angedacht. Mehrfach war jedoch von den Verantwortlichen betont worden, dass die einzelnen Projekte in gegenseitiger Wechselwirkung stehen. Und manches Argument der Turm-Gegner wäre auch für andere Projekte am Krankenhaus übertragbar. Bürgermeister Willy Lehmeier sagte dazu unserer Zeitung: „Beim Pflegeheim stellt sich die selbe Problematik, gegen die beim Bürgerentscheid vehement argumentiert wurde.“ Auch hier müssten Flächen des Landkreises verkauft werden, auch hier bräuchte es wahrscheinlich einen Investor.
Ulrich Reitenberger sagte gegenüber unserer Zeitung, dass er nun die ursprüngliche Idee wieder aufgreifen werde, das Ärztehaus in der Dillinger Straße zu bauen.
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