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Zusamaltheim: Wie sehr Igel wilde Gärten brauchen

Zusamaltheim

Wie sehr Igel wilde Gärten brauchen

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    Den Ruf einer Igelanlaufstelle hat die Zusamaltheimer Tierärztin Katja von Schlippenbach behalten, als sie 2007 die Praxis übernommen hat.
    Den Ruf einer Igelanlaufstelle hat die Zusamaltheimer Tierärztin Katja von Schlippenbach behalten, als sie 2007 die Praxis übernommen hat. Foto: von Schlippenbach

    Die Nächte werden länger und kälter, Tage und Sonnenstunden kürzer – es ist Herbst. Für alle Igel heißt das, sich eine Fettschicht anzufressen, die gleichermaßen als Kälteschutz und Nahrungsvorrat dient. Den Winter verbringen die Tiere dann – wenn alles naturgemäß läuft – ab etwa Mitte November schlafend in einem frostsicheren Winternest. Und wenn es nicht optimal läuft? Dann landet so mancher Igel oder Telefonanruf bei der Zusamaltheimer 49-jährigen Tierärztin Dr. Katja von Schlippenbach. Wir sprachen mit ihr über den richtigen Umgang mit Igeln und wie Menschen die Tiere unterstützen können.

    So sieht ein igelfreundlicher garten aus

    Was braucht ein Igel, um den Winter heil überstehen zu können?

    Katja von Schlippenbach: Ein Körpergewicht von mindestens 600 Gramm und eine igelfreundliche Umgebung, beispielsweise naturbelassene Gärten.

    Sobald es kälter wird, machen sich die Igel daran, sich einen Winterspeck anzufressen. Indem wir in unseren Gärten auch wildere Ecken zulassen, helfen wir den Tieren dabei, sich auf die kalte Jahreszeit vorzubereiten und diese unbeschadet zu überstehen.
    Sobald es kälter wird, machen sich die Igel daran, sich einen Winterspeck anzufressen. Indem wir in unseren Gärten auch wildere Ecken zulassen, helfen wir den Tieren dabei, sich auf die kalte Jahreszeit vorzubereiten und diese unbeschadet zu überstehen. Foto: von Schlippenbach

    Wie sieht ein Igelfreundlicher Garten aus?

    Von Schlippenbach: Darin gibt es mindestens einen Laubhaufen unter einer geschützten Hecke. Wer es noch besser machen will, bietet den Tieren einen geschützten Unterstand, eine trockene Ecke, wo der Igel sich einwickeln kann – ein Schlafzimmer sozusagen. Bevor die Igel sich schlafen legen, ist es gut, wenn sie genügend Nahrung finden.

    Reicht die Natur dafür nicht mehr aus?

    Von Schlippenbach: Die Igel finden von Jahr zu Jahr weniger Futter. Insekten gibt es weniger. Naturbelassene Gärten mit verfallenem Obst, zerfallendem Laub und einem verwildernden Stück Holz findet man heute kaum noch. Auf einem Golfrasen überlebt kein Igel. Als schlechte Gärtner können wir viel Naturschutz betreiben.

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    Was fressen Igel?

    Von Schlippenbach: Igel sind keine Vegetarier. Sie fressen nicht den Apfel, sondern die Würmer und Käfer, die sich darin bilden. In einem langsam verrottenden Laubhaufen mit Äpfeln darunter beispielsweise sitzen jede Menge Käfer und Würmer.

    Das heißt, ohne entsprechende Nahrung in den Gärten sterben die Tiere?

    Von Schlippenbach: Dadurch müssen sie auf jeden Fall weite Strecken zurücklegen auf der Suche nach Nahrung. Viele werden dabei überfahren. Alle anderen brauchen viel Energie und magern dadurch ab. Oder sie weichen auf andere Nahrung wie Schnecken aus, die Lungenwürmer übertragen. Nur wenige dieser Igel können wir retten.

    Schon lange Igelanlaufstelle in Zusamaltheim

    Ihre Praxis in Zusamaltheim ist bekannt dafür, dass Sie sich um Igel kümmern. Wie kommt das?

    Von Schlippenbach: Die Praxis hat sich seit langem als Igelanlaufstelle etabliert. Das habe ich bei der Praxisübernahme 2007 von meiner Vorgängerin übernommen.

    Wann ist es sinnvoll, mit einem Igel Rat bei Ihnen zu suchen?

    Von Schlippenbach: Das ganze Jahr über kommen Menschen mit angefahrenen Igeln. Es gibt mehr Verkehrsopfer und mehr Verletzungen durch Rasenmäherroboter. Auch in ungeschützte Kellerschächte fallen viele. Teils können wir sie retten, teils nicht. Im Herbst gilt der 1. November als Stichtag. Um die Zeit sollte ein Igel 600 Gramm wiegen.

    Weil er sich dann schlafen legt?

    Von Schlippenbach: Wenn es die ersten Bodenfröste gibt und die Temperaturen tagsüber unter 5° Celsius liegen, verbraucht ein Igel, wenn er herumläuft, mehr Energie als er übers Fressen findet.

    Was können wir konkret tun, wenn wir dann noch einen Igel in unserer Umgebung sehen?

    Von Schlippenbach: Es gibt ein spezielles Igeltrockenfutter. Das kann man den Tieren an einer Futterstelle anbieten. Dafür eignet sich beispielsweise der Platz unter einer Holzpalette, weil dort die Katzen nicht rankommen. Dazu braucht er einen geschützten Schlafplatz, beispielsweise mit Laub. Und Wasser sollte man ihm ebenfalls anbieten.

    Wann ist es sinnvoll, sich an Sie oder einen anderen Tierarzt zu wenden?

    Von Schlippenbach: Wenn ein Igel krank oder verletzt ist, beziehungsweise man ihn in einem Winterquartier aufpäppeln will. Als Erstes sollte man ihn wiegen. Wer sich nicht traut, ihn direkt anzufassen, nimmt einfach ein Handtuch oder Handschuhe. Wer nur etwas zum Entwurmen und Entflohen abholen will, kann dies telefonisch vereinbaren. Wer zum Igelcheck vorbeikommen will, muss einen Termin vereinbaren.

    Was kostet so ein Igelcheck?

    Von Schlippenbach: Wir nehmen in der Praxis bei Wildtieren nichts für uns, die Kosten hängen davon ab, was es an Medikamenten braucht.

    Für weitere Informationen zu Igeln empfiehlt die Tierärztin die Seite www.pro-igel.de.

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