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Faszination Dart-Scheibe
![Das ist der Beste beim Darts, Kevin Braunmüller aus Binswangen. Drei Pfeile an der Stelle bringen 180 Punkte (Triple Twenty). Das ist der Beste beim Darts, Kevin Braunmüller aus Binswangen. Drei Pfeile an der Stelle bringen 180 Punkte (Triple Twenty).](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
In Glött wird mit Pfeilen auf Scheiben gezielt. Die Faszination Dart hat es vor allen jungen Leuten angetan.
In der Gemeinde mit dem gleichnamigen Flüsschen „blühen“ die Lilien nahezu allgegenwärtig. Auf dem Wappen im Rathaus doppelt, ebenso wie an der grellweißen Fassade beim SSV-Sportheim mit dem Lilienplatz. Die Pflanzen mit den auffälligen Blüten grüßen auch von der Vereinsfahne des 75 Jahre alten Clubs mit Fußball, Tennis und Gymnastik herab. Und weil die Organisation mit Gründungsjahr 1949 heuer Geburtstag feiert, lud die neue Abteilung mit dem obligatorischen Titel „Lilien Darters“ zu einem Megaturnier ein, das es laut Spartenleiter Sascha Wild in der ganzen Aschberggegend noch nie gegeben hat.
Am offiziellen, angenehm blauen Sportdress prangen die erwähnten Zierblumen sowie drei stecken gebliebene Pfeile, die auf die enge Verbindung zum Hauptverein hindeuten und das prächtige Bild an der Glött vervollständigen. Konservative Blumenfreunde verbinden die Gewächse gerne mal mit Schönheit, Reinheit oder Würde. Der 35-jährige Glötter mit Geburtsort Weisingen setzt die Schwerpunkte von Darts etwas nüchterner: „Das Wichtigste ist hier volle Konzentration und außerdem: üben, üben, üben.“ Alte Lebensweisheit, nur das mache den Meister. Den Abschied von einem längst überholten Image fordert Wild allerdings beim Bild vom Zeitvertreib alter weißer Männer mit Bierplauze in verrauchten Kneipen.
![Abteilungsleiter Sascha Wild legt an: Auch wenn mancher Ansatz auf Höhe der Gürtellinie immer noch üppig ausfällt, hat sich das Bild bei Darts grundlegend verändert. Als Hubschraubermechaniker kennt er sich ja mit Technik aus. Abteilungsleiter Sascha Wild legt an: Auch wenn mancher Ansatz auf Höhe der Gürtellinie immer noch üppig ausfällt, hat sich das Bild bei Darts grundlegend verändert. Als Hubschraubermechaniker kennt er sich ja mit Technik aus.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/1x1.png)
Der früher so dargestellte Zweig hat sich zum modernen Leistungssport auch für jüngere Jahrgänge entwickelt. Ein kurzer Blick am vergangenen Wochenende ins rasante Geschehen mitten in der großen Sporthalle am Stadion genügte, mit manchen noch bestehenden Legenden abzuschließen. Neben zahlreichen Männern – zum Teil natürlich mit sichtbaren Ansätzen auf Höhe der Gürtellinie – junge Familien, sportliche junge Damen und durchtrainierte Mannsbilder in den Zwanzigern und Dreißigern.
Für dieses neue Bild von Darts steht und kämpft mit Kevin Braunmüller ein 21 Jahre alter Industriekaufmann aus Binswangen. Schlank, flink sowie äußerst wachsam und mit stoischer Ruhe erweist sich das junge Organisationstalent als Trophäenjäger und wichtiger Erfolgsgarant für die vor fünf Jahren ins Leben gerufene Sektion. Mit dem „guten Mann“ (Wild) nehmen rund 30 Mitglieder in zwei Teams am Ligabetrieb des Bayerischen Dartverbandes teil. Dabei sind sie wie bei der Leichtathletik und dem Triathlon gewissermaßen als „Mehrkämpfer“ unterwegs. Denn neben einem gesunden Geist erfordert Darts auch Talent bei Geschicklichkeit, Präzision und Übersicht. Letzteres entspringt dem Umstand, dass die rund 45 Zentimeter breite Wurfscheibe – das Board – Außenstehende eher an ein Zielort mit einem abstrusen Zahlenwirrwarr erinnert. Der Hintergrund: Ein Brite hatte die vermeintlich wilde Ziffernfolge, die manchen zum Rasen bringen dürften, einst ausgetüftelt. So sollte das Spiel spannender gestaltet werden. Neben hohen Werten finden sich wesentlich kleinere, mit denen ein ungenaues Zielen bestraft werden sollte.
Apropos: Darts kommt einer lebhaften Jagd nach Punkten gleich, die ironischerweise von einer Gesamtsumme wie etwa 301 oder 501 abgezogen werden müssen. Daher auch die vierte Disziplin, die unbedingt beherrscht werden muss: das Kopfrechnen. Als wertvolle Beiträge gelten zum Beispiel der rote Zentralpunkt, das Bull’s Eye (Ochsenauge), mit dem 50 Zähler eingestrichen werden können.
Der grüne Rand am Ochsenauge bringt immerhin noch die Hälfte davon. Lohnenswerter fällt dabei freilich der Blick auf die beiden großen Innen- und Außenbögen der Scheibe aus Sisalfasern aus. Ein Treffer auf der unteren, in Höhe der 20, lässt die Herzen der Dartler höherschlagen: „Nach diesem Triple 20 strebt jeder Spieler“, schmunzelt Sascha Wild, der dieses „Gefühl der Begierde beim Match“ kennt. Doch Vorsicht: Die Stelle des rund zweieinhalb Meter entfernten Boards kommt gerade mal auf die Größe eines Bleistiftschafts. Schlagen alle drei Wurfgeschosse dort ein, wurde das absolute Punktemaximum erzielt. Wie das geht, kann man jedes Jahr bei der Darts-WM in London verfolgen, die im legendären Ally Pally ausgetragen wird. Das bedeutet übrigens hundert Stunden Live-übertragung. Dies könnte auch erklären, weshalb Wilds Ehefrau Theresa den letzten Monat im Jahr nicht so mag.
Anders dagegen die beiden Kinder Emilia, 4, und Julian, 7. „Wir brauchen dringend Nachwuchs und neue Leute, die jeden Donnerstag um 19 Uhr zum Training kommen“, bittet Vereinskollege Roland Schwerter inständig. Der humorvolle Mann im Wiesn-Outfit begrüßt zu Beginn die 64 Teilnehmer und ruft auch zur Teilnahme beim Inklusions-Darts Endes des Monats in Donauwörth auf. „Wir haben auch eine soziale Verantwortung.“
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