Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wertingen
Icon Pfeil nach unten

Wertingen: Autohaus Langer schließt und verkauft jetzt BMWs zum Sonderpreis

Wertingen

Autohaus Langer schließt und verkauft jetzt BMWs zum Sonderpreis

    • |
    Rund 180 Autos stehen noch auf dem Gelände des Autohauses Langer. Diese werden bis Ende Juni zu Sonderpreisen verkauft. Die Tankstelle (links) bleibt vorerst als bestehen.
    Rund 180 Autos stehen noch auf dem Gelände des Autohauses Langer. Diese werden bis Ende Juni zu Sonderpreisen verkauft. Die Tankstelle (links) bleibt vorerst als bestehen. Foto: Birgit Hassan

    Geschafft. Die Entscheidung ist gefallen. Mit allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hat Ulrich Langer persönlich gesprochen, sie gekündigt und dabei unterstützt, neue Stellen zu finden. 128 Autos – neue und gebrauchte – stehen Anfang dieser Woche noch auf dem Gelände des BMW-Autohauses am östlichen Ortseingang von Wertingen. "Jetzt beginnt der Abverkauf", kündigt der 57-Jährige hohe Preisvorteile an. Bis zum 30. Juni will er alle verkauft haben. Dann nämlich schließt das Autohaus im Wertinger Stadtteil Gottmannshofen für immer seine Pforten.

    Jetzt Abverkauf: Autohaus Langer wurde immer weiter ausgebaut

    Was als kleiner Familienbetrieb vor knapp 100 Jahren in Troppau im heutigen Tschechien mit seinem Großvater Rudolf begann, hat Ulrich Langer von seinem Großvater und Vater Horst übernommen. Wie seine Vorgänger baute auch er es immer weiter aus bis zur heutigen Autohaus Langer Gmbh & Co. KG mit 123 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 58 Millionen Euro. So viel das im ersten Moment klingt, für die zukünftigen Anforderungen in der Automobilbranche sei das zu wenig. Die Autohersteller bevorzugen möglichst große Händlergruppen, wovon es besonders in Norddeutschland bereits einige gebe. Ulrich Langer will das nicht bewerten. "Doch für uns wird es immer schwieriger, effizient zu arbeiten." Dazu kämen neue Herausforderungen durch Elektro- und Wasserstoffautos. 

    Die Corona-Jahre setzten noch eins drauf: "Zuerst kamen die Kunden nicht, dann konnten die Autos nicht geliefert werden, schließlich fehlten die Fachkräfte, jetzt sind die Kunden zurückhaltend." Von seinem Großvater und Vater habe er gelernt, sparsam zu sein und alles für das Unternehmen zu tun. Das hat Ulrich Langer über Jahrzehnte gemacht, erwirtschaftetes Geld in die Firma und deren Fortschritt reinvestiert, das Unternehmen immer weiter ausgebaut, aus dem ehemaligen Fiat-Bereich ein individuelles Auto-Auslieferungszentrum kreiert und den zusätzlichen Mertinger BMW-Standort auf den "BMW Future Retail" Standard umgerüstet. Mit dem Alltagsgeschäft alleine, sagt Ulrich Langer, sei es heute nicht mehr getan. Ständig brauche es neue, innovative Ideen, um bestehen zu können. An Abenden und Wochenenden hat das Geschäft ebenso Vorrang wie an den seltenen Urlaubstagen. 

    Autohaus Langer in Wertingen schließt

    Für Millionen Euros standen auf seinem Gelände Autos, die er – wie jeder Holzhändler sein Holz – mit Zinsen und einem existenziellen Risiko zwischenfinanzieren muss. Gleichzeitig kann er künftig an der Preisgestaltung nicht mehr mitwirken. Wie viele andere wird BMW auf ein Agentursystem umstellen. "Ich wäre künftig nur noch Vermittler, die Rechnung kommt direkt vom Hersteller." Während Kunden früher nach einem "guten Preis" fragen konnten, steht der fixe Preis in der Zukunft auf der Webseite des Herstellers. "Der Standort Wertingen war nur durch das Internet überlebensfähig", weiß er als geschäftsführender Gesellschafter, "durch überregionalen Verkauf und dadurch, dass wir uns immer neue Sachen überlegten." Immer mehr leisten, sei angesagt. "Das trau ich mir heute aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu", gesteht er ehrlich, "dieser Verantwortung kann ich künftig nicht mehr gerecht werden."

    Ulrich Langer hat in der dritten Generation das Wertinger Autohaus Langer geführt. Zum 30. Juni 2023 wird er es aus verschiedenen Gründen schließen.
    Ulrich Langer hat in der dritten Generation das Wertinger Autohaus Langer geführt. Zum 30. Juni 2023 wird er es aus verschiedenen Gründen schließen. Foto: Langer

    Auch den Mitarbeiterstamm hat Ulrich Langer stetig ausgebaut. Wenn ihm früher jemand gesagt hätte, dass er einmal rund 130 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben werde, hätte er gesagt: "Das kann ich mir nicht vorstellen." Doch er hat auch ins Personal investiert. Damit stand er jetzt vor der Aufgabe, allen kündigen zu müssen. Bis auf rund 30 Menschen, die in dem verkauften Betrieb in Mertingen bleiben. Mit allen hat er einzeln gesprochen, die Situation erklärt und beteuert, dass er alles dafür tue, dass sie mit guten Perspektiven aus seinem Unternehmen weggehen. "Die Menschen sind mir ans Herz gewachsen, wie eine große Familie", sagt Langer, "mit diesen Menschen habe ich meine Zeit verbracht." Bis auf zwei oder drei hätten alle mittlerweile eine neue Stelle gefunden. Bei diesen liege das nur daran, dass sie nicht wissen, wo sie unterschreiben sollen. "Fachkräfte sind gesucht", weiß er aus eigener langjähriger Erfahrung. Viele dankten ihm dadurch, dass sie loyal bis zum Ende bleiben.

    Volles Auftragsbuch in der Wertinger BMW-Werkstatt

    Denn das Auftragsbuch der Werkstatt ist voll. Zum im Frühling ohnehin großen Betrieb scheinen in diesem Jahr manche bewusst ihren Kundendienst oder eine Reparatur ein letztes Mal in ihrer heimischen BMW-Werkstatt machen zu wollen. "Wir brauchen die Mitarbeiter bis zum letzten Tag." 

    Der wird am Freitag, 30. Juni, sein. Autos, die bis dahin nicht verkauft sind, werden an andere Autohändler versteigert. Kunden, die einen Service wollen, wird Ulrich Langer vorzugsweise nach Mertingen weiterempfehlen, wo zum 1. Juli ein Nachfolger den dortigen Betrieb übernimmt. Persönlich hat Ulrich Langer keinen Nachfolger, sprich keine Kinder. Ob die das in der heutigen Zeit ohne Weiteres übernehmen würden, ist für ihn ohnehin fraglich. 

    Tankstelle am Wertinger Ortsrand bleibt zunächst

    Und was macht Ulrich Langer selbst ab 1. Juli? "Ich weiß es nicht", sagt er. Wobei er vermutlich noch für ein Jahr damit beschäftigt sein wird, die Firma komplett aufzulösen, das Inventar zu verkaufen und ein gutes Konzept für das rund 24.000 Quadratmeter große Grundstück des bisherigen Unternehmens zu finden. Bis dahin wird zumindest die Tankstelle noch in Betrieb bleiben – als 24-Stunden-Karten-Service ohne Shop.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden