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Wertingen: Nach Jahren in der Großstadt wacht er nun über Wertingen

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Nach Jahren in der Großstadt wacht er nun über Wertingen

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    Hauptkommissar Jürgen Böswald ist der neue Chef der Wertinger Polizeistation.
    Hauptkommissar Jürgen Böswald ist der neue Chef der Wertinger Polizeistation. Foto: Benjamin Reif

    Jürgen Böswalds Karriere als Polizist begann mit einer Extremsituation. Es war seine zweite Nachtschicht, die er in den 90er-Jahren in München, seiner ersten Arbeitsstelle, absolvierte. Ein geistig verwirrter Mann lief mit einem Revolver durch die Straßen, Bößwald und sein Kollege stellten ihn. Der Mann richtete seine Waffe auf die beiden Beamten. Böswalds Kollege schoss ihn nieder, der Mann überlebte.

    "Da ist das Adrenalin am Anschlag", sagt Böswald heute über dieses prägende Erlebnis. Seine Kolleginnen und Kollegen hätten ihm dabei geholfen, es zu verarbeiten. "Da wird man nicht alleine gelassen", sagt der 48-Jährige. Damals wie heute habe er nie daran gedacht, seinen Beruf an den Nagel zu hängen. Er übt ihn mit Leidenschaft aus.

    Böswald arbeitete schon gegen die organisierte Kriminalität

    Seit dem 1. April leitet Böswald die Polizeistation Wertingen, die noch von elf weiteren Kollegen und Kolleginnen, teils auch in Teilzeit, besetzt ist. Für den dreifachen Familienvater haben sich damit recht abrupt die Arbeitsverhältnisse geändert, denn seine Karriere war eher durch die Arbeit in Großstädten geprägt. Nach den ersten fünf Jahren als Streifenpolizist in München studierte er zunächst an der Beamtenfachhochschule, danach ging es nach Rain am Lech, anschließend nach Augsburg. Dort arbeitete er an mehreren Positionen, unter anderem als Sachbearbeiter im Gebiet Organisierte Kriminalität. Als Zugführer der Bereitschaftspolizei wurde er anschließend gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen immer dann gerufen, wenn die Polizei "Manpower" benötigte, etwa bei Volksfesten oder Fußballspielen. Auch leitete er zeitweise die Dienststelle in Gersthofen.

    In der Zusamstadt verlief sein Start wunderbar, er sei von der Belegschaft und den Wertingerinnen und Wertingern sehr herzlich empfangen worden, sagt Böswald. Der Polizeihauptkommissar aus Rögling (Donau-Ries-Kreis) hat außerdem eine Erfahrung gemacht, die er aus Großstädten so nicht kennt. "Hier auf dem Land sind die Menschen gegenüber der Polizei freundlicher eingestellt. Die Leute grüßen einen hier oft, wenn man auf Streife ist", sagt er. Darüber freut er sich.

    In Wertingen gibt es eine problematische Gruppe junger Menschen

    Die Polizei war zuletzt häufiger in den Schlagzeilen. Der Fall aus Dortmund, wo ein Jugendlicher mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole von einem Polizeibeamten erschossen worden war, weil er sich mit einem Messer auf Polizisten zubewegt haben soll, beschäftigt natürlich auch Böswald und seine Kolleginnen und Kollegen. Gegenüber unserer Zeitung äußert er sich differenziert. "Es kann manchmal dauern, bis man zu so einem Fall die Faktenlage kennt. Vorher sollte man aber keine Urteile fällen." Es könne sein, dass ein Fehlverhalten vorgelegen habe oder auch nicht. Zum jetzigen Zeitpunkt könne das noch niemand wissen. Er selbst wundere sich, dass Leute schnell mit Urteilen bei der Hand seien, die nie selbst in einer vergleichbaren Situation waren.

    Von der Gewaltkriminalität, wie sie in Großstädten auftritt, ist Wertingen weit entfernt. Ebenso gebe es in Wertingen keine vergleichbare Drogenszene. Böswald sagt dazu: "Natürlich gibt es auch auf dem Land einen Handel mit Betäubungsmitteln." Konsumentinnen und Konsumenten harter Drogen – also Heroin, Crystal Meth oder Kokain – sind ihm bislang in Wertingen nicht begegnet.

    Die Schwerpunkte der Polizeiarbeit liegen hier anders. Es gebe eine relativ kleine, aber problematische Gruppe Jugendlicher und junger Heranwachsender, welche die Wertinger Polizei beschäftige. In diesem Umfeld gab es auch einen Zwischenfall auf dem Wertinger Stadtfest, der erst im Nachgang zum eigentlichen Fest gemeldet wurde - hier gab es eine körperliche Auseinandersetzung, wahrscheinlich aus Eifersucht. Das Stadtfest sei alles in allem aber eine sehr friedliche und fröhliche Veranstaltung gewesen, sagt Böswald.

    Der Kampf gegen Online-Betrug ist zu einem Schwerpunkt der Polizeiarbeit geworden

    Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit zeichnet sich bereits ab. Es ist der Kampf gegen Online-Betrug. Hier läuft derzeit das bei der Augsburger Polizei das Präventionsprogramm "Nicht mit meiner Oma". Auch in Wertingen soll verstärkte Aufklärung dabei helfen, entsprechende Delikte zu verringern. Die Seniorinnen und Senioren müssten immer wieder gewarnt werden, denn: "Das sind die Opfer", sagt Böswald.

    Der Kontakt mit den Menschen, in guten wie in schwierigen Situationen, sei das, was ihn immer noch für den Beruf begeistere, sagt Böswald. Dem eingangs geschilderten Erlebnis zu Beginn seiner Polizeilaufbahn stellt Böswald noch ein positives entgegen, als er gemeinsam mit Kollegen eine Frau rettete, die sich auf einem Parkplatz mit Tabletten und Rotwein das Leben nehmen wollte. Und zu seinem Dienstbeginn in Wertingen gibt es ein schönes Begrüßungsgeschenk: Die Umbauarbeiten an der Polizeistation sind fast abgeschlossen, durch neu angemietete Räume im Obergeschoss steht den Beamten nun mehr Platz zur Verfügung.

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