Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wertingen
Icon Pfeil nach unten

Wertingen: Er wird das alte Wertinger Hallenbad vermissen

Wertingen

Er wird das alte Wertinger Hallenbad vermissen

    • |
    Franz Käsinger ist ein hartgesottener Fan des Wertinger Hallenbads. Mehrmals die Woche zieht er in der Winterzeit hier seine Bahnen. Das wird er auch am Sonntag tun, ein letztes Mal im alten Gewand des Hallenbads. Auf dem Bild ist er mit seiner Nichte Anna-Maria zu sehen.
    Franz Käsinger ist ein hartgesottener Fan des Wertinger Hallenbads. Mehrmals die Woche zieht er in der Winterzeit hier seine Bahnen. Das wird er auch am Sonntag tun, ein letztes Mal im alten Gewand des Hallenbads. Auf dem Bild ist er mit seiner Nichte Anna-Maria zu sehen. Foto: Benjamin Reif

    Auf die Frage, wie gut er das Wertinger Hallenbad kennt, antwortet Franz Käsinger oft: „Ich kenne sozusagen jede Fliese mit Vornamen.“ Seit fast 30 Jahren kommt er mehrmals die Woche hierher, um seine Bahnen zu ziehen. Das wird er auch am Sonntag tun – zum letzten Mal in der „Grotte“, wie das Hallenbad zuweilen von den Zusamstädtern genannt wird. Denn dann schließt das Hallenbad vorerst und wird komplett umgebaut.

    Der Charme der 70er-Jahre wird dann einer modernen Gestaltung und den heute gängigen Qualitätsstandards weichen. Das sei natürlich nachvollziehbar. „Ich bin aber schon wehmütig“, sagt der 66- jährige Pfaffenhofener. Das Schwimmbad ist in seinem Leben seit dem Jahr 1994 eine Konstante geworden. Er kommt hier nicht zum gemütlichen Planschen, sondern um Sport zu machen und im Kraulen-Stil Bahnen zu ziehen. „Im Sommer fahre ich Rad, im Winter gehe ich schwimmen. Ich brauche die Bewegung“, sagt Käsinger.

    Jede geschwommene Bahn hat er lückenlos dokumentiert

    Und diese Bewegung dokumentiert er gewissenhaft und lückenlos. Anfang der 90er-Jahre kaufte sich Käsinger einen Computer und war schnell von der Möglichkeit der digitalen Dokumentation mit dem Programm „Excel“, mit dem man Tabellen erstellen kann, angetan. Und so kam es, dass er jede absolvierte Schwimmeinheit in eine Tabelle eintrug. Diese Tabelle hat er immer noch, er führt sie auch ins Schwimmbad mit sich – heute auf einem tragbaren „Tablet“, einem Miniaturcomputer.

    Franz Käsinger dokumentiert seit 1994 jede Bahn, die er schwimmt.
    Franz Käsinger dokumentiert seit 1994 jede Bahn, die er schwimmt. Foto: Benjamin Reif

    Und in dieser Tabelle steht, dass Käsinger schon über 100 000 Bahnen geschwommen ist, seit er mit der Aufzeichnung begonnen hat. Bei einer Bahnenlänge von 25 Metern sind das 2500 Kilometer, also in etwa die Strecke von Wertingen nach Island. Ein kleiner Schönheitsfehler bleibt dabei allerdings, denn nicht alle 100 000 Bahnen konnte Käsinger im Wertinger Hallenbad schwimmen. Während der Zeiten, in denen das Hallenbad geschlossen war – in jüngerer Vergangenheit etwa wegen der Unterbringung des Impfzentrums durch den Landkreis – wich Käsinger auf das Dillinger Schwimmbad aus. Deshalb sind, seiner Schätzung zufolge, nur rund 98 Prozent der Schwimmeinheiten in „seinem“ Wertinger Hallenbad erfolgt. Obwohl er in den letzten Tagen des Schwimmbads vor dem großen Umbau noch Bahnen zieht, was das Zeug hält, wird er die 100 000 absolvierten Bahnen im Schwimmbecken in Wertingen nicht mehr schaffen.

    Das Hallenbad in Wertingen wurde 1976 gebaut - mit Asbest

    Das Hallenbad auf dem Ebersberg, das dem Landkreis gehört und nicht der Stadt Wertingen, wurde 1976 gebaut. Wie damals noch üblich, verwendeten die Arbeiter noch das Baumaterial Asbest. Dieses ist aber nachweislich krebserregend und wird schon lange nicht mehr verwendet. In einer ersten Sanierung des Bades im Jahr 2004 wurde schon der Großteil des verbauten Asbests entfernt. Doch in die Dachkonstruktion ist immer noch ein Teil des Materials eingebunden, obwohl es dort laut Einschätzung des Landratsamtes keine Gesundheitsgefahr darstellt.

    Das Asbest ist allerdings nur einer der Gründe für die Komplettsanierung. Das Hallenbad weist dazu noch eine horrende Energiebilanz auf, das Pumpensystem ist nicht mehr auf dem Stand der Zeit, das Dach stellenweise undicht. All das wird sich ändern, dazu soll noch das geflieste Becken durch eine Edelstahlkonstruktion ersetzt werden. Im Eingangsbereich werden Besucher künftig nicht mehr ihre Karten bei einer Person an der Einlasskontrolle lösen, sondern an einem automatisierten Einlasssystem. Der Brandschutz schließlich wird ebenfalls auf den heutigen Standard gebracht, die Kabinen und Zugänge behindertengerecht gestaltet. Das alles wird den Landkreis viel Geld kosten: Zehn Millionen Euro wurden schon ursprünglich eingeplant, doch kaum jemand glaubt, dass es in der derzeitigen Lage der allgegenwärtigen Rohstoffknappheit und Inflation bei diesem Endbetrag bleiben wird. Mit einem Ende der Baumaßnahmen rechnen die Verantwortlichen frühestens Ende 2023.

    In die Sauna ist er nie gegangen

    In die Sauna, die ebenfalls im Gebäude untergebracht ist, ist Franz Käsinger in all den Jahren nie gegangen. Wohl aber früher in den Kiosk, wo er mit Gleichgesinnten öfter mal ein „isotonisches Getränk“ nach dem Sport getrunken hatte. Das sei immer ein schönes Ritual gewesen, das er manchmal vermisst, wie er sagt. Von den lustigen Gesprächsrunden bleiben ihm viele schöne Erinnerungen. „Es war hier immer eine schöne Stimmung, auch wenn viel los war. Dazu haben auch die Bademeister beigetragen, die haben das immer toll gemacht“, sagt Käsinger. Nach dem Ende des Kiosks vor Jahren endet mit dem Umbau nun auf dem Ebersberg eine Ära. Da ist etwas Nostalgie angebracht, findet Käsinger, doch er hat sich damit abgefunden. „Das ist eben der Lauf der Zeit.“

    Letzte Gelegenheit: Am Samstag ist das Bad noch einmal von 14 bis 17 Uhr und am Sonntag von 9 bis 12 Uhr geöffnet. Voranmeldungen sind nicht möglich.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden