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Wertinger Heimatmuseum: Ein Bildnis der Not

Wertinger Heimatmuseum

Ein Bildnis der Not

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    Dieses eindrucksvolle Gemälde ziert die Wertinger Reutenhofkapelle.
    Dieses eindrucksvolle Gemälde ziert die Wertinger Reutenhofkapelle. Foto: Cornelius Brandelik

    Eine Votivtafel ist Objekt des Monats Mai im Wertinger Heimatmuseum. Sie stammt aus der Reutenhofkapelle. Ein Exvoto passt in unsere außergewöhnliche Zeit, war doch schon Anfang April eine Votivkerze aus Maria Vesperbild in der Wertinger Zeitung abgebildet mit dem Anliegen: „Bitte hilf, dieses Virus zu besiegen“.

    „Ex voto“ – aus einem Versprechen heraus, einem Gelübde, wurde eine solche Tafel in Auftrag gegeben, sagt Cornelius Brandelik. Votivbilder finden sich zum Beispiel in Wallfahrtskirchen – wie der Gnadenkapelle in Altötting, der Wieskirche oder der Kirche in Kloster Holzen –, wo für sie meist eine Wand oder ein eigener Raum reserviert ist. Dargestellt werden in der Regel gläubige Menschen im Gebet vor einer oder einem Heiligen, vor einem heiligen Gegenstand oder einer göttlichen Person. Oft ist auch der Anlass im Bild angedeutet. Das kann eine Gefährdung durch Krankheit, ein Unfall oder eine sonstige Schwierigkeit oder Bedrohung des Lebens sein. Votivbilder sind seit dem ausgehenden Mittelalter bekannt.

    Ein eindrucksvolles Bild aus vergangenen Zeiten

    Bei dem Votivbild des Heimatmuseums sind im Vordergrund jeweils zwei Frauen und zwei Männer gemeinsam auf je einer Kirchenbank kniend zu erkennen. Sie beten den Rosenkranz. Auch die angebeteten Personen sind deutlich sichtbar: der gegeißelte Heiland, Maria mit Jesuskind und die Schmerzensreiche Muttergottes.

    Der Anlass für das Bild, das auf eine Holztafel gemalt wurde, wird durch den Spruch wiedergegeben:

    Wenn schon alles scheint verlohren,

    Und im Sturm fast untergeht,

    Hat Gott eine Weiß erkohren,

    Die der Noth entgegen steht.

    Interessant ist die Perspektive der Darstellung: Die Betenden scheinen sich in einer Kapelle oder Kirche zu befinden, die ein weites, nach außen geöffnetes Portal aufweist. Durch dieses Portal können die Betenden wie der Betrachter des Votivbildes in die Umgebung der Kapelle blicken: Gut zu erkennen ist ein Gehöft mit stattlichem Wohnhaus und Stallungen im Hintergrund. Das gemauerte Wohnhaus ist mit Ziegeln gedeckt, während die übrigen Häuser eine Strohdeckung aufweisen. Bei den Stallungen ist zudem ein einfaches Fachwerk sichtbar. Betrachtet man den Boden des Gehöftes, sind deutlich Wellen zu erkennen, die das Anwesen bedrohen. Die Votivtafel bezieht sich nach Auskunft des Heimatpflegers Alois Sailer eindeutig auf die Überschwemmung der Donau im Jahr 1803, die auch den Reutenhof bedrohte. „Deutlich erkennbar ist das tobende Wasser im Anwesen. Wegen der Hochwassergefahr wurde das Wohnhaus bereits erhöht erbaut. Auch die Zeilen der Votivtafel beziehen sich auf das Hochwasser und das damit verbundene Unglück, das es mit sich bringen kann. Gott hat jedoch eine Möglichkeit gefunden, aus dieser Not zu retten.“

    Ein Denkmal an die Not in der Wertinger Reutenhofkapelle

    Da die Votivtafel mit „1803“ datiert ist, gehörte sie bereits zur Ausstattung des Vorgängerbaus der jetzigen Kapelle. Dieser existierte bis Mitte des 19. Jahrhunderts, bevor die heutige Kapelle erbaut wurde. Geweiht ist die katholische Kapelle „der Schmerzhaften Muttergottes“ (Hans Jakob Wörner: Landkreis Wertingen).

    Dies könnte darauf hinweisen, dass die Kapelle ursprünglich auch ein Gnadenbild zur Schmerzhaften Muttergottes enthielt, wie es die Votivtafel zeigt. Selten wird die Schmerzhafte Muttergottes alleine dargestellt. In der Regel ist ihr Platz am Kreuz unterhalb des gekreuzigten Christus – vergleiche Maria Vesperbild. Auf der Votivtafel der Reutenhofkapelle nimmt ihre Darstellung einen großen Raum ein. Eine andere Bezeichnung für die Schmerzhafte Muttergottes ist nach Alois Sailer Tränenmadonna oder aufgrund des Attributes in den Händen: Tränentüchle-Maria. Die anderen im Votivbild gezeigten Bildnisse könnten aus Kapellen oder Kirchen der Umgebung stammen. So gibt es im „Kirchle“, der Friedhofskapelle in Binswangen, über dem Tabernakel ein Gnadenbild der Marienwallfahrt: die Muttergottes, die ihren Sohn auf dem Arm hält, ähnlich der Darstellung auf der Votivtafel. Eine Wallfahrt zum Gegeißelten findet sich in der Spitalkirche in Dillingen.

    Der Stifter hatte wohl auch bei ihnen um sein Anliegen gebetet und wollte dies auf der Votivtafel sichtbar machen.

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