Es sind dramatische Szenen, die sich in den ersten Junitagen im Landkreis Dillingen abspielen. Ein Jahrhundert-Hochwasser lässt Teile der Region in den Fluten versinken. Besonders heftig trifft es erneut Wertingen. Dort werden Menschen mit Rettungsbooten aus ihren Häusern geholt, das Wasser in den Straßen der Zusamstadt steht bis zu einem halben Meter hoch. Über Tage hinweg sind die Donaubrücken gesperrt. Es gibt keine direkte Straßenverbindung mehr vom Landkreis-Norden in den Süden – und umgekehrt.
Meteorologen haben wegen des unablässigen Regens Unwetterwarnungen herausgegeben. Den Auftakt nimmt das angekündigte Katastrophen-Wochenende im Landkreis in Oberglauheim. Dort lässt der Starkregen in der Nacht zum Samstag, 1. Juni, den Mühlbach und den Nebelbach über die Ufer treten. Im Höchstädter Bauhof werden zwischen 2 und 4.30 Uhr etwa 1300 Sandsäcke gefüllt, um die Häuser zu schützen. Am Morgen hat sich in der Schwennenbacher Straße ein See gebildet, die Verbindung von Oberglauheim in den Höchstädter Stadtteil ist gesperrt.
Das ist nur der Anfang, denn es sollte weitaus schlimmer kommen. Im Dillinger Landratsamt tagt am Samstagmorgen der Führungsstab des Katastrophenschutzes um Landrat Markus Müller. Das größte Problem ist nicht die Donau, sondern die Nebenflüsse – etwa der Brunnenbach in Mörslingen, die Glött und vor allem die Zusam in Wertingen. In Mörslingen steht die Ringstraße unter Wasser, die Hauptstraße in Glött gleicht am Nachmittag einem See. Regens Wagner Glött wird ebenfalls überflutet. Das Gebäude präsentiert sich wieder als Wasserschloss.
70 Soldaten der Bundeswehr werden angefordert
Am Samstagabend ruft Landrat Markus Müller den Katastrophenfall für den Landkreis Dillingen aus, 70 Soldaten der Bundeswehr werden angefordert. An der Zusam kommt es zu einem extremen Hochwasser, das eineinhalb Mal so heftig ist wie ein hundertjährliches Hochwasser. Seit dem Beginn der Aufzeichnungen hatte die Zusam an der Messstelle in Pfaffenhofen noch nie so viel Wasser. In Wertingen holt die Wasserwacht Menschen mit Booten aus ihren Häusern und Wohnungen, Rettungshubschrauber sind im Einsatz. 87 Bürger und Bürgerinnen kommen in einer Notunterkunft in der Wertinger Stadthalle unter. Ein weiterer Brennpunkt entsteht in Peterswörth. Dort tritt die Donau linksseitig zur Bebauung hin über die Ufer, viele Keller werden überflutet. Allein beim FC Gundelfingen verursacht das verheerende Hochwasser einen Schaden von etwa zwei Millionen Euro.
In Lauingen kämpfen die Feuerwehren gegen die Überflutung des an der Donau gelegenen Seniorenheims. Das Haus wird schließlich evakuiert, die 81 Bewohner und Bewohnerinnen kommen vorübergehend im Schülerwohnheim der Bayerischen Verwaltungsschule unter. In einer Gemeinschaftsleistung und mit der Unterstützung des Dillinger IT-Bataillons 292 können die Kicklinger die Überflutung ihres Dorfs verhindern. Der Riedstrom hatte kurzzeitig die aufgebaute Schutzwand angehoben.
Die Initiative „Hochwasserschutz Wertingen: Jetzt!“ hat mehr als 1000 Unterschriften gesammelt
Insbesondere Wertingen wird noch lange mit der Aufarbeitung der Hochwasserschäden beschäftigt sein. Bürgermeister Willy Lehmeier bezifferte bei einer Veranstaltung mit dem Wasserwirtschaftsamt im Oktober die Schäden auf 30 bis 40 Millionen Euro. Die Initiative „Hochwasserschutz Wertingen: Jetzt!“ hat mehr als 1000 Unterschriften gesammelt. Geplante Schutzmaßnahmen sollen jetzt nach Angaben des Wasserwirtschaftsamts umgesetzt werden. Erhebliche Schäden hat auch der Riedstrom verursacht, der die Felder der Landwirte in der Region überflutete. Ministerpräsident Markus Söder sicherte im Oktober den Bauern zu, dass die durch den Riedstrom verursachten Schäden zu 80 Prozent ersetzt werden.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden