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Buttenwiesen: In Buttenwiesen werden das Grundgesetz und die Demokratie gefeiert

Buttenwiesen

In Buttenwiesen werden das Grundgesetz und die Demokratie gefeiert

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    Beim Singen der Deutschland-Hymne: Im Kaisersaal in Buttenwiesen wurde am Sonntagabend das Jubiläum „75 Jahre Grundgesetz“ gefeiert.
    Beim Singen der Deutschland-Hymne: Im Kaisersaal in Buttenwiesen wurde am Sonntagabend das Jubiläum „75 Jahre Grundgesetz“ gefeiert. Foto: Bo Malsch

    Im Kaisersaal in Buttenwiesen haben sich anlässlich des 75. Jubiläumsjahres des Grundgesetzes am Sonntagabend Vertreter und Vertreterinnen aus Politik und Gesellschaft des Landkreises Dillingen versammelt. Dazu hatte erstmals Landtagsabgeordneter Manuel Knoll (CSU) eingeladen. Im Mittelpunkt stand ein Vortrag des Vizepräsidenten für Internationales und Profilentwicklung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Professor Klaus Stüwe. Aufrüttelnd, Bewusstseins-fördernd, informativ und teils schockierend, so beschrieben die Zuhörerinnen und Zuhörer hinterher die Analyse des Referenten.

    Was bedeutet es, 75 Jahre Grundgesetz, das Fundament unserer Demokratie, in Deutschland feiern zu können? Am 23. Mai 1949 setzte sich der Parlamentarische Rat zusammen und erstellte eine rechtliche Übergangslösung, die nicht dazu gedacht gewesen sei, so lange zu überdauern, wie Stüwe erläuterte. Damit sei das Grundgesetz eine der ältesten Verfassungen der Welt und diente als Vorbild und Orientierung für weitere Verfassungen, erklärte der Professor. „Das Grundgesetz ist mit das Beste, das Deutschland hervorgebracht hat“, es bilde das Fundament für unseren freien demokratischen Rechtsstaat, sagte der Lehrstuhlinhaber für Vergleichende Politikwissenschaft an der Universität Eichstätt-Ingolstadt. Die freie Demokratie sei dabei leider schon lange kein Normalfall mehr und wir lebten in Zeiten, in denen autokratische Systeme und „defekte Demokratien“ zur Mehrheit gehören.

    „Nur 7,8 Prozent der Weltbevölkerung leben in funktionierenden freien Demokratien“

    Stüwe verdeutlicht seine Worte mit Fakten und Zahlen aus der diesjährig veröffentlichten britischen Economist Studie, die belegte, dass mittlerweile nur 7,8 Prozent der Weltbevölkerung in funktionierenden freien Demokratien leben. Eine Zahl, die aufrütteln müsse. Selbst die USA, die bislang als älteste Demokratie der Welt galt, haben laut Stüwe mittlerweile eine defekte Demokratie. Doch trotzdem seien sich viele Deutsche ihres Glückes nicht bewusst. Die Demokratie werde zur Normalität, das Grundgesetz zur Selbsverständlichkeit.

    Der Referent appellierte im Buttenwiesener Kaisersaal an das Bildungssystem und betonte, das Bewusstsein müsse gestärkt werden. Trotz des nun schon hohen Alters unserer Verfassung sei diese nicht nur ein Zeugnis aus alter Zeit, sondern auch ein Spiegel von Wandel und Veränderung. So wurde diese Verfassung bis jetzt insgesamt 237-mal geändert, so zum Beispiel die Asylrechtsreform im Jahr 1993. Ist das Grundgesetz dadurch besser geworden? „Ich glaube nicht“, antwortete der Professor ganz klar. Zwar habe die Verfassung nun mehr Artikel, Zeilen und Worte, doch die vielen Änderungen machen nach Worten des Referenten vielmehr den Eindruck, man könne das Grundgesetz bei jeder Unannehmlichkeit umgestalten.

    Professor Klaus Stüwe trug sich in Buttenwiesen ins Goldene Buch der Gemeinde ein: (von links) Bezirksrat Johann Popp, Manuel Knoll, Ulrich Lange, Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz, Hans Kaltner und Vize-Landrat Alfred Schneid.
    Professor Klaus Stüwe trug sich in Buttenwiesen ins Goldene Buch der Gemeinde ein: (von links) Bezirksrat Johann Popp, Manuel Knoll, Ulrich Lange, Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz, Hans Kaltner und Vize-Landrat Alfred Schneid. Foto: Bo Malsch

    Ein Kritikpunkt Stüwes war zudem, dass etwa das Wahlrecht, das „der höchste Ausdruck demokratischer Souveränität“ sei, nicht nur im Bundeswahlgesetz geregelt sein solle, sondern auch ins Grundgesetz aufgenommen werden müsse. Denn ein Blick in die Zukunft zeige, dass die Herausforderungen für den demokratischen Staat groß sein werden. Dabei seien Klimawandel, Pandemien, Kriege, Schulden, Inflation, Fake News und Terrorismus nur ein Teil der Herausforderungen. Stüwe warnte eindringlich: „Auch Demokratien können sterben.“ Dabei bezog sich der Professor auf das Buch „How Democracies Die“ von Ziblatt und Levitsky . Ein demokratischer Staat könne nicht nur gewaltsam untergehen, sondern auch leise und langsam dahinsiechen. Es gelte jetzt nicht nur Jubiläum zu feiern, vor allem müsse man die Prinzipien der Verfassung wahren und schützen.

    Professor Stüwe: „Demokratie ist nie Harmonie, sondern Konflikt“

    Als Grundsatz müsse gelten, dass die eigenen Ziele niemals höher zu bewerten seien als die Achtung vor den Regeln der Verfassung, forderte der Professor. Dieser Grundsatz müsse gegen Populisten und Extremisten durchgesetzt werden, und die Demokratie dürfe diesen gegenüber keine Toleranz zeigen. Stüwe betonte: „Demokratie ist nie Harmonie, sondern Konflikt, Arbeit und Diskussion – und wir alle tragen Verantwortung. Auf jeden Einzelnen kommt es an und unser Grundgesetz muss der Kompass bleiben.“

    Freuten sich über eine gelungene Veranstaltung zum Grundgesetz-Jubiläum: (von links) Bürgermeister Hans Kaltner, Landtagsabgeordneter Manuel Knoll, Professor Klaus Stüwe und Bundestagsabgeordneter Ulrich Lange.
    Freuten sich über eine gelungene Veranstaltung zum Grundgesetz-Jubiläum: (von links) Bürgermeister Hans Kaltner, Landtagsabgeordneter Manuel Knoll, Professor Klaus Stüwe und Bundestagsabgeordneter Ulrich Lange. Foto: Bo Malsch

    Auch Bundestagsabgeordneter Ulrich Lange lobte „das Fundament unseres Fundaments“ und warnte vor leichtsinnigem Umgang mit dem Grundgesetz durch Verlust des historischen Kontextes und Verständnisses. Buttenwiesens Bürgermeister Hans Kaltner beschrieb zuletzt das Grundgesetz als ein Gesetz, das im normalen Leben nicht sichtbar sei, doch für jeden von uns Grundwerte sichere, die nicht selbstverständlich seien. „Wir müssen mündige Bürgerinnen und Bürger werden, die die Demokratie verteidigen“, appellierte Manuel Knoll. Er sagte, dass die Bürger und Bürgerinnen stolz auf unser Grundgesetz sein sollten, denn es sei die Stabilität unserer Politik. Für eine gebührende musikalische Umrahmung der Feier sorgte die Blaskapelle Unterthürheim.

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