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FC Augsburg: Ein Stier mit viel Ballgefühl

FC Augsburg

Ein Stier mit viel Ballgefühl

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    „Ricardo Pepi ist ein sehr kompletter Stürmer. Er ist ein hervorragender Torjäger , hat ein gutes Tempo und kann gut mit einem Mitspieler kombinieren.“Frederik Winther beobachtet im Hintergrund, wie Ricardo Pepi mit dem Ball jongliert.
    „Ricardo Pepi ist ein sehr kompletter Stürmer. Er ist ein hervorragender Torjäger , hat ein gutes Tempo und kann gut mit einem Mitspieler kombinieren.“Frederik Winther beobachtet im Hintergrund, wie Ricardo Pepi mit dem Ball jongliert. Foto: Ulrich Wagner

    Der Video-Zusammenschnitt von Ricardo Pepi macht Lust auf mehr. Er zeigt den 18-jährigen US-Stürmer, wie er sich elegant an einem Abwehrspieler vorbeischlängelt, von links in den Strafraum eindringt, verzögert und dann mit einem satten Schuss ins Kreuzeck abschließt. In einer anderen Sequenz zirkelt er den Ball mit rechts an der Mauer vorbei, unhaltbar ins lange Eck. Es gibt aber auch Szenen, in denen er technisch fein den Ball im Mittelfeld verarbeitet, sich behauptet und dann seine Mitspieler bedient. Natürlich werden in solchen Werbeclips die Spieler nur von ihrer Schokoladenseite präsentiert, doch die Sequenzen deuten durchaus an, was für ein Potenzial in Pepi steckt. Sein Spitzname ist „Toro“, der Stier. Ein Stier mit unheimlich viel Ballgefühl. Und die Videoschnipsel zeigen auch, warum dem FC Augsburg der Transfer des Mega-Talentes rund 13 Millionen Euro plus eventuellen Boni-Zahlungen und damit mehr wert war als dem FC Bayern oder dem VfL Wolfsburg.

    Doch wer ist dieses amerikanische Wunderkind, das selbst die Bayern in seiner Entwicklung überraschte? Denn dort sollte er eigentlich erst einmal über den Nachwuchsbereich an die Profis herangeführt werden.

    „Ricardo Pepi ist ein sehr kompletter Stürmer. Er ist ein hervorragender Torjäger, hat ein gutes Tempo und kann gut mit seinen Mitspielern kombinieren. Wir haben uns für ihn entschieden, weil er furchtlos ist und auf seine Qualitäten vertraut“, erklärte zum Beispiel US-Nationaltrainer Greg Berhalter gegenüber Sky Sport, warum er ihn Anfang September zum ersten Mal in der US–Nationalmannschaft einsetzte. Und das bei der wichtigen WM-Qualifikation. Saß Pepi gegen El Salvador (0:0) und Kanada (1:1) noch auf der Bank, spielte er gegen Honduras in einer 4-3-3-Formation von Beginn an als Mittelstürmer und erzielte bei seinem Debüt gleich ein Tor und gab zwei Vorlagen.

    Gegen Jamaika schnürte er dann im Oktober – als erst zweiter 18-Jähriger nach Christian Pulisic (Borussia Dortmund, jetzt FC Chelsea) – einen Doppelpack für das US-Team. Drei Treffer in sieben Länderspielen, kein schlechter Schnitt.

    Wenn Pepi die Entwicklung von Pulisic nimmt, den die Borussia als 16-Jährigen aus den USA holte, dann könnte er sich trotz der FCA-internen Rekordablöse als Schnäppchen herausstellen.

    Auch in der abgelaufenen Saison der MLS, der höchsten amerikanischen Profi-Liga, sorgte er mit 13 Toren in 31 Spielen für den Mittelklasse-Klub FC Dallas für Furore. Lutz Pfannenstiel, ehemaliger Sportvorstand von Fortuna Düsseldorf und jetzt Sportdirektor beim zukünftigen MLS-Klub St. Louis City SC (ab 2023) gratuliert dem FCA via Sky schon mal: „Er hat riesiges Potenzial, er ist ein Vollblutstürmer mit riesigem Torinstinkt und einem wahnsinnigen Körper.“ Der Sprung in die Bundesliga, gerade im Winter, sei groß, aber er habe Stärken, „die man in Deutschland und in den großen Ligen der Welt momentan sucht“. Allerdings brauche er Zeit. Der FCA müsse ihn wie ein Pflänzchen gut pflegen, dann könne das „eine große Erfolgsgeschichte“ werden.

    Dass der FCA gerade jetzt während der Unsicherheiten der Corona-Pandemie so viel Geld in die Hand nimmt, hat auch mit der Einstellung von Pepi zu tun. Der 18-Jährige wollte jetzt den Schritt nach Europa wagen, nicht warten. Der FCA musste sich entscheiden und griff zu. Jetzt muss der Youngster beweisen, dass er nicht nur in der Major League Soccer, sondern auch im Abstiegskampf der Bundesliga überzeugen kann.

    Doch es spricht für den Ehrgeiz, die Mentalität und den Willen von Pepi, dass er sich dieser Herausforderung stellt. Hartes Arbeiten wird ihm von seinen Eltern, die aus Mexiko stammen, vorgelebt. Ricardo kommt als das älteste von drei Kindern (er hat noch eine Schwester und einen Bruder) in der texanischen Wüstenstadt El Paso zur Welt.

    Sein Vater und sein Großvater sind wie die meisten Mexikaner Fußball-Fans und so beginnt er mit vier Jahren nicht mit dem amerikanischen Football, sondern mit dem „Soccer“. Mit 13 holt ihn der FC Dallas, der als das Nachwuchsbecken der USA gilt, in seine 1000 Kilometer entfernte Nachwuchsakademie. Zuerst lebt Pepi dort in einer Gastfamilie, später zieht seine Familie nach. Pepi erzielt so viele Tore, dass ihn die Trainer auch im Mittelfeld und in der Verteidigung einsetzen, um ihn ein bisschen zu bremsen.

    2018 unterschreibt er beim Dallas Farmteam North Texas SC seinen ersten Profivertrag. Doch die unterklassige USL League One ist für ihn bald keine Herausforderung mehr. Der FC Dallas holt ihn im Juni 2019 zurück. Mit 16 Jahren und 163 Tagen unterschreibt er dort, einen Tag später gibt er gegen den FC Toronto sein MLS–Debut. Im Juli 2021 wird er der jüngste Spieler in der Geschichte der MLS, dem ein Hattrick gelingt. Genau am Jahrestag des Todes seines Großvaters.

    Jetzt also Augsburg. In ein paar Wochen wird Pepi auf seine Idole Robert Lewandowski und Erik Haaland treffen. „Ich versuche immer, von ihnen zu lernen, ihre Spiele zu schauen und so zu spielen wie sie“, verriet der junge US-Angreifer im Juli im Gespräch mit der Internet-Seite Goal. Am morgigen Samstag beginnt das Abenteuer Bundesliga für ihn mit dem Auswärtsspiel bei der TSG 1899 Hoffenheim (15.30 Uhr/Sky). Vielleicht kann er da schon zeigen, wie viel er sich abgeschaut hat. Und vielleicht macht er mit seinem ersten Bundesliga-Tor nicht nur dem FCA ein Geschenk, sondern auch sich selbst. Er wird am Sonntag 19.

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