Am Samstagmorgen hallt durch die Aula der Grundschule Wertingen Musik der 1960er-Jahre. Es ist, als hätte man sich auf Zeitreise begeben. Auf dem Radio- und Funkflohmarkt stehen neun Stände, an denen Radiosammler, Hobbyfunker und Telefonenthusiasten alles rund um das Radio anbieten: Plattenspieler, Kassetten und Retroradios. Der 76-jährige Werner Hauf betreibt ein eigenes Radiomuseum im Raum Ulm. Er berichtet, dass er deshalb viele Geräte geschenkt bekomme, aber nicht alles behalten könne. Vieles müsse er sogar wegwerfen. Schweren Herzens, sagt der Radioliebhaber. Wo andere nur ein Elektroschrott sehen, ist für ihn ein kleiner Schatz verborgen, mit dem nicht selten auch Erinnerungen verbunden sind. Beispielsweise über das Radio Normende Transita Deluxe erzählt er: „Wer damals das 200 Mark teure Musikgerät dabeihatte, war der King.“
Der 58-jährige Detlef Hauck ist ebenfalls radiobegeistert und tauscht sich mit Gleichgesinnten aus. Er erklärt, als Bastler sammle sich einiges über die Jahre an. Der Inhaber einer Autowerkstatt bedauert es, wie er sagt, dass das Sammelsurium irgendwann zu groß geworden ist. So versucht er, auf dem Flohmarkt einige Schätze bei anderen Radio- und Funkinteressierten unterzubringen. Radiofans finden sich aber auch unter den jüngeren Leuten. Der wohl jüngste Besucher des Flohmarkts ist ein 24-jähriger und Mitarbeiter des Radio- und Telefonmuseums. Auf dem Flohmarkt stöbert er durch alte Kassetten.
Im Radiomuseum Wertingen gibt es Historisches und Kurioses
Weil sich der Radioflohmarkt in direkter Nachbarschaft zum Radio- und Telefonmuseum befindet, hat auch das Museum an diesem Tag geöffnet. Rita Beck, eine ehemalige Verkäuferin aus Augsburg, begrüßt jeden Besucher am Eingang herzlich und lädt auch nach dem Besuch die Besucherinnen und Besucher dazu ein, sich im Gästebuch zu verewigen. Sie berichtet, dass ihr die Arbeit im Radiomuseum großen Spaß mache: „Hier ist es schön, und es fühlt sich an wie eine große Familie.“ Mit Begeisterung zeigt sie die verschiedensten Geräte, darunter alte Telefone. Vor der Erfindung des eher uniform aussehenden Smartphones blühte die Fantasie mancher Telefonhersteller: Beck holt ein pikanteres Modell aus dem oberen Regal, das einen mit einem Bikini bekleideten weiblichen Oberkörper darstellt. Doch im Radio- und Telefonmuseum gibt es nicht nur kuriose Telefonmodelle zu sehen. Besucher können sich auch ansehen, wie die Anfänge des Radios aussahen: In diesem Jahr wird der Rundfunk 100. Im Jahr 1923 ging der erste Radiosender in Deutschland an den Start. Wie die Funktechnik damals aussah, können sich Interessierte im Radiomuseum ansehen.
Einer der jüngeren Mitarbeiter, der 26-jährige Fabian Frommelt berichtet, ihn habe es aus Zufall ins Telefonmuseum verschlagen. Später sei der Elektrotechniker zuerst Mitglied und dann auch Ansprechpartner für alles geworden. Frommelt halte alle Geräte instand und habe so manches Teil schon wieder zum Laufen gebracht hat, berichtet der 26-Jährige. „Ich lerne hier vieles dazu, was ich in meinem Beruf anwenden kann.“
Als gegen Mittag der Flohmarkt wieder abgebaut wird und die letzten Besucher das Museum verlassen, verstummen auch die letzten Radios.