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Wertingen: Das Bürgerbegehren gegen den Turmbau startet

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Das Bürgerbegehren gegen den Turmbau startet

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    Das sind die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen den geplanten Turmbau von Ulrich Reitenberger bei der Wertinger Kreisklinik: (von links) Otto Killensberger, Klaus Lang und Regina Köpf.
    Das sind die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen den geplanten Turmbau von Ulrich Reitenberger bei der Wertinger Kreisklinik: (von links) Otto Killensberger, Klaus Lang und Regina Köpf. Foto: Bürgerinitiative

    Die Gegner des geplanten Turmbau-Projekts von Ulrich Reitenberger bei der Wertinger Kreisklinik haben mit der Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren begonnen. In sehr vielen Wertinger Haushalten fanden sich über das Wochenende Aufrufe zur Teilnahme an dem Begehren, das bei einem Erfolg zu einem Bürgerentscheid führen würde.

    Der Anlass ist ein Beschluss des Stadtrates vom 21. Oktober. In dieser Sitzung entschied das Gremium in einer Kampfabstimmung darüber, mittels eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans den Weg für ein Vorhaben des Wertinger Unternehmers und Freie-Wähler-Kreisrates Ulrich Reitenberger – vorerst – freizumachen. Dieser hatte eine Woche zuvor seine Pläne vorgestellt, am Krankenhaus ein Ärztehaus in Form eines elfstöckigen Turms bauen zu wollen, in dem auch Gewerbe und Wohnungen entstehen sollten. Die Befürworter sahen in dem Vorhaben eine Möglichkeit, dem Krankenhaus durch eine generelle Aufwertung des Geländes und eine Nähe der Ärzte zum Krankenhaus mehr Sicherheit vor einer drohenden Schließung zu verschaffen. Die Gegner sehen dagegen eine Verschlechterung der Lebenssituation am Ebersberg, insbesondere durch zusätzlichen Verkehr und ein sich nicht in die Umgebung einfügendes großes Bauwerk. Außerdem wäre für den Bau der Verkauf des Grundstücks vom Kreis an Reitenberger notwendig, was von den Gegnern strikt abgelehnt wird. Im Stadtrat ging die Entscheidung mit 13 zu acht Stimmen zugunsten Reitenbergers aus, der nun weiterplanen kann. Für den Bau bräuchte er allerdings noch das Einverständnis des Landkreises für den Grundstückskauf und eine Zustimmung des Stadtrates für seine konkret ausgearbeiteten Baupläne.

    Dem Bürgerbegehren ging eine Unterschriftenaktion voraus

    Doch wenn es nach manchen Wertingern geht, wird es erst gar nicht so weit kommen. Schon vor der Abstimmung im Stadtrat hatte der Wertinger Klaus Lang Unterschriften gegen den Bau gesammelt, indem er viele Stunden lang von Tür zu Tür gezogen war. Dann folgten Szenen wie aus einem Theaterstück. Im Bauausschuss wollte Lang seine Unterschriften übergeben, überzog sein ihm zugestandenes Rederecht gewaltig und zog dann ab, ohne die Unterschriften übergeben zu haben. In der entscheidenden Sitzung, unmittelbar vor der Abstimmung, lief Lang zwischen den versammelten Stadträten in der Stadthalle hindurch, ergriff das Wort und wollte seine gut 1000 Unterschriften übergeben, obwohl ihm die Übergabe erst für die anschließend stattfindende Pause zugestanden worden war. Bürgermeister Willy Lehmeier verwies Lang des Saales, worauf dieser den Karton samt Unterschriften auf einen Tisch stellte und schimpfend den Saal verließ. Gegenüber unserer Zeitung gab er später an, er habe damit gerechnet, dass die Abstimmung erst nach der Pause erfolge und seine Unterschriften davor zur Kenntnis genommen würden.

    Nun folgt also das Bürgerbegehren. 720 Unterschriften müssen zusammenkommen, damit aus diesem ein Bürgerentscheid werden kann. Im Zuge der Aktion hat sich eine Bürgerinitiative gegründet. Neben Klaus Lang sind auf dem Blatt des Bürgerbegehrens noch Regina Köpf und Otto Killensberger angegeben. Ein formales Zeitlimit, bis wann diese Unterschriften zusammenkommen müssen, gibt es nicht.

    Die Initiatoren erwarten große Probleme beim Turmbau

    In einer Pressemitteilung geben die Verantwortlichen der Bürgerinitiative an, dass sie beim geplanten Neubau des Turms „erhebliche Probleme auf das Krankenhaus, die Innenstadt und die umliegenden Wohngebiete“ zukommen sehen. Angestrebt werde anstelle des vom Stadtrat verabschiedeten Wegs ein „offenes Verfahren mit einem ganzheitlichen Konzept für den Erhalt des Wertinger Krankenhauses als Haus der Grund- und Regelversorgung, inklusive Lösungen für die schon jetzt angespannte Verkehrssituation.“ Eine krankenhausbezogene Nutzung auf weiterhin kreiseigenem Grund.

    Klaus Lang sagt, dass der Start erfreulich positiv verlaufen sei. „Zu meiner Freude haben sich in den vergangenen Wochen mehrere Einzelpersonen und Familien gemeldet, die sich bereit erklärt haben, bei der Sammlung von Unterschriften zu helfen“, sagt er. Ziel sei, dass im Laufe der nächsten Tage alle Haushalte im Besitz einer Liste seien. Informationsstände könnten ebenfalls folgen.

    Hat das Bürgerbegerehn Erfolg, kommt es zum Entscheid

    Haben die Initiatoren Erfolg und kriegen 720 Unterschriften wahlberechtigter Wertinger Bürger zusammen, muss der Stadtrat zunächst innerhalb eines Monats entscheiden, ob er einen Bürgerentscheid zulassen würde. Dabei ginge es hauptsächlich um formale Fragen, sagt Wertingens Geschäftsleiter Dieter Nägele. Gibt der Stadtrat das Okay, ergäben sich zwei weitere Möglichkeiten. Die erste wäre, dass der Stadtrat den Forderungen der Turmbaugegner nachkommt und einen Bürgerentscheid unnötig macht. Denn dieser würde ansonsten als zweite Option erfolgen, wie Nägele erklärt. Ein solcher Entscheid würde ähnlich ablaufen wie eine Kommunalwahl. An denselben Stellen wie schon im März würden Wahllokale eingerichtet, auch die Möglichkeit der Briefwahl müsste von der Stadtverwaltung bereitgestellt werden. Für die Vorbereitungen des Bürgerentscheids hätte sie drei Monate Zeit.

    Die Abstimmungsfrage müsste in einem klaren Ja/Nein-Wortlaut formuliert sein. Kommen mehr Ja- als Nein-Stimmen zusammen, tritt der Entscheid in Kraft und ersetzt die Abstimmung des Stadtrates – Reitenberger dürfte dann nicht bauen. Allerdings gibt es eine zusätzliche Hürde: Es müssten mindestens 20 Prozent der wahlberechtigten Bürger Wertingens auch an dem Bürgerentscheid teilnehmen, damit das Ergebnis gültig ist. Das wären also etwa 1440 Wertinger, die abstimmen müssten.

    Entscheid liefe wie eine Kommunalwahl ab

    Theoretisch könnte die Stadt zudem eine Gegenfrage formulieren, die ebenfalls mit Ja oder Nein beantwortet werden müsste. Für den Fall der besonderen Situation, dass zu beiden Fragen die Ja-Stimmen überwiegen, bräuchte es zudem noch eine Stichfrage.

    Bürgerentscheide zu wichtigen Projekten sind in der Zusamstadt nichts Neues. Im Jahr 2010 scheiterte ein Bürgerentscheid gegen den Ausbau des Laugnakreisels und den Bau der Dreifeldbrücke, im Volksmund Overfly genannt. Ein zweiter Anlauf im Jahr 2014, der sich rein gegen den Bau der Dreifeldbrücke richtete, wurde vom Stadtrat nicht zugelassen. Der zweite Bauabschnitt und damit der Bau des Overfly wurde aber ohnehin verschoben, es könnte frühestens im kommenden Jahr mit dem Projekt weitergehen.

    Im Jahr 2000 stimmten die Wertinger darüber ab, ob die Stadthalle gebaut werden sollte. Zu groß, zu teuer, zu unnütz fanden manche Wertinger die Pläne. Doch verhindert wurde die Stadthalle dadurch bekanntlich nicht. Ebenso wenig wie die Rieblinger Umgehungsstraße, um deren Bau sich der erste Bürgerentscheid der Stadtgeschichte drehte. 1997 stimmten die Wertinger darüber ab, auch hier hatten die Gegner der Straße keinen Erfolg. In beiden Fällen stimmten nicht genügend Wertinger ab, um das Ergebnis wirksam werden zu lassen.

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