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Lauterbach: Die unglaubliche Rückkehr einer Lauterbacherin auf den Pferderücken

Lauterbach

Die unglaubliche Rückkehr einer Lauterbacherin auf den Pferderücken

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    Auf dem Pferderücken braucht Ronja Regele keine Krücken. Nach einem schweren Unfall hat sie sich zurückgekämpft.
    Auf dem Pferderücken braucht Ronja Regele keine Krücken. Nach einem schweren Unfall hat sie sich zurückgekämpft. Foto: Hildegard Steiner

    Ronja Regele aus Lauterbach war und ist eine ehrgeizige, sportliche und fleißige junge Frau, die sich schon früh dem Reitsport und auch dem „Show-Tanz/Pop“ verschrieb, bis es im Juli 2016 zu einem tragischen schweren Autounfall kam. Ausgelöst durch einen alkoholisierten Fahrer auf einer Landstraße. Schwer verletzt kam die Schülerin ins Krankenhaus. „Die Liste meiner Verletzungen war sehr lange“, blickt sie zurück.

    Die Liste der Verletzungen war sehr lang

    Ein „inkompletter Querschnitt mit Fußheberparese“ war die Folge. Bei diesem Querschnitt ist ein Teil des Rückenmarks geschädigt. Die traumatische Verletzung neuronaler Strukturen innerhalb des Wirbelkanals führt zu Lähmungen mit teilweisem oder komplettem Verlust von körperlichen Funktionen, wie der Motorik und Empfindungen. Und wäre es nicht schon genug, bewirkt eine „Fußheberschwäche“, dass das Gehirn die Nervenimpulse, die das Anheben des Fußes steuern, nicht mehr korrekt an die „Fußhebermuskulatur“ weiterleiten kann. Mehrfacher Wirbelbruch, Bandscheiben, Spinalkanal, Beckenschaden, Leberriss, Speiche Hand Verletzung – alles in allem eine Katastrophe für einen jungen Menschen.

    „Ein Horror! Sechs Wochen lag ich im Krankenhaus. Es folgte ein Jahr Reha. Lange war nicht klar, ob ich jemals wieder laufen kann und ob ein normales Leben möglich sein wird. Mein großer Wille und mein Ehrgeiz haben mir über die schlimmste Zeit geholfen“, erzählt die Kämpfernatur Ronja Regele.

    Ihren Schulabschluss vollzog sie im Jahre 2017. Ihre vorher geplante Ausbildung zur Bürokauffrau ging wegen des Unfalls nicht mehr. Sie besuchte deshalb die „Private Wirtschaftsschule“ und wird demnächst eine Ausbildung zur Grafik Designerin beginnen. „Meine Familie war meine Stütze und mein Hund „Feely tröstete mich“, so Regele, „besonders aber meine große Liebe zu Pferden gab mir Kraft, Hoffnung und machte mir immer wieder neuen Mut.“

    Begeistert von Pferden war Ronja Regele schon mit drei Jahren. „Mit elf Jahren habe ich mein erstes Pferdchen, den Isländer „Maxi“, bekommen und war überglücklich und begann Reitunterricht zu nehmen. Regelmäßig trainierte ich Dressur und springen“, sagt sie mit leuchtenden Augen. Schon bald zeigten sich Erfolge und die junge Reiterin hatte große Pläne. Als ihr Isländer-Pony 2013 in Rente ging, verliebte sie sich in die Friesenstute „Thalija“. Dass dieses Tier blind war, störte Ronja nicht. „Wir beide waren ein eingespieltes Team“, sagt Regele. Pferdeexperten wissen, dass sich Pferde nur durch großes Vertrauen zur Reiterin und einer einfühlsamen Reitweise auf so etwas einlassen. Bis auf A-Niveau bildete Ronja Regele die Friesenstute aus, die heute ihren Ruhestand genießt.

    Diese Liebe zu Pferden schlummerte in der Tiefe ihrer Seele weiter und kam auch nach der schweren Verletzung bald wieder zum Vorschein. Sie startete trotz gesundheitlicher Folge-Einschränkungen mit ihrem 2017 gekauften 8-jährigen polnischen Warmblut Barados und schaffte es mit ihm wieder in den Springreitsport. „Mein langsam aufblühender Wunsch und der Einstieg in die `Parawelt´ war geboren und gelang Anfang 2020 mit Roschees Rubinchen, einer 13-jährige Oldenburger Stute. „Para-Equestrian“ ist Reiten als Sport für Menschen mit Behinderung, eine ideale Sportart, die auch zusammen mit Nichtbehinderten ausgeübt werden kann“, erklärt die passionierte Reiterin.

    Bei ihrem großen Interesse an FN-Turnieren, deren Vertreter der Verein „IG-Springreiter für Menschen mit Handicap“ vertritt und deren Motto es ist: „Wir selbst müssen die Veränderung werden, die wir geschehen sehen wollen“, gab ihr Christian Feigl vom Bayerischen Reitverband München Schützenhilfe. Nach einigen gesundheitlichen Zulassungskontrollen erhielt Ronja Regele den vorgeschriebenen „Sport-Gesundheitspass“, den man benötigt, wenn man als Sportlerin mit Behinderung sogenannte kompensatorische Hilfsmittel benötigt. „Die Dokumentation der Befunde, Diagnosen und Medikamenteneinnahme erleichtert den Turnierärzten die Betreuung der Sportler und vermeidet unnötige Rückfragen in Zweifelsfällen einer Wettkampfklassen-Einstufung“, so Regele, die inzwischen einige Turniere im Springen in den unteren Klassen absolviert hat und mit ihrem Pferd Roschee’s Rubinchen auch gleich überall platziert war.

    Wegen Corona fand die Sichtung nicht statt

    „Weiterzumachen war für mich keine Frage“ sagt sie. Ronja Regele nimmt aktiv nun regelmäßig an normalen Springtrainings teil. Beim „Verein IG-Springreiter“ hat sie an einer Sichtung durch einen Bundestrainer über Video teilgenommen - mit dem Ergebnis, dass sie das Championat in Köln reiten durfte. Im Juli 2020 fand dann in Köln das Handicap-Championat statt, in dem sie den zweiten Platz/Grad 2 erzielte. Leider konnte die Sichtung für den Eintritt in den Kader wegen Corona nicht stattfinden.

    Im Handicap-Reitsport, wo die Hindernisse nicht zu hoch sind, ist Ronja aufgrund der körperlichen Einstufung bis zur Klasse E aktuell zugelassen. Am normalen Turnier-Springreitsport darf sie regional bis zur Klasse S-Springen teilnehmen. Für die Zukunft wünscht sie sich aber erst mal an Springprüfungen der Klasse A*/A** teilzunehmen. „Es wäre mein größter Wunsch und Anliegen, dass der Para-Reitsport bekannter würde und dass mehr betroffene pferdesportbegeisterte Menschen den Mut haben einzusteigen“, sagt Ronja Regele.

    Der Reitverein Thierhaupten hat sich neben seinen aktiven sportlichen Aktivitäten auch dem Inklusionssport verschrieben und möchte im Jahr 2021 etwas derartiges in seinen Veranstaltungen für Handicap-Reiter anbieten. Ronja Regele wird sicher dabei sein.

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