Viele Besucher finden an diesem Tag den Weg auf den abgelegenen Hügel am Ortseingang von Prettelshofen. Sportlich wandern einige die Anhöhe zu Fuß mit Kinderwagen oder Walking -Stöcken hinauf. Andere fahren mit dem Auto. Einer von ihnen ist Benedikt Kailing mit seiner kleinen Familie. Was hat ihn zum Besuch der Verdichteranlage Wertingen animiert? „Wir spazieren oft hier vorbei und das sieht immer so leer aus. Jetzt wollten wir es genau wissen“, erklärt er. Kailing arbeitet bei MAN und kennt Verdichter. Eine Gasverdichterstation ist selbst ihm neu. Karl und Alexandra Benz fügen hinzu: „Die Dimension der Anlage ist etwas Besonderes.“
Drei große Verdichter bilden das Herzstück der Station
Weiße Infozelte stehen vor dem Betriebsgelände. Viele Menschen laufen von Station zu Station und machen den Rundgang über das Werksgelände mit. Mitarbeiter von Bayernets geben Auskunft zur Gaskühleranlage, zur Verdichterstation und zum Umspannwerk der Lechwerke (LEW). Wieso braucht es eine Verdichterstation? Sie dient dazu, den Druckverlust beim Erdgastransport auszugleichen. Im Sommer leitet die Verdichterstationen über ein Gasleitungsnetz das Erdgas zu den großen Speichern nach Österreich und nach Burghausen am Chiemsee. Im Winter holt die Verdichterstation das Gas zurück und leitet es weiter: Kraftwerke, Firmen und private Haushalte bleiben so gut versorgt. Die Verdichterstation Wertingen besteht aus drei elektromotorbetriebenen Verdichter-Einheiten. Eine davon dient nur als Reserve.
Bayernets Geschäftsführer Matthias Jenn ist positiv gestimmt. Stolz erklärt er vor einem Modell der Verdichterstation: „Wir sind optimal auf den nächsten Winter vorbereitet.“ Dieses Jahr sind die Speicher schon jetzt zu 85 Prozent befüllt. Jenn fügt hinzu: „Die Industrie hat im letzten Winter viel eingespart.“ Der geplante Ausbau der Gastrasse „Augusta“ von Wertingen nach Kötz bei Senden diene dazu die Gasversorgung weiter zu optimieren. Insbesondere um Baden-Württemberg mitzuversorgen. Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) sorgt mit seinen Vorschriften für einen sicheren Transport. Regelmäßig führen die drei bis fünf technischen Mitarbeiter der Verdichterstation „Dichtheitsprüfungen“ durch. Druck- und Temperatursensoren zeichnen die Gasströme kontinuierlich auf. Die Methanausstöße liegen laut Bayernets im 0,1er Bereich.
Die Firma will einen Beitrag zur Energiewende leisten
Richard Unterseer, Bereichsleiter für das Netzmanagement verdeutlicht: „Bayernets möchte einen Beitrag zur Klimawende leisten.“ Der Strom für die Verdichterstation stamme aus erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarkraft. Die Lechwerke versorgen die Wertinger Verdichterstation damit. Die Herkunft des Erdgases sei transparent für jeden Besucher einsehbar: Nordseegas aus Norwegen, Gas aus Groningen in den Niederlanden, aus Frankreich und Flüssiggas aus Übersee füllt die deutschen Vorräte. Russisches Gas sei seit dem Mai/Juni 2022 keine Option mehr. Die Klimawende, die Bayernets unterstützen will, sie soll in Zukunft mit grünem Wasserstoff funktionieren.
Der Ausbau des Netzes erfolgt zukünftig laut Netzmanager Unterseer parallel: „Die Herausforderung besteht darin, die Erdgasversorgung aufrechtzuerhalten und ein Wasserstoffnetz aufzubauen.“ Der Bau der rund 40 Kilometer langen „Augusta“ von Wertingen nach Kötz bei Senden startet 2025. Er dient der Gasversorgung. Aber: „Wir bauen die Augusta Pipeline so, dass wir die irgendwann auch mit Wasserstoff betreiben können.“ Gleichzeitig soll bis 2030/31 der Ausbau eines Wasserstoffnetzes von Burghausen über München und Ingolstadt bis nach Baden-Württemberg erfolgen. Geplant ist, dass 14 Kilometer bei Burghausen von Gas auf Wasserstoff bis Ende 2025 umgestellt werden.
Doch auch um eine Energieleitung zu betreiben, braucht es Energie: Eine Abwärmenutzung wie bei Biogasanlagen macht wenig Sinn, sagen die Betreiber. Die Verdichterstation läuft überwiegend im Sommer. Stattdessen denkt Bayernets über die Installation von Solarzellen nach. Der Einbau eines Elektromotors in die Verdichterstation Wertingen spart im Vergleich zu Verdichterstationen mit Turbinen immerhin heute schon Abgase ein, so Bayernets.
Info: Am Mittwoch um 19 Uhr in der Wertinger Stadthalle stellt die Firma Bayernets die Pläne für den Bau der neuen Leitung "Augusta" vor.