Seit gut einem Monat leitet Josef Mayer die Polizeistation Wertingen. Am Ende eines langen Arbeitstages findet er endlich Zeit für ein Gespräch. Und er strahlt. Wertingen gefällt ihm. Der 42-Jährige schätzt die vielseitigen Aufgaben und die Flexibilität, die es dafür von ihm braucht. "Ich genieße, in die Arbeit zu gehen und nicht zu wissen, was auf mich zukommt." So wie an diesem Tag.
Um 7.15 Uhr macht sich die Wertinger Polizeistreife auf den Weg
Als Chef fahre er nicht mehr vorzugsweise Einsätze. Doch an diesem Tag muss er gleich morgens mit raus. Ein Kollege hat sich kurzfristig krankgemeldet. So setzt er sich kurzerhand selbst mit in den Streifenwagen. Spätestens um 7.15 Uhr macht sich wochentags die erste Wertinger Streife auf den Weg, um im Bereich der Schulen Präsenz zu zeigen und den Verkehr zu überwachen.
An diesem Nachmittag ist er dann als Chef in jedem Fall gefordert. Es geht um häusliche Gewalt in einer Familie. Mann, Frau und Kind sind im Spiel. Gemeinsam mit Kollegen versucht Josef Mayer, Licht ins Dunkel zu bringen.
Trotz der vielen Stationen, die Mayer bereits durchwandert hat, sieht er gerade in Wertingen ein großes Entwicklungspotenzial für sich, auch aufgrund der Größe. Während größere Dienststellen in bestimmte Fachbereiche aufgeteilt sind, ist er in Wertingen erst mal für alles zuständig. "Das fordert und fördert", sagt der neue Polizeichef der Zusamstadt – und strahlt erneut. "Ich könnte mir nicht vorstellen, in einem Beruf jeden Tag das Gleiche zu machen."
Neuer Polizeichef spielte schon öfter gegen den TSV Wertingen Fußball
In Leitheim, ein Ortsteil von Kaisheim, ist Josef Mayer aufgewachsen. Hier lebt er auch heute mit seiner Frau und seinen beiden Kindern. Bereits nach der Realschule zog es ihn zur Polizei. Er war aktiv bei der Feuerwehr und hatte eine Affinität zum Rettungsdienst. Als Fußballer kickte er damals mit Altisheim in der Bezirksliga – unter anderem auch gegen den TSV Wertingen. Immer wieder begegnete er bei den Fußballern Polizisten und bekam deren Alltag mit. "Das hat mir getaugt", erzählt er.
Mit 16 Jahren machte er den Einstellungstest der Polizei mit, bestand ihn, folgte aber zunächst dem Elternwillen, besuchte erneut die Schule, legte das Fachabitur ab, ging zur Bundeswehr und schrieb sich für ein Studium der Wirtschaftsinformatik ein. Das trat er nie an. Stattdessen überlegte er, was er wirklich will, und legte erneut den Test für den mittleren Dienst bei der Polizei ab. Erst am Ende des zweiten Ausbildungsjahres wurde man damals ins erste Praktikum geschickt. Danach war er sich sicher, dass er die richtige Wahl getroffen hatte. "Ich merkte, was den Beruf wirklich ausmacht."
Als er 2003 seine Ausbildung beendet, geht es für eineinhalb Jahre zur Bereitschaftspolizei nach Dachau, er erlebt Maikrawalle sowie rechte und linke Demos und ist viele Male bei Bundesligaspielen im Fußballstadion. "Hier brauchst du – rechtlich und körperlich – fitte Leute", sagt Mayer. Anschließend fährt er sieben Jahre Streifendienst bei der heutigen Polizeiinspektion Augsburg Ost, wird stellvertretender Dienstgruppenleiter. Ab 2012 studiert er dann für zwei Jahre an der Hochschule für öffentlichen Dienst, um Führungsverantwortung zu übernehmen. "Das wollte ich selbst, und auch andere haben mich darin gesehen", erzählt er.
Jetzt arbeitet der neue Wertinger Polizeichef wieder Vollzeit
Zunächst reduziert er allerdings seine Arbeitszeit auf die Hälfte, um seiner Ehefrau dasselbe Studium für den gehobenen Dienst bei der Polizei zu ermöglichen. Mittlerweile hatten sie nämlich einen Sohn. Am Ende des Studiums bekommen sie ihr zweites Kind. Während seine Frau in Elternzeit geht, erhöht Josef Mayer seine Arbeitszeit wieder auf 100 Prozent und geht in den Folgejahren unter anderem als Dienstgruppenleiter nach Dillingen und ins Polizeipräsidium Augsburg, arbeitet zudem bei der Kriminalpolizei im Bereich Rotlicht. Diese und noch mehr Stationen gehörten zum Förderungsverfahren. Bis dahin war er Sachbearbeiter mit Verantwortungsbereich. "Hier in Wertingen habe ich erstmals Personalverantwortung", erzählt der 42-Jährige.
Drei Silbersterne trägt Mayer derzeit an seiner Uniform, als Zeichen für den gehobenen Dienst. Irgendwann wird er in Wertingen seinen vierten Stern bekommen und damit zum Polizeihauptkommissar befördert werden. Und dann? Drei, vier, fünf Jahre könne er sich gut vorstellen, in Wertingen zu bleiben.
Neun Polizisten und drei Polizistinnen sind bei der Polizei Wertingen
Neun Polizisten und drei Polizistinnen, dazu zwei Angestellte arbeiten hier derzeit, koordinieren Unfälle, Verkehrsbehinderungen und – was immer mehr zunehme – Betrügereien. "Die Leute wissen, welche Knöpfe sie zu drücken haben", sagt er und erzählt von einer eigenen emotionalen Erfahrung. Als er mit einem Streifenwagen und zehn Stundenkilometern ein Kind leicht berührt hat. "Das hat mich mehr berührt als die gefühlt 1000 Unfälle, die ich schon aufgenommen habe."
Mittlerweile arbeitet seine Frau vorwiegend an Wochenenden bei der Kripo in Augsburg, er selbst meist nur wochentags. So bringen sie Familie und Beruf unter einen Hut: "Wenn man etwas will und offen in Richtung Arbeitgeber und Familie kommuniziert, ist alles möglich."