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Wird der Funkturm in Villenbach neu geprüft?
![Der Funkturm in Villenbach wurde 1982 höher gebaut, als in den ursprünglichen Plänen genehmigt. Der Gemeinderat verweigerte eine nachträgliche Zustimmung, das Landratsamt erteilte diese aber. Der Funkturm in Villenbach wurde 1982 höher gebaut, als in den ursprünglichen Plänen genehmigt. Der Gemeinderat verweigerte eine nachträgliche Zustimmung, das Landratsamt erteilte diese aber.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/1x1.png)
Nach dem Tauziehen um die Standsicherheit des Turms hat sich das Bauministerium eingeschaltet. Recherchen legen nahe, dass das Gutachten vom Landratsamt falsch bewertet wurde.
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Es kommt neuer Schwung in den Streit um den Funkturm, der im Villenbacher Postweg steht. Seit mittlerweile rund 20 Jahren kämpft der Anwohner und Inhaber einer Kfz-Werkstatt, Georg Wiedenmann, für eine erneute Prüfung der Standsicherheit des Funkturms. In seinen Augen wird er seit jeher illegal betrieben. Nun finden neue Gespräche statt in einem Fall, dem es nicht an bizarren Details mangelt. Unserer Redaktion liegt außerdem ein Statement der Bayerischen Ingenieurskammer vor. Es stellen sich damit grundlegende Fragen zur Arbeit des Landratsamts, das als Kontrollbehörde für die Sicherheit des Funkturms zuständig ist.
1983 war der Funkturm im Villenbacher Postweg errichtet worden, betrieben wird er von der „Deutschen Funkturm GmbH“. Diese Firma war einst eine hundertprozentige Tochter der Telekom, heute gehört sie zu 51 Prozent auch den nordamerikanischen Investmentfirmen DigitalBridge und Brookfield. Im Laufe der Jahre wurde die Bestückung mit Funktechnik auf dem Turm deutlich erweitert, zuletzt im Jahr 2021.
Das bisherige Gutachten wurde im Auftrag des Betreibers erstellt
Nachdem Anwohner Georg Wiedenmann mit einem Gutachten darauf hingewiesen hatte, dass sowohl der Turm als auch das zugehörige Betriebsgebäude höher gebaut worden waren als im Plan verzeichnet, lehnte zunächst der Gemeinderat im Juli 2020 die nachträgliche Genehmigung mit großer Mehrheit ab. Lediglich zwei Stimmen entfielen zugunsten eines Weiterbetriebs. Es waren auch Bilder aus dem Inneren des Turms aufgetaucht, die größere Bruchstücke auf dem Boden zeigten, die heruntergefallen waren.
„Übliche, fertigungstechnisch bedingte Abplatzungen“ nannte diese ein Unternehmenssprecher. Und auch das Landratsamt sah keine Einwände gegen einen Weiterbetrieb und überstimmte die Gemeinde. Ein Gutachten, das Wiedenmann von einem Statiker aus der Region anfertigen ließ, wurde als „nicht nachvollziehbar“ abgewiesen. Stattdessen pochte die Behörde auf das Gutachten, welches die Telekom in Auftrag gegeben hatte. Deren Gutachter hatte dem Funkturm eine statische Auslastung von 99,6 Prozent und damit Standsicherheit bestätigt.
Der Kriterienkatalog ist anscheinend fehlerhaft ausgefüllt worden
Doch ebendieses Gutachten wirft nun neue Fragen auf. Es geht um den sogenannten Kriterienkatalog, der die Grundlage für den Standsicherheitsnachweis und damit für die Genehmigung des Landratsamts darstellt. Nach Informationen unserer Zeitung wurde dieser vom Prüfer, einem Ingenieur aus Baden-Württemberg, in mindestens einem Punkt falsch ausgefüllt. Das hatte Anwohner Georg Wiedenmann herausgefunden, indem er die Herstellerfirma des Funkturms per E-Mail kontaktiert hatte. Recherchen unserer Zeitung haben diese Erkenntnisse bestätigt. Demnach wurde für den Bau des Funkturms sogenannter Spannbeton verwendet, der, wie der Name andeutet, unter permanenter Spannung steht, da in ihm gespannte Stahlelemente verbaut sind.
Im letzten Punkt des Kriterienkatalogs wird eben dieser Umstand jedoch falsch angegeben. Demzufolge hätten auch die nachfolgenden Felder nicht mit „Ja“ angekreuzt werden dürfen, die eine Prüfung des Standsicherheitsnachweises als „nicht erforderlich“ kennzeichnen. Wiedenmann sieht hier ein grundlegendes Versagen. „Das Gutachten ist nachweislich falsch erstellt worden, was die Aufrüstung und den Weiterbetrieb der Anlage entgegen der Sicherheitsvorschriften ermöglicht. Das Landratsamt als untere Bauaufsichtsbehörde muss nun den Standsicherheitsnachweis prüfen lassen, da gibt es kein Wenn und Aber.“
Nun findet ein großes Rundgespräch statt
Ein Statement der Bayerischen Ingenieurskammer, das auf Anfrage unserer Redaktion einging, bestätigt Wiedenmanns Einschätzung hierbei. Die Referentin für Ingenieurswesen, Irma Voswinkel, schreibt hier: „Bei Verwendung von Spannbeton ist davon auszugehen, dass sich nach dem Kriterienkatalog eine Prüfpflicht ergibt.“ Das Landratsamt teilte auf Anfrage bereits Mitte September mit, dass die Aspekte um die Standsicherheit „gesammelt einer Klärung zugeführt“ würden, der Kriterienkatalog aufgrund der Recherchen unserer Zeitung jedoch „vorgezogen“ werde. Bislang präsentierte die Behörde jedoch kein Ergebnis.
Nun sollen neue Gespräche zwischen Wiedenmann und Vertretern von Behörden stattfinden, wie das Landratsamt auf Anfrage bestätigt hat. Mittlerweile interessiert sich wohl auch die Regierung von Schwaben sowie das bayerische Bauministerium für den Fall, da sie Vertreter zu einem Gesprächstermin schicken. Zu diesem Termin fordern die Behörden von Georg Wiedenmann jedoch, wie schon in der Vergangenheit, die Vorlage von Unterlagen, welche für die Standsicherheit relevant sein sollen.
Wiedenmann will ein unabhängiges Gutachten
Darüber kann Wiedenmann nur den Kopf schütteln, wie er sagt. Dass der Funkturm aus Spannbeton gebaut sei, ist in seinen Augen lediglich ein Detail, wenngleich ein wichtiges. Vor allem aber seien bei der Berechnung der Auslastung gravierende Fehler gemacht worden - wesentliche Aufbauteile seien ebenso wie die Windlast nicht berücksichtigt worden, um die statische Auslastung unter 100 Prozent zu halten, schildert Wiedenmann seine Erkenntnisse.
Das müsse endlich von einem unabhängigen und vereidigten Gutachter geprüft werden. Das Gutachten, das im Auftrag der Telekom beziehungsweise Deutsche Funkturm erstellt worden sei, ist nach Einschätzung Wiedenmanns verfälscht und als Grundlage für die Bewertung der Standsicherheit völlig ungeeignet. Und diese Bewertung sei nicht seine Aufgabe. „Ich mache hier mit riesigem Aufwand an Zeit und Kosten die Arbeit, die das Landratsamt machen müsste. Und das seit Jahrzehnten", sagt er.
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