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Wertingen/Buttenwiesen: Zusam-Jahrhunderthochwasser: Die Region Wertingen steht unter Wasser

Wertingen/Buttenwiesen

Zusam-Jahrhunderthochwasser: Die Region Wertingen steht unter Wasser

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    Die Kanalstraße gleicht am Sonntagvormittag eher einem Fluss.
    Die Kanalstraße gleicht am Sonntagvormittag eher einem Fluss. Foto: Dominik Bunk

    Am späten Samstagabend ist in Wertingen die Anspannung zu spüren. Es regnet seit Tagen, die Zusam steigt immer weiter. Ein extremes Hochwasser wird vorausgesagt. In der von der Feuerwehr bereits gesperrten Laugnastraße steht das Wasser, genauso wie in der Kanalstraße. Zu dieser Zeit ist ein Durchkommen mit Gummistiefeln noch möglich. Vor einigen Gebäudeeingängen liegen weiße Sandsäcke, die verhindern sollen, dass Wasser eindringt. "Wir bereiten uns darauf vor, dass die

    Die Feuerwehren haben sich auf die bevorstehenden Einsätze vorbereitet. "Wir haben 8000 Sandsäcke gefüllt", sagt Kreisbrandmeister Thomas Schuhwerk. "Viele der Häuser in den betroffenen Straßen sind gut ausgerüstet", erklärt er, "die Anwohner sichern gerade alles". Schon zu diesem Zeitpunkt wird mindestens von einem HQ 100 ausgegangen – einem Hochwasser, wie es statistisch nur einmal in 100 Jahren vorkommen sollte. Diese Vermutung sollte sich am nächsten Morgen bewahrheiten. 

    Der Wasserpegel stieg in Wertingen rasant an

    "Heute Nacht hatten wir nur einen leichten Anstieg des Pegels. Deshalb hatten wir in der Früh eigentlich Hoffnung", sagt Kreisbrandmeister Schuhwerk. Die habe allerdings nicht lange angehalten. Denn dann sei das Wasser innerhalb weniger Minuten schlagartig um mehrere Zentimeter gestiegen. "Wir haben die Feuerwehren der Ortsteile glücklicherweise prophylaktisch im Vorfeld alarmiert", sagt er, auch das Technische Hilfswerk ist vor Ort. Denn am Sonntagvormittag wird jede helfende Hand gebraucht. 

    Die Augsburger Straße ist am Sonntagvormittag komplett überflutet.
    Die Augsburger Straße ist am Sonntagvormittag komplett überflutet. Foto: Dominik Bunk

    Ab dem Kreisverkehr an der Alten Zusam gibt es kein Durchkommen mehr für Autos. Auf der Kanalstraße, Laugnastraße, Augsburger Straße und Umgebung steht das Wasser so hoch, dass Anwohnerinnen und Anwohner mithilfe der Wasserwacht per Boot evakuiert werden müssen. 

    Die Wasserwacht befreit Menschen mit Booten aus der Wohnung.
    Die Wasserwacht befreit Menschen mit Booten aus der Wohnung. Foto: Dominik Bunk

    Am Kreisverkehr und der Zusambrücke am nördlichen Ende der Kanalstraße haben sich zahlreiche Anwohnerinnen und Anwohner versammelt. Ein Mitarbeiter des indischen Restaurants King Masala, das ebenfalls vom Hochwasser betroffen ist, verteilt kostenlos Tee an die Passanten und Einsatzkräfte vor Ort. Zeitgleich navigiert ein anderer Mitarbeiter die Feuerwehrleute durch den überfluteten Gastraum. 

    In der Wertinger Stadthalle werden Menschen betreut

    Die Wertinger Stadthalle ist eine Anlaufstation für Menschen, die nicht wissen, wo hin. Am frühen Sonntagnachmittag werden dort rund 50 Betroffene verpflegt und betreut, erklärt Kreisbrandmeister Schuhwerk. Zwar seien einige Menschen gestürzt und eine schwangere Frau habe aus der Wohnung geholt werden müssen, schwere Verletzungen habe es aber glücklicherweise keine gegeben, erklärt er. Alexander Goldschmitt ist verzweifelt. Er wohnt in der Gänsweid. Seit Sonntagmorgen um elf Uhr, als er mit dem Boot evakuiert wurde, weiß der 54-Jährige nicht mehr, wie es um sein Haus steht. „Es musste alles schnell gehen, ich habe einen Rucksack gepackt, mit etwas Wechselwäsche. Das Haus ist etwas höher gebaut. Als ich ging, war das Wasser aber schon an der letzten Treppenstufe.“ Jetzt befürchtet er, dass es mittlerweile im Haus steht. Während er abwarten muss, hilft sein Sohn Dominik, der beim Bayerischen Roten Kreuz arbeitet, seit Tagen ehrenamtlich bei Diedorf im Landkreis Augsburg. Goldschmitt selbst ist bei seiner Mutter untergekommen. In der

    Dort sind etwa 60 bis 70 Personen aus den betroffenen Gebieten in Wertingen untergebracht, wie Wilhelm Nittbaur von der Schnellen Einsatz Gruppe (SEG) des Bayerischen Roten Kreuzes, Kreisverband Dillingen, berichtet. Die 82-jährige Nina Sinkovski etwa wartet dort mit ihrer Tochter und anderen Bewohnern der Übergangs-Wohnheime in der Augsburger Straße. „Wir sind so dankbar, wie uns hier geholfen wird.“ Nur die wichtigsten Dokumente und Arzneimittel konnten sie mitnehmen. Manfred Mayr aus der Badgasse hat bereits am Morgen seine Frau und die drei Kinder zum Schwiegervater nach Wortelstetten geschickt. Er steht vor dem Haus, in dem die Familie eigentlich wohnt. Die Zusam hat das gesamte Erdgeschoss geflutet. Mayr befürchtet einen Schaden von mehreren tausend Euro.

    Zwischen Thürheim, Buttenwiesen und Pfaffenhofen sind Seen entstanden.
    Zwischen Thürheim, Buttenwiesen und Pfaffenhofen sind Seen entstanden. Foto: Dominik Bunk

    Vier Menschen mussten mit einem Rettungshubschrauber aus der Hausener Mühle evakuiert werden. "Die Strömung ist dort für ein Boot zu stark", erklärt Schuhwerk. Denn auch dort steht das Wasser, auf den Feldern wie auf den Straßen. Zwischen Buttenwiesen, Thürheim und Pfaffenhofen sind regelrechte Seen entstanden, wo sonst die Fahrradwege verlaufen. Die HQ-100-Marke wurde am Vormittag erstmals am Messpunkt in

    Zwischen Thürheim, Buttenwiesen und Pfaffenhofen sind Seen entstanden.
    Zwischen Thürheim, Buttenwiesen und Pfaffenhofen sind Seen entstanden. Foto: Dominik Bunk

    Und auch die Laugna ist stark über die Ufer hinausgetreten. Wann das Wasser wieder abfließen wird, könne man noch nicht sagen, erklärt Schuhwerk. Zunächst sei vermutet worden, dass der Scheitelpunkt des Wasseranstiegs schon am Sonntagvormittag erreicht worden wäre. Die Entwicklung zeige allerdings, dass das am Nachmittag noch nicht der Fall gewesen ist. Die Wertinger Schulen bleiben am Montag geschlossen, teilt das Landratsamt in einer Pressemitteilung mit. Am Sonntagabend teilt das Landratsamt mit, dass die Evakuierung von Teilen Buttenwiesens vorbereitet wird. (mit mbk)

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