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Wertingen: Wertinger Schüler demonstrieren für ihre Zukunft

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Wertinger Schüler demonstrieren für ihre Zukunft

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    Rund 350 Schüler sind trotz des nasskalten Wetters vor die Stadthalle gezogen, um gegen die Klimapolitik zu demonstrieren. Die ist aus ihrer Sicht viel zu zögerlich. Wissenschaftler weltweit geben der Bewegung recht: Die CO2-Emissionen müssen schnell und drastisch reduziert werden.
    Rund 350 Schüler sind trotz des nasskalten Wetters vor die Stadthalle gezogen, um gegen die Klimapolitik zu demonstrieren. Die ist aus ihrer Sicht viel zu zögerlich. Wissenschaftler weltweit geben der Bewegung recht: Die CO2-Emissionen müssen schnell und drastisch reduziert werden. Foto: Benjamin Reif

    Ein Mitschüler hat Andrea Baumann erst kürzlich aus der Fassung gemacht. Der sagte in der Mittagspause unbekümmert, dass er für einen Snack ins McDonalds fahren werde. Das ist vom Wertinger Gymnasium ungefähr 25 Kilometer entfernt. Felix Gollmitzer erzählt von seiner Großtante, die ihn bei einem Gespräch über den Klimawandel verständnislos angesehen und ihn gefragt habe, was ihn dieses Thema eigentlich angeht.

    Es sind Geschichten wie diese, die bei den rund 350 Schülern vor der Wertinger Stadthalle Kopfschütteln auslösen. Trotz eklig kalten Regenwetters haben sich an diesem Freitagvormittag Schüler aus verschiedenen Wertinger Schulen eingefunden, um die erste „Fridays for Future“- Demonstration in Wertingen abzuhalten. Die jüngsten sind elf oder zwölf Jahre alt, viele haben Schilder dabei. Die meisten davon sind eindringlich beschriftet, auf ihnen steht „Es gibt keine zweite Erde“ oder „Wenn wir sterben, sterbt ihr auch“ neben dem Bild einer Biene.

    Bei "Fridays for Future" fordern die Wertinger Jugendlichen besseren Klimaschutz

    Die Menge hat sich vor der Wertinger Stadthalle versammelt, neben den Schülern sind auch einige Lehrer zu sehen. Alle stehen um eine kleine Bühne herum, auf der sich mehrere jugendliche Redner das Mikrofon in die Hand geben.

    Die herablassenden Kommentare des FDP-Chefs Christian Lindner vergangene Woche scheinen die Art von Behandlung zu sein, welche die versammelten Jugendlichen nie mehr erfahren wollen. Der hatte zu den Protesten gesagt, dass die Jugendlichen in der Schule bleiben und lernen sollten, die Arbeit sollten die „Profis“ übernehmen.

    Es ist das einzige Mal während der gut anderthalbstündigen Veranstaltung, dass echte Wut aus den Wortmeldungen herausklingt. „Man braucht kein Physikprofessor zu sein, um die Zusammenhänge zu verstehen “, ruft Andrea Baumann. Und diese Zusammenhänge sind: Der Mensch sorgt für eine rasante Aufheizung des Weltklimas. Und die Auswirkungen dieses Wandels werden nicht erst Generationen in ferner Zukunft gefährden. Sondern diejenige, deren Mitglieder sich in Wertingen versammelt haben. Die Jugendlichen sprechen über ihr Anliegen eindringlich, aber nicht anklagend.

    Felix Gollmitzer ist auf der Insel La Palma groß geworden. „Wenn das Wasser steigt, wird sich niemand davor verstecken können“, sagt er. Die Deutschen befänden sich in dem Glauben, Vorkämpfer gegen die Klimakrise zu sein. Doch das sei höchstens im Vergleich mit anderen Ländern wie den USA der Fall. Man könne hierzulande noch viel mehr tun als bisher. Gemeinsam mit der Menge skandiert er „Kohlestopp, hopp hopp hopp!“

    Vor der Wertinger Stadthalle versammeln sich rund 350 Schüler

    Die Jugendlichen äußern sich offensiv gegenüber den Vorwürfen, die der Bewegung „Fridays for Future“ gemacht wird. Andrea Baumann sagt: „Es geht uns um unsere Zukunft, und nicht um einen Personenkult für Greta Thunberg.“ Die junge Schwedin gilt als das Gesicht der jungen Klimabewegung.

    Der 18-jährige Niklas Zöschinger reflektiert über die Versammlung. „Es ist nicht damit getan, hier protestiert zu haben. Jeder wird in seinem Leben etwas ändern müssen.“ Bewussterer Konsum etwa, und die fortwährende Bereitschaft, im Bekanntenkreis über die Klimakrise zu sprechen. Zöschinger warnt die versammelten Schüler davor, pauschal auf die Politiker zu schimpfen. „Die machen schon auch ihre Arbeit“, so der Montessori-Schüler, der sich derzeit auf sein Abitur vorbereitet.

    Nach den Reden der „älteren“ Schüler betreten nacheinander auch jüngere die Bühne. Etwa der 14-jährige Baris Güley. Noch vor zwei Tagen habe er gezweifelt und sich gedacht: „Das demonstrieren bringt doch alles nichts“. Doch nach dieser Zusammenkunft wirkt er froh und entschlossen. Er zeigt auf ein Schild. „Da hat sich jemand Mühe gegeben, und ist nicht einfach gekommen, damit er nicht in die Schule muss.“

    Die Jugendlichen wollen erneut in Wertingen demonstrieren

    Auch Initiator Niklas Zöschinger hegt nach der Demonstration keine Zweifel an der Motivation seiner Mitstreiter. „Jedem von uns ist seine Aufgabe bewusst“, sagt er ohne zu zögern. Es solle auf keinen Fall bei einer einmaligen Veranstaltung bleiben, weitere Demonstrationen sollen folgen. Wahrscheinlich nicht mehr während der Schulzeit, sondern nachmittags – auch, um dem Vorwurf zuvor zu kommen, dass die Jugendlichen sich nur engagierten, um die Schule zu schwänzen.

    Felix Gollmitzer kontert diesen Vorwurf mit den Worten: „Wenn wir nur hätten schwänzen wollen und uns der Klimaschutz egal wäre, wären wir mit dem Auto ins McDonalds gefahren, statt uns in den Regen zu stellen.“

    Lesen Sie den Kommentar des Redakteurs: Die Klimakrise gefährdet auch das Zusamtal

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