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Lauingen: Schüler des Albertus-Gymnasiums gedenken der Opfer des Lauinger KZ

Lauingen

Schüler des Albertus-Gymnasiums gedenken der Opfer des Lauinger KZ

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    Schülerinnen des Albertus-Gymnasiums zünden unter der Gedenktafel an der Johanneskirche zwölf Kerzen an.
    Schülerinnen des Albertus-Gymnasiums zünden unter der Gedenktafel an der Johanneskirche zwölf Kerzen an. Foto: Philipp Nazareth

    Bei klirrender Kälte versammeln sich die Schülerinnen und Schüler auf dem Lauinger Friedhof. Eingepackt in dicke Winterjacken stehen die Jugendlichen in einem Halbkreis vor der Kirche St. Johannes. Das Albertus-Gymnasium begeht auf dem Friedhof jedes Jahr den Holocaust-Gedenktag. Die Schulgemeinschaft will damit an die Menschen erinnern, die in Lauingen dem Nationalsozialismus zum Opfer gefallen sind. Das Besondere daran ist, dass der Abiturjahrgang die Gedenkfeier weitestgehend selbst organisiert. 

    In diesem Jahr hat der Schüler Stefan Peter die Gestaltung der kleinen Andacht übernommen. In seiner Ansprache erinnert er daran, dass es in Lauingen eine Außenstelle des Konzentrationslagers Dachau gab. Insgesamt drei solcher Lager seien in der Stadt errichtet worden, teilweise von den Gefangenen selbst. In der ehemaligen Tuchfabrik Feller zum Beispiel hätten die Häftlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen.

    KZ in Lauingen: "Man hat die Menschen wie Tiere gehalten"

    Auch die Situation in den damaligen Unterkünften schildert der Schüler: "Dort hat man die Menschen wie Tiere gehalten." In Lauingen seien durch den Holocaust wohl über 100 Menschen gestorben. Unter den Opfern waren Juden, aber zum Beispiel auch Menschen bestimmter sexueller Orientierung und Anhänger anderer Religionen. Die Mitschülerinnen und -schüler hören dem jungen Mann aufmerksam zu.

    Stefan Peter spricht vor seinen Mitschülern.
    Stefan Peter spricht vor seinen Mitschülern. Foto: Philipp Nazareth

    Stefan Peter spricht vor der Steintafel, die 1988 an der östlichen Chorwand der Friedhofskirche angebracht wurde. Die Tafel soll an die Opfer des Konzentrationslagers in Lauingen erinnern. Über dem Denkmal ist ein Kranz angebracht. Der Schüler mahnt in seiner Rede, die Verbrechen der NS-Zeit nicht zu vergessen. "Dass Menschen unter unwürdigen Bedingungen arbeiten müssen, ist auch heute noch Realität", sagt Peter. Er denke insbesondere an die Gulags in Russland und Umerziehungslager im Westen Chinas.

    Bei klirrender Kälter: Schüler spielt Geigensolo aus Schindlers Liste

    Eine Schülerin und ein Schüler lesen im Anschluss aus dem Gedicht "An die Nachgeborenen" von Bertolt Brecht vor. Ein weiterer Schüler spielt auf seiner Geige das berühmte Thema aus der Filmmusik zu Schindlers Liste. Er ist um seine Aufgabe bei dieser Kälte nicht zu beneiden, meistert die Situation aber souverän und schafft es, die Anwesenden mit seinem Solo sichtlich zu berühren. 

    "Für die Gedenkveranstaltung überlegen sich die Jugendlichen jedes Jahr auch einen künstlerischen Rahmen", erklärt Angelika Großhans. Die Lehrerin für Geschichte hat die Abiturienten bei der Planung unterstützt. Das Albertus-Gymnasium, das unter anderem eine musische Ausbildungsrichtung anbietet, veranstaltet die Gedenkfeier seit 2006. Die Gestaltung liegt immer in den Händen der Q12. Der Holocaust-Gedenktag erinnert an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945. 

    Katja Müller: "NS-Verbrechen haben für alle Zeiten eine andere Qualität"

    Unter den Anwesenden ist auch die erste Bürgermeisterin Katja Müller. In ihrer kurzen Rede vor den Schülerinnen und Schülern beschreibt sie, wie die Nationalsozialisten auf der Wannseekonferenz im Januar 1942 die Vernichtung der Juden "mit typisch deutscher Effizienz" geplant hätten. "Die Verbrechen des NS-Regimes haben für alle Zeiten eine andere Qualität", findet Müller und meint damit das Ausmaß an Grausamkeit, mit dem man im NS-Deutschland gemordet habe. Gerade heute würden sich nationalistisches und egoistisches Denken wieder ausbreiten. "Unsere Aufgabe ist es, wachsam zu bleiben", appelliert die Bürgermeisterin an die Schülerinnen und Schüler.

    Am Ende lesen vier Schülerinnen die Namen der Menschen vor, die in Lauingen wissentlich ermordet wurden. Vom Großteil der Opfer sind keine Namen bekannt. Die Schülerinnen zünden zwölf Kerzen an und stellen sie an die Kirchenwand. Während die Anwesenden schweigen, brennen die Lichter unter der Gedenktafel. 

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