Bei einem Spaziergang Mitte März entdeckte Luzia Haslinger von der Bürgerinitiative „Schutz unserer Natur im Holzwinkel – keine Gruben“ einen Damhirsch. Er hatte sich mit seinem Geweih in einem zusammengerollten Zaun verfangen, zerrte heftig und konnte sich nicht mehr befreien. Je mehr er sich wehrte, desto heftiger wickelte sich der Draht um sein Geweih. Haslinger verständigte sofort die Polizei. Der hinzugezogene Jäger musste den Hirsch erschießen, denn laut seiner Erfahrung war das Tier sehr erschöpft. Außerdem seien nicht immer Verletzungen sofort ersichtlich, rechtfertigte er den Schuss.
Wie viele Wildtiere letztendlich an Zäunen verenden, ist unbekannt. Fest steht, dass diese Zäune ihnen zur Todesfalle geworden sind. Die Tiere verenden meist qualvoll. Das ist auch Luzia Haslinger klar: „Ich habe die Bilder nicht mehr aus dem Kopf bekommen“, erzählt die 58-Jährige. Zwei Tage später ging sie noch einmal zu der Stelle, an der sie den Damhirsch entdeckt hatte. Sie traute ihren Augen nicht. Das Maschendrahtgeflecht war immer noch da.
Wenn ein Zaun seinen Zweck nicht mehr erfüllt, muss er weg
Der Vizechef und Bereichsleiter Forsten des Wertinger Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Marc Koch erklärt das Problem. Maschendrahtzäune sind für Waldbesitzer notwendig, um Bereiche mit vielen Neupflanzungen zu schützen. Solange ein Zaun diesen Zweck erfüllt, darf er laut Forstrecht stehen bleiben. Erfüllt er diesen aber nicht mehr, muss er vom Besitzer vollständig abgebaut und aus dem Wald entfernt werden, inklusive der Pfosten. Der Zaun könnte etwa nach etlichen Jahren löchrig geworden sein – oder die gepflanzten Bäume so groß und dick, dass Schäden durch Wild nicht mehr zu befürchten sind. Dann muss der Zaun weg – das gilt auch für Verbissschutze aus Plastik. Nicht alle Waldbesitzer halten sich allerdings immer an diese gesetzlichen Vorgaben, sagt Koch.
Unter normalen Umständen seien Zäune im Wald für Tiere wie Hirsche meist keine große Gefahr, sagt Koch. „Die Tiere kennen ihre Umgebung normalerweise sehr gut.“ Gefährlich werde es aber vor allem dann, wenn ein Tier in Panik gerät und anfängt, durch den Wald zu rennen. Eine Gefahr seien hier insbesondere Hunde, die von ihren Haltern beim Waldspaziergang nicht an der Leine gehalten werden. Die Gefahr für andere Tiere werde hier von manchem Hundebesitzer unterschätzt. „In den meisten Fällen wird ein Hund ein Wildtier nicht fangen und verletzen“, sagt Koch. Doch er könne es aufschrecken und in Panik geraten lassen. In seinem Weglaufen vergesse ein Tier dann eher, wo ein Zaun oder dessen Überreste stehen und könne sich darin verfangen, sagt Koch.
Allerlei Müll wird leider im Wald entsorgt
In Waldstücken werde laut Koch leider öfter auch anderer Müll entsorgt. Meistens nahe einer Straße finden sich immer wieder Reifen, Farbeimer, Autobatterien – also alles, was nur im Sondermüll oder teuer zu entsorgen ist. Die enthaltenen Chemikalien seien für die Umwelt und das Trinkwasser oftmals problematisch. Direkte Gefahr für Tiere gehe vor allem von scharfkantigen Dosen mit Essensresten aus. „Ein Marder oder Fuchs kann sich auf seiner Futtersuche dann am Maul verletzen“, sagt der Experte.
In Emersacker nahm eine Bürgerinitiative das Schicksal des armen Damhirschs zum Anlass, zu einer Müllsammelaktion aufzurufen. „Jeder kann sammeln, wo und wann er mag. Und sollte jemand größere Teile finden, kann er Bescheid geben. Sie werden mit Bulldog und Hänger abgeholt“, heißt es von den Verantwortlichen der BI. Unterstützung bekam die Initiative von der Gemeinde Emersacker. Sie stellte einen Anhänger für den gesammelten Müll beim Parkplatz am Fuggerschloss auf. Hier kann der Unrat entsorgt werden.
Mittlerweile ist der Anhänger der Gemeinde Emersacker schon ziemlich voll. Meist seien es Eimer aus Plastik, Altöl-Kanister und Flaschen, die aus dem Wald und den Gewässern geholt worden sind, sagt Stefanie Haslinger. „Auch eine Liege ist gefunden worden.“ Bis einschließlich Ostermontag lief die Müllsammelaktion.
Emersackerer Bürgerinitiative will müllfreie Wälder
Die BI freut sich, dass bislang schon so viele Bürger mitgemacht haben. „Unsere schöne Holzwinkelgemeinde will zeigen, dass in Emersacker nicht nur über den Schutz der Natur geredet wird, sondern dass wir auch aktiv werden.“
Die Bürgerinitiative „Schutz unserer Natur im Holzwinkel – keine Gruben“ war erst im Januar anlässlich einer von den Fuggerschen Stiftungen in Emersacker beantragten Grube zum Kiesabbau mit anschließender Verfüllung gegründet worden. Auch wenn Luzia Haslinger für das Tier nichts mehr tun konnte: Für sie hat die tragische Geschichte mit dieser Müllsammelaktion dennoch ein versöhnliches Ende gefunden.
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