Der Anblick lässt nichts Gutes vermuten. In Wertingen ist der Zusamkanal nach dem Starkregen gigantisch angeschwollen. Normal ist im Flussbett ein Wasserstand von weniger als einem Meter. Am Samstagvormittag ist der Pegel im Zusamkanal, in den die übervolle Laugna und der Bliensbach münden, auf einen Pegel von etwa drei Metern gestiegen. Wie an vielen Orten im Landkreis Dillingen versuchen Bürger und Bürgerinnen in der Straße gegenüber Beim alten Turnplatz, ihre Häuser mit Sandsäcken vor einer Überschwemmung zu sichern. Oft vergeblich, in der ganzen Region müssen Keller ausgepumpt werden.
Der Regen prasselt auch in Wertingen in Strömen herunter. Doch die meisten Anwohner wie Arslan und Nina Muminovic sowie Harald Edin und Meike Bischof reagieren mit Gelassenheit. "Natürlich ärgern wir uns, wenn das Wasser im Keller steht. Aber es ist ja nicht das erste Hochwasser, das wir erleben", sagt einer der Anwohner.
Beim großen Zusam-Hochwasser lief das Wasser bis zur Hausschwelle
Etwa 100 Meter weiter entfernt wohnt Dieter Hirn. Seit 1975 lebe er in seinem Haus in der Kanalstraße. "Da habe ich schon einige Male Hochwasser miterlebt", berichtet Hirn. Seine Speis im Keller hat der Wertinger vorsorglich leergeräumt. Hirn erinnert sich auch das große Zusam-Hochwasser im Jahr 1985, als Helfer mit Rettungsbooten auf den jäh entstandenen Seen unterwegs waren. "Damals lief das Wasser bis zur Hausschwelle", erinnert sich Hirn.
Gegenüber von seinem Anwesen mündet der prallvolle Bliensbach in den Zusamkanal. Ganz sicher ist sich Hirn nicht, dass es auch dieses Mal ohne eine Überschwemmung abgehen wird "Es könnte heute knapp werden", vermutet der Wertinger. Zum Glück habe er vor wenigen Monaten eine Elementarschaden-Versicherung abgeschlossen.
Im Kieswerk Reichhardt in Höchstädt sind unterdessen viele ehrenamtliche Helfer und Helferinnen im Einsatz, um etwa 2000 Sandsäcke zum Schutz der Häuser abzufüllen. Eine der beiden Sandsack-Füllmaschinen des Landkreises steht bereit, die zweite ist in Gundelfingen im Einsatz. Johannes Gorhau bringt mit einem Radlader eine Schaufel Sand nach der anderen zur Maschine. Mitglieder der Feuerwehren Bliensbach, Rieblingen und Prettelshofen sowie Helfer des THW Dillingen und des Betriebshofs Wertingen füllen das Material in Säcke. Trotz der anstrengenden Arbeit ist die Stimmung unter den Helfern gut.
Sandsäcke könnten am Samstag und Sonntag an vielen Orten im Landkreis Dillingen gebraucht werden. Ein besonderes Augenmerk legt die Führungsgruppe Katastrophenschutz im Dillinger Landratsamt laut Pressemitteilung aktuell auf Unterliezheim. Dort zeige der bereits in den 1990er-Jahren oberhalb der Mühle am Nebelbach errichtete Damm Anzeichen von Instabilität. Die örtliche Feuerwehr ist derzeit damit befasst, eine zweite Barriere mit Big-Packs aufzubauen, um das aufgestaute Wasser im Falle eines Dammbruchs zurückhalten zu können. Ein weiterer Dammbruch droht nach Angaben der Behörde bei der Mühle in Aislingen. Dort ist zur Zeit das THW im Einsatz. Aktuell tritt an einer Stelle Wasser aus dem Damm aus.